Bernd Greiner

Krieg ohne Fronten

Die USA in Vietnam
Cover: Krieg ohne Fronten
Hamburger Edition, Hamburg 2007
ISBN 9783936096804
Gebunden, 595 Seiten, 35,00 EUR

Klappentext

Mit Fotos, Dokumenten und Faksimile. "'Ich hatte meine Waffe auf Automatik gestellt. Deshalb kann man nicht sagen, wie viele man erschossen hat. Ich habe vielleicht 10 oder 15 von ihnen erschossen.' - 'Männer, Frauen und Kinder?' - 'Männer, Frauen und Kinder.' - 'Und Babys?' - 'Und Babys.' - 'Sind sie verheiratet?' - 'Ja.' - 'Kinder?' - 'Zwei.' - 'Wie alt?' - 'Der Junge ist zweieinhalb, das Mädchen anderthalb.' - 'Dann drängt sich doch die Frage auf, wie der Vater von zwei kleinen Kindern Babys erschießen kann.' - 'Keine Ahnung. Es kommt halt vor.' - 'Wie viele Menschen wurden an diesem Tag erschossen?' - 'Ich schätze an die 370.' So beschrieb Paul Meadlo in einem 1969 von CBS ausgestrahlten Interview das Massaker von My Lai. Die Bilder der zerstörten Dörfer, der von Napalm verbrannten Kinder, von einem Land, auf das mehr Bomben geworfen wurden als auf alle Schauplätze des Zweiten Weltkrieges zusammen, prägen die Erinnerung an den Vietnamkrieg und die Jahre zwischen 1965 und 1975. Bernd Greiner beschreibt die Geschichte hinter diesen Bildern. Er geht der Frage nach, weshalb sich die USA überhaupt auf diesen Konflikt einließen und warum sie den Krieg selbst im Wissen um eine unausweichliche Niederlage weiter führten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.04.2008

Beeindruckt ist Stefan Reinecke von diesem Buch über den Vietnamkrieg, das der Historiker Bernd Greiner vorgelegt hat. Er würdigt die ausgezeichneten Recherchen des Autors, seine differenzierte und detaillierte Beschreibung und seine abgewogenen Deutungen. Besonders lobt er die genaue Schilderung des Bodenkriegs und des Zusammenspiels zwischen einer Führung ohne moralische Maßstäbe und überforderten Soldaten. Dabei arbeitet der Autor in seinen Augen überzeugend heraus, dass die ungehemmte Brutalisierung und Barbarisierung des Kriegs, die sich in zahllosen Massakern von Zivilisten äußerte, zum einen Teil der militärischen Strategie war, zum anderen auf das Konto einer Politik ging, die in ihrer eigenen Doktrin gefangen und unfähig zur Selbstkorrektur war. Ein wenig zu kurz kommt für Reinecke der US-Bombenkrieg gegen Vietnam. Dafür findet er Erhellendes zur Militärgerichtsbarkeit und zur Unfähigkeit der USA, moralische Lehren aus dem Vietnamkrieg zu ziehen. Die große Stärke des Buchs sieht er in der nüchternen, sorgfältigen Darstellung, die auf vorschnelle Anklagen verzichtet.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.02.2008

Rezensent Kurt R. Spillmann ist beeindruckt, was Autor Bernd Greiner mit seinem Buch über den grausamen Alltag des Kriegs in Vietnam leistet. Greiner analysiert das Thema auf mehreren Ebenen und zeigt das Zusammenspiel vom Geschehen am Kriegsschauplatz, den politischen Vorgaben aus Washington und den Reaktionen der Öffentlichkeit. Der hässliche Alltag jenseits der großen Schauplätze ist nach Einschätzung des Rezensenten in der Forschung über Vietnam eine vernachlässigte Perspektive. Sein Buch zeigt, dass das Massaker von My Lai kein Einzelfall war, sondern Teil einer "unabsehbaren Folge willkürlicher Gewalttaten". Die Voraussetzungen für diese Grausamkeiten sucht Greiner nach Einschätzung des Rezensenten in etwas "spezifisch Amerikanischem". Doch am Ende, so scheint es, hätte sich der Rezensent eine Perspektive gewünscht, die über Partikularismen hinausgeht, und fragt ganz allgemein nach den Ursachen der Gewaltneigung von Menschen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.02.2008

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Jörg Später von Bernd Greiners umfangreicher Untersuchung der Kriegsverbrechen im Vietnamkrieg. Nicht die Gesamtgeschichte dieses Kriegs, seine Entstehung, sein Verlauf, Ausgang und seine Folgen stünden hier im Mittelpunkt, sondern seine "entgrenzte" Gewalt, die Grausamkeiten gegen die Bevölkerung, die Todesschwadronen, der Abnutzungskrieg und nicht zuletzt die Frage, wie normale Menschen zu Kriegsverbrechen werden. Später schätzt die Anlage des Buches als "nachvollziehbar und überzeugend". Der Autor verdeutliche die Strukturen, die Handlungen bestimmen und verständlich machen, ohne sie als deterministisch zu begreifen. Besonders hebt Später die von Greiner entworfene "Soziologie des Kriegers" hervor, die die Exzesse der Gewalt von amerikanischen Soldaten erklärbar machen. Einziger Kritikpunkt des Rezensenten ist die mangelnde Thematisierung von Anleihen aus der NS-Forschung sowie der Parallelen zum "Krieg gegen den Terror".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.09.2007

"Dieses Buch ist ein Schock", beginnt Volker Ullrich seine Rezension von Bernd Greiners Erforschung der Kriegsverbrechen von Vietnam. Noch nie nämlich sei so eindringlich und materialreich geschildert worden, wie ein militärischer Konflikt in einen Gewaltexzess ausgeartet sei. Deshalb sei das Buch auch eine "glänzende Rechtfertigung" der Antikriegsbewegung in den USA. Im Mittelpunkt stehe weniger die militärische Seite des Krieges, so verheerend sie auch gewesen sei. Im Fokus sieht der Rezensent die Gräuel und Kriegsverbrechen stehen, für die das Massaker von My Lai zum Synonym geworden sei. Greiner räume mit einigen Mythen auf, zum Beispiel, dass die USA in diesen Krieg hineingeschlittert seien. Positiv nimmt den Rezensenten besonders die Tatsache ein, dass der Autor in allem eher unter- als übertreibe. Außerdem besticht Ullrich das Buch durch umfassende Quellen- und Literaturkenntnisse, scharfsinnige Analysen und ein "Höchstmaß an Sachlichkeit und Differenzierung".