Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Bühne

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 14.05.2024 - Bühne

Ulrich Seidler porträtiert für die Berliner Zeitung die Schauspielerin Lina Beckmann, die derzeit in dem Ein-Frau-Stück "Laios" im Deutschen Schauspielhaus Hamburg zu sehen ist. Die Staatsoper unter den Linden in Berlin hat mit Elisabeth Sobotka eine neue Intendantin und mit Christian Thielemann einen neuen Generalmusikdirektor: Frederik Hansen gibt im Tagesspiegel einen kurzen Überblick zu den Plänen für die nächste Saison. In der Berliner Zeitung ist Michael Maier entsetzt, dass das neue Team die Barocktage der Staatsoper aus dem Programm gestrichen hat. In der taz bespricht Katrin Bettina Müller mehrere Stücke vom Berliner Theatertreffen, unter anderem Jette Steckels Inszenierung von Tschechovs "Die Vaterlosen". Besprochen wird Anne Teresa De Keersmaekers Tanzstück "Il Cimento dell'Armonia e dell'Inventione" nach Antonio Vivaldi beim Kunsten Festival des Arts in Brüssel (FAZ).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 13.05.2024 - Bühne

Szene aus "Game on: Zauberflöte" am Theater Freiburg. Foto: Laura Nickel.

Viel Spaß hat SZ-Kritiker Egbert Tholl mit Marco Stormans ganz spezieller Inszenierung von Mozarts "Zauberflöte" am Theater Freiburg. Der Clou: Oper als Computerspiel, das Publikum kann entscheiden, wie es weitergeht - auch musikalisch. Tholl erklärt, wie's funktioniert: "Auf der Bühne das Personal, hergerichtet wie Videospielfiguren, das Orchester vorn, oben, wundervoll im Klang. Das Material: Mozarts Musik aufgeteilt auf 25 Module, die je nach Publikumsentscheid zum Einsatz kommen. Da könnte die 'Rache-Arie' auch dreimal kommen, am Premierentag ist es ganz anders, das Publikum hat keine Lust auf Wasser- und Feuerprobe, ahnt aber nicht die Folgen: Die Königin der Nacht gewinnt, sie singt von den 'Strahlen der Sonne, Sarastros Welt geht unter, 'Rex tremendae' aus dem Requiem besiegelt dessen Schicksal." Auch nachtkritiker Jürgen Reuß lässt sich von den NPCs (Non-Player-Characters) Königin der Nacht und Monostatos amüsiert durch den Abend führen - trotz der großen organisatorischen Schwierigkeiten im Vorfeld der Premiere ist hier ein witziges, vielleicht etwas albernes, Event entstanden.

Weitere Artikel: Die Schauspielerin Ursina Lardi, die dieses Jahr den Alfred-Kerr-Darstellerpreis beim Berliner Theatertreffen vergibt, unterhält sich in der FAZ über die Herausforderungen ihres Berufes, falsche Schönheitsideale und erklärt, wie man einen Oktopus spielen kann. Im tagesspiegel teilen Matthias Pees, Leiter der Berliner Festspiele, Redakteur Rüdiger Schaper und die Schauspielerin Valery Tscheplanowa ihre Einschätzung zur Frage: Ist das Berliner Theatertreffen nach 61 Jahren noch zeitgemäß?

Jette Steckels Inszenierung von Tschechows Stück "Die Vaterlosen" an den Münchner Kammerspielen (nachtkritik, BlZ), Claudia Rüll Calame-Rossets Inszenierung von Helgard Haugs Stück "All right. Good night" am Theater Lindenhof Melchingen (nachtkritik), Simon Solbergs Inszenierung seines Stücks "Archetopia" am Theater Bonn (nachtkritik), Henri Hüsters Adaption von Rainald Goetz' Roman "Johann Holtrop" am Theater Paderborn (nachtkritik), Kaija Saariahos Oper "Emilia", inszeniert von Immo Karaman am Staatstheater Mainz (FR), Leonie Böhns Inszenierung von "Räuberinnen" nach Friedrich Schiller am Gorki-Theater in Berlin (taz) und Laurence Dales Inszenierung des Händel-Pasticcios "Sarrasine" bei den Händel-Festspielen in Göttingen (FAZ).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 11.05.2024 - Bühne

