August Leugers-Scherzberg

Die Wandlungen des Herbert Wehner

Von der Volksfront zur Großen Koalition
Cover: Die Wandlungen des Herbert Wehner
Propyläen Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783549071557
Einband unbekannt, 400 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

Er hat den Wandel der SPD von der Arbeiter- zur Volkspartei ebenso vehement betrieben wie deren Weg an die Macht in Bonn: Herbert Wehner, Ex-Kommunist und langjähriger SPD- Fraktionsvorsitzender, war einer der maßgeblichen Drahtzieher auf der politischen Bühne der Bonner Republik. Dem Historiker Leugers-Scherzberg gelingt es anhand einer Fülle neu erschlossener Quellen, die Wandlungen Wehners minutiös nachzuzeichnen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.09.2002

Herbert Wehners Wandlung vom kommunistischen Kaderfunktionär zum demokratischen Linkspolitiker hat die Gegner und Konkurrenten innerhalb wie außerhalb seiner Partei intensiv beschäftigt, weiß Rezensent Christian Kind. Anhand von Texten, Notizen, Zeitungsbeiträgen und Redemanuskripten des Politikers verfolgt der Historiker August H. Leugers-Scherzberg "akribisch" die Entwicklung von Wehners Gedankenwelt, berichtet Kind. Nach Ansicht Kinds handelt es sich bei Leugers-Scherzbergs Arbeit, in deren Zentrum die Vorgeschichte der Großen Koalition steht, im Grunde "um die Bereitstellung von Quellenmaterial in sparsamster Aufbereitung mit vielen Anmerkungen und Fußnoten, ohne den Anspruch auf leichte Lesbarkeit zu erheben." Der ein oder andere wird wohl versucht sein, das Buch als langweilig zur Seite zu legen, mutmaßt Kind. Bedauerlich findet er insbesondere, dass die Arbeit nicht über die Zeit der Großen Koalition hinausreicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.09.2002

Herbert Wehner gilt als einer der umstrittensten deutschen Politiker des 20. Jahrhunderts. Wie kaum ein anderes Politikerleben war sein Leben geprägt von Widersprüchen. Doch bei allen Wandlungen, die er durchlief, gab es auch Konstanten. Auf Grundlage von Wehners Nachlass analysiert August H. Leugers-Scherzberg nun Wehners politisch-konzeptuelle Zielvorstellungen von der Zeit des Exils bis zur Bildung der Großen Koalition, berichtet Rudolf Morsey. Als Konstante in Wehners Weltbild arbeite Leugers-Scherzberg die Idee des Sozialismus heraus "als Idee universaler Verwirklichung des Rechtsgedankens, aber orientiert an der wandlungsfähigen leninistischen Spielart politischer Strategie." Nach dem Scheitern seiner "nationalen Befreiungspolitik" im Gefolge des Ost-West-Gegensatzes machte Wehner eine "Demokratisierungspolitik" in der SPD mehrheitsfähig, wobei er Brandt die Rolle eines Sympathieträgers zuwies, nicht aber die einer Führungsfigur, gibt Morsey das Ergebnis von Leugers-Scherzbergs Arbeit wieder. Die Stimmigkeit der von Leugers-Scherzberg erkannten und schlüssig herausgearbeiteten Konstanz in allen Wandlungen Wehners, prognostiziert Morsey, "wird sich zusätzlich erweisen, wenn nicht nur dessen frühere Moskauer Jahre weiter erhellt sind, sondern auch sein späteres politisches Handeln nach 1966."
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.07.2002

Eine der "faszinierendsten Persönlichkeiten" der deutschen Nachkriegsgeschichte mit einer "Biografie wie aus dem Bilderbuch der Geschichte" erblickt Rezensent Peter Lösche im "Zuchtmeister" der SPD-Fraktion Herbert Wehner. Als erster Autor hatte der Historiker August H. Leugers-Scherzberg Zugang zum Privatarchiv Wehners, berichtet Lösche. Dem entsprechend groß sind Lösches Neugier und Erwartungen an das Buch. Doch leider erfüllt es Lösches Erwartungen nicht, im Gegenteil: bittere Enttäuschung macht sich beim Rezensenten breit. "Merkwürdig blass", "ohne Leben", "ohne jede Dramatische Entwicklung" erzählt Leugers-Scherzberg das Leben Wehners, ärgert sich Lösche. Jeder analytische Zugriff, jede packende Interpretation fehle. Stattdessen seitenlange Zitate, indirekte und wörtliche, Paraphrasen und Berichte, die der Autor weder interpretiert noch in soziale, politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenhänge einbettet, rügt der Rezensent. Die einzige These, die Lösche im ganzen Buch findet, ist die Behauptung, Wehner sei ein Schüler Lenins gewesen - laut Lösche eine "tollkühne Vermutung", für die der Autor keine wirklichen Belege und Argumente vorbringen kann. Über den Menschen Wehner, über sein "so kompliziertes Psychogramm" erfährt der Leser letztlich wenig, bemängelt Lösche. Fazit des Rezensenten: "Die eigentliche Wehner-Biographie steht noch aus."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.06.2002

Über die Wandlung Wehners vom Kommunisten zum Sozialdemokraten ist schon viel geschrieben worden. Die Neuerscheinung von Leugers-Scherzberg, informiert Rezensent Hartmut Soell, hat den Vorteil, sich erstmals uneingeschränkt auf den privaten Nachlass Wehners stützen zu können. Am überzeugensten findet der Rezensent das Buch überall dort, wo es um Wehners nicht nachlassendes Engagement für Lösungen in der nationalen Frage geht. Auch sind für ihn die einzelnen Schritte der politischen Umorientierung Wehners plausibel dargelegt. Soell findet es jedoch problematisch, diese Entwicklung als "'Zersetzungsstrategie' zum Zwecke der Machtübernahme der SPD" zu interpretieren. Er empfiehlt Leugers-Scherzberg, derartige Thesen in der bereits angekündigten umfassenden Biografie - bei dem vorliegenden Buch handelt es sich lediglich um eine Teilbiografie - besser zu belegen.