Andreas Hilger

Deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion 1941-1956

Kriegsgefangenschaft, Lageralltag und Erinnerung
Cover: Deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion 1941-1956
Klartext Verlag, Essen 2000
ISBN 9783884748572
Gebunden, 486 Seiten, 44,99 EUR

Klappentext

Über fünfzig Jahre nach Kriegsende zeichnet die vorliegende Studie erstmals ein umfassendes Bild der Kriegsgefangenschaft Deutscher in der UdSSR. Auf der Basis umfangreicher russischer Archivbestände gelingt die eingehende Analyse der Ziele und Mittel sowjetischer Kriegsgefangenpolitik in ihrem innen- und deutschlandpolitischen Kontext. Die Auswertung zahlreicher Heimkehrererinnerungen ermöglicht zugleich die eindringliche, beispielhafte Beschreibung der konkreten Auswirkungen dieser Politik auf den Gefangenenalltag in Stalingrad. Dabei deckt die Darstellung des Russlandbildes deutscher Soldaten und Heimkehrer auf, wie sich Einstellungen und Überzeugungen vom "Dritten Reich" in die Nachkriegsgesellschaft fortsetzten. So war das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion nicht nur ein wichtiger Faktor des nachkriegsdeutschen Russlandbildes, sondern auch ein Aspekt der westdeutschen Vergangenheitsbewältigung und -politik.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.11.2000

Keine ganz einfache und doch eine sehr lohnenswerte Lektüre, behauptet Christian Streit, selbst Autor eines Buches über sowjetische Kriegsgefangene. Hillger korrigiere nämlich, nach Einsicht in russische Archivbestände, die landläufig verbreitete Meinung, die Sowjetunion hätte ihre Gefangenen vorsätzlich völkerrechtswidrig behandelt. Die hohe Sterblichkeitsrate, führt Streit die Ergebnisse seines Kollegen Hilger aus, sei auf die verheerenden Kriegsfolgen zurückzuführen gewesen - das Land war zerstört und die Versorgungslage für alle (Sowjetbürger wie deutsche Gefangene) gleich schlecht. Die Gefangenen seien eingebunden gewesen in den Wiederaufbau des Landes, worin der Grund für die verspätete Rückkehr der Kriegsgefangenen gelegen hätte. In einem weiteren Punkt sieht Streit eine wünschenswerte Differenzierung der Studie Hilgers: auch wenn die Gerichtsverfahren nicht freiheitlichen Normen entsprochen hätten, seien in den Kriegsverbrecher-Prozessen keineswegs nur Unschuldige zu Zwangsarbeit verurteilt worden, wie die letzte Freilassungswelle von Kriegsgefangenen im Jahr 1955 gezeigt hätte. Zu den Spätheimkehrern gehörte laut Streit auch SS-Standartenführer Panziger, der für die Exekution sowjetischer Kriegsgefangener verantwortlich zeichnete.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.11.2000

Einerseits stellt Winfried Heinemann dieses Buch als der "Geschichte von unten" verpflichtet dar, andererseits betont er aber auch, dass Hilger über diesen Ansatz weit hinaus geht und Zeugenaussagen etwa mit historischem Quellenmaterial und mit Statistiken aufarbeitet. Besonders beleuchtet Heinemann die Politik der Sowjetunion, die ganze Gruppen von Soldaten in "Schnellprozessen" als Kriegsverbrecher verurteilte, um gegenüber der Bundesrepublik eine Verhandlungsmasse in der Hand zu behalten. Interessant findet er auch die von Hilger berichtete Tatsache, dass die DDR bei ihren Bitten um Rückführung von Kriegsgefangenen weitaus weniger rücksichtsvoll behandelt wurde als die Adenauer-Regierung. Heinemann legt aber auch Wert darauf, dass neben den politischen Aspekten ganze Kapitel Themen wie dem Hunger und dem Heimweh gewidmet seien. Trotz einiger Einschränkungen, die Hilgers Bewertung der sowjetischen Zustände nach ihrer Rückkehr betreffen, lobt Heinemann das Buch als "durchaus lesbar geschriebene und manchmal sogar erschütternde Darstellung" des Themas.
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