Sina Martens und Gabriel Schneider in "Spielerfrauen" am BE. Foto: Jörg Brüggemann


In ihrem Stück "Spielerfrauen" erzählen Lena Brasch und Sina Martens am Berliner Ensemble von Frauen, Klischees und Machtmissbrauch. Aber mit sehr viel Witz, versichert Peter Laudenbach in der SZ: "Die Pointe ist natürlich, dass die dampfende Steinzeit-Männlichkeit bestens gelaunt vorgeführt wird. Späßchen sind am Ende vernichtender und sowieso unterhaltsamer als gegenderte Ideologie-Rechthaberei. Klischees sind an diesem Abend dazu da, genüsslich mit ihnen zu spielen, bis sie mit einem kleinen Knall explodieren: Puff!" Nachtkritikerin Elena Philipp bescheinigt dem Abend "durchschlagende Wirkung", meint aber auch, dass Brasch und Martens offene Türen einrennen: "#MeToo als Thema" sei im Theater "längst Mainstream. Allein am Berliner Ensemble gibt es mit Inszenierungen wie 'Revolt. She said. Revolt Again.' von Christina Tscharyiski (2018), 'It's Britney, Bitch', der Debüt-Inszenierung von Lena Brasch (2022) oder '#MotherFuckingHood' von Jorinde Dröse (2024) eine ganze Reihe von theatralen Diskursbeiträgen zu Fragen von Gender, Gewalt und Geschlechterungerechtigkeit." Im Tagesspiegel bespricht das Stück Christine Wahl.

Weiteres: Leopold Lippert berichtet in der nachtkritik vom Mainzer Theaterfestival für junge Regie "Plug & Play". Besprochen werden außerdem Peter Konwitschnys Inszenierung von Wagners "Rheingold" an der Oper Dortmund (FR), Nuran David Calis' Adaption von Emine Sevgi Özdamars Roman "Ein von Schatten umgrenzter Raum" im Carlswerk des Kölner Schauspiels (taz) und das Stück "Unsere Elf" von Regisseur Tuğsal Moğul und Dramaturgin Maren Zimmermann am Schauspiel Hannover (SZ).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 10.05.2024 - Bühne

"Ein von Schatten begrenzter Raum" am Schauspiel Köln. Foto: David Baltzer.

Etwas skeptisch war Max Florian Kühlem (SZ) bei der Frage, ob sich Emine Sevgi Özdamars Roman "Ein von Schatten begrenzter Raum" auf die Theaterbühne übertragen lässt. Nuran David Calis hat es am Schauspiel Köln versucht und sich vor allem auf die Identitätskonflikte der Protagonistin konzentriert: "Der Schlussapplaus ist lange, aber nicht außerordentlich euphorisch. Das könnte damit zu tun haben, dass man sich als Zuschauer erst mal sortieren muss nach dieser Tour de Force der letzten 100 Minuten." Die Geschichte zwischen Militärputsch in der Türkei und Flucht nach Europa überwältigt - im Gegensatz zum Roman - nicht: "Das Drama, das im Buch auf der intellektuellen Ebene abläuft, auf der Ebene sprachlicher Bilder und Verwandlungen, wird auf der Bühne zum emotionalen Drama." Nachtkritiker Gerhard Preußer findet die Dramatisierung auch eher "leicht angestrengt": "Szenische Aktion kommt nur in Andeutungen oder wilden Übertreibungen vor. Die Inszenierung komprimiert und überzeichnet - das Gegenteil von Özdamars Erinnerungsgenauigkeit und Gefühlsunmittelbarkeit."

Weiteres: Der wegen Besitz von Kinderpornographie verurteilte frühere Burgtheater-Schauspieler Florian Teichtmeister muss seinem früheren Arbeitgeber 20 000 Euro Schadenersatz zahlen, berichtet der Standard.

