Nicht Misserfolg macht
Populisten groß, sondern Erfolg,
meint der venezolanische Journalist
Francisco Toro im Substack-Newsletter "Persuasion". Und der erfolgreichste Populist ist einer, der sein Land nicht spaltet, sondern eint. Singapurs
Lee Kuan Yew hat das Textbuch für diese Rolle geschrieben: Er ist autoritär, aber gleichzeitig "so erfolgreich beim Aufbau einer stabilen, wohlhabenden Gesellschaft, dass seine alles andere als makellose Menschenrechtsbilanz aus der Geschichtsschreibung herausgespült wurde und heute eher eine Fußnote auf Seite 4 als eine Schlagzeile ist." Ob
El Salvadors junger Präsident
Nayib Bukele so erfolgreich sein kann? Seine Zustimmungsrate im Land liegt bei
über 90 Prozent, so Toro, seit er zehntausende Mitglieder der ultrabrutalen Gangs, die das Land terrorisiert haben, eingesperrt hat. Nach Menschenrechten und Demokratie mögen die Salvadorianer da nicht mehr fragen: "Normale Menschen, die jahrelang in Angst vor den Maras gelebt hatten, freuten sich über die Abrechnung. Plötzlich verlagerte sich das Leben nach draußen.
Nachbarschaftsparks und Fußballplätze, die jahrzehntelang brach gelegen hatten, waren plötzlich von Kindern aus der Nachbarschaft bevölkert. Die Salvadorianer fühlten sich auf ihren Straßen und in ihren Gemeinden
so frei, wie es schon lange nicht mehr möglich gewesen war. Wie könnte sich ein Demokrat nicht unwohl fühlen, wenn er eine Politik tadelt, die im Grunde jeder im Land unterstützt? ... In einem Land nach dem anderen wird der Bukelismo zur
Alternative für demokratische Systeme, die als zu sklerotisch gelten, um reformiert zu werden.
Guatemalas neuer Präsident gibt sich schon jetzt eindeutig bukelisch und schwört, den Erfolg El Salvadors gegen seine eigenen Maras zu wiederholen.
Limas Bürgermeister Rafael López Aliaga plant, eine explizit bukelanische Agenda zu verabschieden. Santiago Cúneo, einer der populärsten Fernsehmoderatoren Argentiniens, kündigte gerade seine Präsidentschaftskandidatur an und versprach, 'den Schritten Nayib Bukele's in
Argentinien zu folgen'." Demokraten müssten sich gewaltig anstrengen, um die Menschen davon zu überzeugen, dass auch eine Demokratie sie schützen kann, denkt sich Toro.
Yascha Mounk
kritisiert scharf die
Ausladung russischer Dissidenten vom Pen-Festival "World Voices" (Masha Gessen ist wegen dieses Vorgangs aus dem Vorstand des Pen America ausgetreten,
unser Resümee). Man stelle sich vor, Thomas Mann, Bert Brecht, Albert Einstein oder Marlene Dietrich hätte in Amerika während des Zweiten Weltkriegs
die Nazis nicht kritisieren dürfen, weil sie Deutsche waren. "Der moralische Rang eines Menschen wird nicht durch seine Nationalität definiert", erinnert Monk. "Zwei Dinge machen diese Episode in meinen Augen besonders bemerkenswert, denn beide zeigen, wie tief der Verfall liberaler Prinzipien und die Angst vor moralischer Verunreinigung inzwischen in den Mainstream eingedrungen sind. Das erste ist, dass eine Organisation von Schriftstellern sich nicht in der Lage sah, die Unterscheidung zwischen einer Person und der Nation, aus der sie stammt, aufrechtzuerhalten. Wer wird den
Vorrang des Individuums und seines Gewissens vor dem Ruf nach zugeschriebener Identität und Kollektivschuld verteidigen, wenn eine Organisation von Schriftstellern - die die ersten sein sollten, die die Menschheit in ihrer ganzen
glorreichen Komplexität anerkennen - dazu nicht in der Lage ist? Zweitens sind die Personen, die diese Entscheidung getroffen haben, wohl kaum Mitglieder der illiberalen Linken (oder, was das betrifft, der illiberalen Rechten).
Suzanne Nossel, die Geschäftsführerin der Organisation, setzt sich grundsätzlich für die Redefreiheit ein.
Ayad Akhtar, der Präsident des PEN und ein wunderbar nuancierter Romancier, hatte sogar den Mut, sich auf der Gala der Organisation im letzten Jahr subtil gegen linke Formen der Stempelkultur zu wehren. Ich kenne und respektiere beide, und ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, unter welchem Druck sie in den letzten Tagen gestanden haben müssen. Aber Prinzipien sind nur dann wichtig, wenn wir in der Lage sind, sie auch zu ehren, wenn es schwierig ist, ihnen gerecht zu werden".