Christian Heimpel

Bericht über einen Dieb

Cover: Bericht über einen Dieb
Wallstein Verlag, Göttingen 2004
ISBN 9783892447283
Broschiert, 48 Seiten, 10,00 EUR

Klappentext

Eine bedrückende Kindheitsgeschichte über Schuld und die Unfähigkeit zur Vergebung. Ein Kind wird von seinen Eltern, hochgebildeten Intellektuellen und anerkannten Wissenschaftlern, zu Unrecht bezichtigt, gestohlen und Feuer gelegt zu haben. Die Zeit in einem Erziehungsheim, in das die Eltern den Jungen nach den anscheinend ergebnislos gebliebenen "einfachen" Bestrafungen geben, wird für den an sich selbst verzweifelnden Jungen zur Befreiung. Im Kinderheim gelangt der "Dieb" zu der Erkenntnis, daß er in Wahrheit das Opfer einer Intrige durch das ehemalige Dienstmädchen geworden ist. Das Bedrückende an dieser Geschichte ist jedoch die Tatsache, dass die Eltern, auch nachdem sie von der kriminellen Energie ihres Dienstmädchens wissen, nicht an die Unschuld ihres eigenen Sohnes glauben und ihm die vollständige familiäre "Rehabilitation" weiterhin verweigern. Schmerzlich muss der Junge erfahren, dass es offensichtlich keine vollständige Erlösung von der Schuld der anderen gibt. Und dies trifft nicht nur für den familiären Mikrokosmos zu, sondern es gewinnt auch gerade dann an Bedeutung, wenn man die Geschichte vor dem Hintergrund der Zeit liest, in der sie sich ereignet hat: der Zeit zwischen 1945 und 1946.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.09.2004

Beeindruckt zeigt sich der "dkm." zeichnende Rezensent von Christian Heimpels "Bericht über einen Dieb", einer "kleinen, sehr deutschen Kindheitsgeschichte", aufgeschrieben mit der "nüchternen Distanz eines Historikers". Der Autor schildere, wie er im März 1945 als Achtjähriger von seinen Eltern, dem Reichshistoriker Hermann Heimpel und der Pädagogin Elisabeth Heimpel, fälschlicherweise verdächtigt wurde, ein krankhafter Dieb und Brandstifter zu sein, wie er gezüchtigt und verschickt wurde. Das Geschehen füge sich gleichermaßen in die archaische Schwarzwaldfinsternis des Schauplatzes wie in die verdunkelte und vernebelte Zeit paranoider Pogromstimmung, Verblendung und Verdrängung. "Ihr Gemeinsames", so der Rezensent, "ist eine gewaltbereite Blindheit, die das Liebste verrät, weil sie das Nächste nicht sieht, und lieber einer abgefeimten, hinterwäldlerischen Magie glaubt als dem, was greifbar vor Augen liegt." Im vorliegendem Bericht schreibe sich Heimpel die lebenslange Verurteilung mit beklemmender, historisierender Objektivität von der Seele.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.03.2004

Der Rezensent Valentin Groebner hofft vor allem eines, nämlich "dass das Buch nicht verfilmt wird". Er glaubt allerdings nicht, dass er Gehör finden wird, denn der Stoff dieser autobiografischen Aufzeichnung eignet sich geradezu wunderbar zum "Dokudrama": Im Frühjahr 1945 tummeln sich im Sommerhaus des Geschichtsprofessors Heimpel vor der Verwirrung des Kriegsendes flüchtende Akademikerfamilien. Als auf mysteriöse Weise "Lebensmittel und kleine Wertgegenstände" verschwinden und auf dem Dachboden Brände gelegt werden, wird der damals siebenjährige Sohn Christian dafür bestraft, immer härter, schließlich ins Kinderheim geschickt und von dort zurückgeholt, nachdem seine Unschuld bewiesen ist. Doch das Eingeständnis des "elterlichen Fehlers", so Groebner, wird es niemals geben. Für Groebner ist demnach auch die "Starre" das eigentliche Thema dieses mit viel "frisson allemand" gespeisten Buches, dem, weil es nicht "historische Recherche" sein will, sondern vom "Kinderzauber des Bösen" handelt, ein "klebriger kalter Zauber" anhaftet. Darüber hinaus nimmt er Heimpels Schilderung des Nazitums der Straßburger Professoren zum Anlass, um deren Schuldfrage parallel zu der des Sohnes zu hinterfragen. Heimpel selbst, so Groebner, vermittelt, "dass es keine vollständige Lossprechung von der Schuld der anderen gibt".
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