Besprochen werden: "Capri" von Anna Gschnitzer am Schauspielhaus Wien (Standard), "La Mer et moi" von Helge Letonja und Kossi Ahoulo-Wokawui in der Schwankhalle Bremen (Taz) und "Sonne/Luft" von Elfriede Jelinek am Theater Bremen (Taz).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 08.05.2024 - Bühne


Deutsche Oper Berlin - Intermezzo © Monika Rittershaus

Eine selbstbewusste Modernisierung von Richard Strauss' oftmals unterschätzter Oper "Intermezzo" legt Regisseur Tobias Kratzer an der Deutschen Oper in Berlin vor, freut sich Manuel Brug in der Welt. Kratzer zieht in die Ehefarce zahlreiche ironische Ebenen ein, das Ensemble brilliert in allen Tonlagen und Generalmusikdirektor "Runnicles liefert einen gestischen Instrumentalkommentar, der das Werk vorantrieb, aufblühen, den grandiosen Orchestrator Strauss strahlend zu seinem Recht kommen ließ. So erweist sich gerade das scheinbar so spießig altmodische 'Intermezzo' als intelligent weitsichtige Oper über die Oper. Mehr sogar: Desillusionierend führt sie ihr Instrumentarium vor und trägt als 'Charakter- und Nervenkomödie' kaum etwas von dem selbstgefälligen Bildungsballast vieler anderer Strauss-Werke."

Michael Ernst besucht für die FAZ das römische Auditorium della Conciliazione. Hier steht der Schriftsteller und Anti-Mafia-Aktivist Roberto Saviano auf der Bühne, in einer Performance, die sich vor allem mit der Sexualmoral der Mafia auseinander setzt: "In seiner kleinen Bühnenshow widmet sich Saviano dem Intimleben der kriminellen Macht und rückt vor allem die Rolle der Frauen ins Zentrum. Um Kriege zwischen den einzelnen Clans zu vermeiden und nützliche Allianzen zu schmieden, werden Frauen verheiratet, eingesperrt und erpresst, geschlagen oder gar ermordet. Eigene, von echtem Gefühl geprägte Entscheidungen sind ohnehin nicht vorgesehen. Selbstgewählte Liebe bedeutet Verrat an der 'Familie' und damit erst den Verlust von jeglichem Schutz, dann die harte Bestrafung."

Außerdem: Patrick Wildermann porträtiert im Tagesspiegel das Theaterkollektiv Helmi, dessen Existenz gefährdet ist. Die nachtkritik liveblogt weiter vom Theatertreffen. Atif Mohammed Nour Hussein denkt auf nachtkritik über Überwältigungstheater nach. In der taz Nord unterhält sich Lilli Uhrmacher mit Sabine Rieck, deren Show "Wilderness" am GOP-Theater in Bremen zu sehen ist.

Besprochen werden Yael Ronens "State of Affairs" am Thalia in Hamburg (Zeit), Yi-Chun Lius Tanzstück "'Close to you' (and think of the song)" am Stadttheater Gießen (FR), der Brecht-Abend "Fremder als der Mond" auf den Wiesbadener Maifestspielen (FR) sowie der Ballettabend "Les Sylphides" am Wiener Staatsballett und Crystal Pites Ballettstück "Assembly Hall" in einer Doppelbesprechung (Standard).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 07.05.2024 - Bühne

Besprochen werden Cathy Marston Tanzstück "Atonement" nach Ian McEwans Roman "Abbitte" an der Oper Zürich und Crystal Pites Choreografie "Assembly Hall" beim Schweizer Festival "Steps" in Zürich (SZ), Daniel Karaseks Oper "Buddenbrooks" am Theater Kiel (taz) und das Theaterfestival Ostopia am Nationaltheater Mannheim (taz).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.05.2024 - Bühne

"Carmen" in Zürich. Foto: Inès Manai.

"Carmen" als zeitgenössisches Theater mit Musik und Tanz? Dazu braucht man Kreativität, meint Lilo Weber in der NZZ angesichts Wu Tsangs Inszenierung der Bizet-Oper am Schauspielhaus Zürich. Tsang und ihre Gruppe Moved by the motion haben sich vorgenommen, die "Männerfantasie als solches" Stück für Stück zu dekonstruieren, so Weber. Inhaltlich kann das nicht ganz funktionieren, denn egal was man macht, Carmen bleibt letztendlich immer Fantasie. Tolles Theater ist das trotzdem, freut sich Weber, und die Musik trägt ihren Teil dazu bei: "Schnelle Rhythmen peitschen die Auseinandersetzungen um diese Suche an, als würde hier eine Uhr durch die Jahrhunderte ticken. Bläser scheinen wieder und wieder abzustürzen, als drohte alles im Nichts zu verschwinden. Die Geschichte beginnt an der Universität von Sevilla. Die Musikerinnen und Musiker lässt die Bühnendesignerin Nina Mader hinter einem Schleier draußen spielen." nachtkritikerin Christa Dietrich begrüßt die Idee einer "dreifachen Carmen": "Sie sind zu dritt. Eine raucht betont lasziv, in ihren schwarzen Haarlocken steckt eine rote Blüte. Eine zweite, üppig kostümiert als Operndiva, lacht schrill. Die Dritte liegt am Boden. Sie wird nach einiger Zeit weggeschleift."

Yael Ronens Inszenierung ihres Stücks "State of Affairs" am Thalia Theater Hamburg (nachtkritik, SZ), Tom Kühnels und Jürgen Kuttners Inszenierung von Friedrich Dürrenmatts "Die Physiker" am Landestheater Linz (nachtkritik), Maxim Didenkos Adaption von Kafkas Fragmentroman "Das Schloss" am Staatsschauspiel Dresden (nachtkritik), Max Simonischeks Inszenierung von Wilhelm Jacobys und Carl Laufs' Lustspiel "Pension Schöller" am Staatstheater Cottbus (nachtkritik), die Show "The Pulse" bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen (SZ), Niels Niemanns Inszenierung von Georg Anton Bendas Melodram "Ariadne auf Naxos" im Liebhabertheater Schloss Kochberg (FAZ), die internationale Koproduktion "We Are Hamlet" der Prague Shakespeare Company, dem Odesa Academic Ukrainian Music and Drama Theater "Vasily Vasilko" und der bremer shakespeare company, die im Theater am Leibniz-Platz in Bremen gezeigt wurde (taz).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 04.05.2024 - Bühne

Szene aus "Nathan der Weise". Foto: Monika Rittershaus


Mit Ulrich Rasches Inszenierung von Lessings "Nathan der Weise" eröffnet das Berliner Theatertreffen mit einem Knall, freut sich Rüdiger Schaper im Tagesspiegel. Lessings Stück gilt gemeinhin als Lob von "Toleranz und Verständigung", das die Harmonie zwischen den Religionen beschwört. Mit dieser oberflächlichen Botschaft gibt sich Rasche aber nicht zufrieden, so Schaper: "Nein, nichts wird gut. So nicht. Wieder lässt Ulrich Rasche sein Ensemble in ruhigem Schritt über die Drehbühne gleiten. ... Die Akteure in ihren engen Leibchen schreiten durch Lichtvorhänge und Lichtwände, wie aufgezogen kommen sie aus einer Wahnwelt. Glaube ist da durchweg: Aberglaube, hoch explosiv. Religion trennt und bildet Fanatismus aus. Rasches textnahe Führung gleicht einem Horrortrip. Techno-Tänzerinnen in der Verlangsamung. Treibende Live-Musik, die tiefe Schichten von Furcht und Bedrohungsgefühl anrührt, aber auch sanft sein kann - und im Schluss sakral, süßlich. Dieser Harmonie ist nicht zu trauen."

"Pure Könnerschaft" sieht auch SZ-Kritiker Peter Laudenbach bei dieser Aufführung bewiesen. Rasche montiert Textauszüge von Lessings Zeitgenossen in das Stück. "Gespenstisch", meint der Kritiker, wie sich die Texte der "Aufklärungsphilosophen Voltaire und Fichte mit ihren antisemitischen Hassausbrüchen, der Paranoia und den Gewaltfantasien von abgeschnittenen Judenköpfen fugenlos in Lessings Text einpassen. Logisch, dass die Ringparabel hier kein 'Appell für Toleranz' ist, sondern Nathans Versuch, sich irgendwie zu retten." Ein bisschen peinlich fand Laudenbach hingegen die Eröffnungsrede von Claudia Roth, die sich für mehr Einbindung auch ostdeutscher Kulturakteure aussprach: 'Indem Roth dieses eigentlich selbstverständliche Interesse einfordert, blamiert sie ungewollt die neue Leiterin des Festivals, Nora Hertlein-Hull. Im Begleitprogramm des Festivals ist eine Diskussion zum 'Umgang mit neurechten Kulturkämpfen' angesetzt, bei der kein einziger Theatermacher aus dem Osten Deutschlands oder aus der sogenannten Provinz und erst recht keine Akteure der Zivilgesellschaft auf dem Podium sitzen."

Besprochen werden Bernd Mottls Adaption von Michel Houellebecqs Roman "Vernichten" am Staatstheater Wiesbaden (FR), Enrico Lübbes Inszenierung von Georg Büchners "Woyzeck" am Schauspiel Leipzig (SZ), Christof Loys Inszenierung von Albéric Magnards Oper "Guercœur" an der Opéra National du Rhin in Straßburg (FAZ).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 03.05.2024 - Bühne

Ariadne auf Naxos am NTM. Foto: Christian Kleiner.
Auf ins Nationaltheater Mannheim, ruft die begeisterte Judith von Sternburg (FR), nachdem sie Yona Kims Inszenierung der Hofmannsthal- und Strauss-Oper "Ariadne auf Naxos" gesehen hat. Detailreich und aufwendig werden die Fragen gestellt, die das Stück seit jeher umtreiben, etwa nach der "Verwandlung", die in diesem Fall den möglichen nahenden Tod von Ariadne meint: "Ja, es gibt eine Verwandlung und in Mannheim schaffen sie das, indem sie sich auf das Finale der Oper voll einlassen. Auch die Kostüme verwandeln sich, vom Jahr 2024 ins Rokoko, aber es wird klar, dass das schön, aber bloß Dekor ist. Kein Dekor ist die Liebe, die Ariadne und Bacchus jetzt voll erwischt. Das ist in dieser Ironiefreiheit eine Seltenheit. (...) Die Primadonna und der Tenor sind im Vorspiel wie immer wenig helle. Aber sie werden nun verwandelt, und die Regie schlägt sich auf ihre Seite, wie sich auch Strauss' Musik auf ihre Seite schlägt. Ohne Peinlichkeit und Pathos."

In der Komischen Oper steht "Le Nozze de Figaro" in der Inszenierung von Kirill Serebrennikov auf dem Spielplan und einiges ist anders, modernisiert und dürfte den Opern-Traditionalisten möglicherweise missfallen, so Berthold Seliger im Neuen Deutschland, der an den Neuerungen durchaus viel Freude findet: "Die große Änderung neben der Zurschaustellung des Klassengegensatzes ist die Doppelung beziehungsweise das Splitting des Cherubino in zwei Figuren. Natürlich ist diese Hosenrolle für einen Mezzosopran immer etwas merkwürdig - Cherubino ist ja 'das sexuelle Zentrum der Oper' (...) Serebrennikov löst dieses Problem dadurch, dass er Cherubino zu einem Taubstummen macht, dessen Gebärdensprache nur von seiner 'Antithese', nämlich Cherubina, verstanden wird. Wir erleben Georgy Kudrenko als Tänzer, der sich und seine Gefühle nur körperlich ausdrücken kann (aber wie intensiv ihm das gelingt!), während die ihn liebende Susan Zarrabi ihn gewissermaßen übersetzt." Seliger resümiert: "Ich weiß nicht, ob Serebrennikov mit seiner Aussage, 'dass das Genre der Oper heute eine tiefgreifende Überarbeitung seitens der Regie und der Dramaturgie erfordert', grundsätzlich recht hat. Aber wenn die Modernisierung einer Oper aus ihrem Geist heraus erfolgt, wie in diesem herrlichen 'Figaro' an der Komischen Oper, dann spricht nichts, aber auch gar nichts dagegen."

Weiteres: Das Programm der neuen Spielzeit am Berliner Ensemble steht, der Tagesspiegel stellt Highlights vor, auch die Berliner Zeitung schaut schon einmal ins Programmheft und entdeckt Spannendes von Frank Castorf bis Sophie Passmann. Ein offener Brief von Drama Panorama, dem Forum für Theater und Übersetzung und dem Verbund der Theaterautor:innen fordert mehr Aufmerksamkeit für die Übersetzerinnen und Übersetzer, die Nachtkritik berichtet. Sie hat zudem einen Liveblog für das Berliner Theatertreffen eingerichtet, das gestern Abend gestartet ist.

Besprochen werden: Ein "Falstaff" in Wiesbaden, "Die Guten" von Rebekka Kricheldorf am Stadttheater Fürth (Nachtkritik) und Florentina Holzingers Inszenierung der Hindemith-Oper "Sancta Susanna" am Staatstheater Schwerin (Neue Musikzeitung).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 02.05.2024 - Bühne

Heute beginnt das Berliner Theatertreffen. Simon Strauß freut sich in der FAZ auf die Auswahl: "Der Andrang auf die Karten ist groß, die Lust auf Schauspiel nimmt neue Fahrt auf. Das liegt sicher auch an der diesjährigen Auswahl der Inszenierungen, die seit Langem einmal wieder mit einem ausgewogenen Mischverhältnis zwischen erzählerischem Schauspieltheater und freischwingender Problempointenperformance aufwartet, also das tut, was sie tun sollte: Sie bildet die Breite des deutschsprachigen Theatergeschehens ab." Auch Rüdiger Schaper bejubelt im Tagesspiegel "eine Vielfalt, wie es sie wohl lange nicht gegeben hat". Ebenfalls im Tagesspiegel porträtiert Patrick Wildermann Nora Hertlein Hull, die neue Leiterin des Theatertreffens.

Stark ist auch die diesjährige Ausgabe des FIND-Festivals an der Berliner Schaubühne, freut sich Christoph Weissermel in der FAZ. Unter anderem hat ihn Alexander Zeldins "Confessions" überzeugt: "Das Publikum umringt hyperrealistisch gehaltene Bühnenbilder mit ranzigen Wänden, Notausgangsschildern und dürftigem Plastikmobiliar, die sich mal zu Flüchtlingsheimen, mal zu Fleischfabriken fügen. Eine Programmatik des ästhetischen Verzauberungsverzichts, aus dem menschliche Wärme umso herzlicher hervor glimmt. Fast in Echtzeit erzählt Zeldin von den Zumutungen des Alltags unter widrigsten Bedingungen, wenn unverschuldet verpasste Amtstermine oder fehlende Therapieplätze existenzielle Katastrophen bedeuten."

Münchner Kammerspiele: Asche © Maurice Korbel

In den Münchner Kammerspielen wurde ein neues Elfriede-Jelinek-Stück gegeben. "Asche" heißt es, aber was erwartet das Publikum? Zeit-Autor Michael Skasa zufolge: "Verstörte Trauer, krachende Slapsticks droben auf der Bühne, wo das Darstellergrüppchen sich in Liegestühlen verheddert, Müll und Plaste auf Sonnenstrände kippt und darin krault, wo eine Badenixe im Sturmwind mit dem Riesenschirm pirouettiert, Krankenbetten reinrollen und Tabletten über die Siechen gekippt, Theogonie und Apokalypse debattiert werden, wo die Geräuschorgien über einsam Singende triumphieren und Brueghel und Bosch einen Garten der Unlüste, vielleicht auch bloß ein kindliches Wimmelbild malen."

Weitere Artikel: Hugh Morris befragt im Van-Magazin die Schauspielerin Sarah Connolly dazu, warum sie sich dazu entschlossen hat, die Hauptrolle in einer saudi-arabischen Oper zu übernehmen. Für die taz interviewt Gabriele Lesser Elżbieta Ficowska, deren Musical "Irena" im Berliner Admiralspalast zu sehen ist. In der Welt unterhält sich Jakob Hayner mit der Regisseurin Rieke Süßkow.

Besprochen werden ein Ballettabend von Alba Castillo und Roy Assaf im Mannheimer Altes Kino Franklin (FR), ein Ballettabend von Marcos Morau und Chrystal Pite in der Berliner Staatsoper (FAZ), die performative Installation "Warten auf die Barbaren" im Volkskundemuseum Wien (Standard), Miriam Ibrahims Adaption von Sharon Dodua Otoos Roman "Adas Raum" am Theater Dortmund (taz), Saburo Teshigawaras "Tristan und Isolde" am Luzerner Festival "Steps" (NZZ) und William Shakespeares "Viel Lärm um nichts" am Brandenburger Theater (nachtkritik).