Eberhard Straub

Das spanische Jahrhundert

Cover: Das spanische Jahrhundert
Siedler Verlag, München 2004
ISBN 9783886807390
Gebunden, 350 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Viele spanische Intellektuelle verzweifelten im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts an der Geschichte ihres Landes als einer Geschichte des unvermeidlichen Niedergangs: auf Grund trotziger Sonderwege und eines Sonderbewusstseins, das Spanien in Gegensatz zu Europa brachte. Als 1898 mit Kuba die letzte Kolonie und damit auch der letzte Ausdruck von Spaniens Anspruch, eine Weltmacht zu sein, verloren ging, richtete sich der Blick auf den eigenen Kontinent: Nun wurde Europäisierung zur Voraussetzung für eine Regeneration Spaniens erhoben. Damit geriet Spanien stärker als bisher in Zusammenhang mit den Wechselfällen der europäischen Geschichte: Obwohl es sich aus beiden Weltkriegen heraushielt, schlug sich die Krise des Liberalismus auch hier nieder, experimentierte das Land mit der Monarchie, mit der Republik und der Diktatur wie andere Staaten Europas auch. Aber es tat dies in einem anderen Rhythmus und mit anderen Zäsuren. Das spanische zwanzigste Jahrhundert beginnt bereits 1898 und endet 1975, mit dem Tod des Diktators Franco und dem friedlichen Übergang zur Demokratie, der das Land endlich zur ersehnten Übereinstimmung mit den Nachbarn brachte. Eberhard Straub erzählt das turbulente, schwierige spanische Jahrhundert im Zusammenhang der europäischen Ideen- und Politikgeschichte und weitet damit den Blickwinkel über Bürgerkrieg und Franco-Zeit hinaus: auf ein Land, das im zwanzigsten Jahrhundert zugleich zum Vorreiter, Spiegel und Nachzügler der Entwicklung auf dem Kontinent wurde.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.08.2004

Rezensent Kersten Knipp ist ziemlich befremdet von dieser Abhandlung über die spanische Geschichte der vergangenen 200 Jahre, die Historiker Eberhard Straub hier zusammen getragen hat. Zwar hat das Buch seiner Meinung nach durchaus positive Ansätze, zum Beispiel wird mit dem ebenso populären wie unzutreffenden Mythos aufgeräumt, dass sich in der spanischen Politik traditionell zwei voneinander scharf getrennte Lager gegenüberstanden, "das katholisch-feudal-reaktionären auf der einen Seite und das bürgerlich- antiklerikalprogressiven auf der anderen". So gesehen ist Straubs Arbeit ein instruktives Gegengewicht zu einigen weit verbreiteten Positionen. Insgesamt aber mag er sich mit dem Werk nicht anfreunden: "Das Recht des Stärkeren als Prinzip der Politik" durchziehe das Buch wie ein Leitmotiv". Das fängt bei Napoleon an und reicht bis ins 20. Jahrhundert, stähnt Kersten. Dementsprechend unkritisch und milde bewerte Straub die Herrschaft Francos: "Die nach dem Krieg massenhaft ausgesprochenen Todesurteile, die drakonischen Haft- und Arbeitslagerstrafen sind ihm gerade einmal anderthalb Seiten wert."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.08.2004

Eberhard Straub erweitert mit "Das spanische Jahrhundert" das allgemeine Bild vom modernen Spanien - Bürgerkrieg, Franco-Diktatur, Modernisierungsmärchen - beträchtlich, meint Paul Ingendaay, und er entwickelt sogar eine Perspektive für das 21. Jahrhundert. Dafür holt er weit aus und erzählt, "elegant geschrieben", auch die hundert Jahre Vorgeschichte des 20. Jahrhunderts - ohne freilich den allerneuesten Forschungsstand zur Kenntnis zu nehmen, wie der Rezensent mehr irritiert als kritisch anmerkt. Berichtet wird, wie die letzten Kolonien (Kuba und die Philippinen) verloren gingen, wie Spanien, von der ersten liberalen europäischen Konstitution 1812 aus, mühsam seinen Weg zu einem modernen Verfassungsstaat nahm. Eines von Straubs vordringlichen Anliegen, glaubt Ingendaay, sei es, die Gemeinsamkeiten Spaniens mit den übrigen europäischen Nationen aufzuzeigen, also aufzuräumen mit dem Mythos vom iberischen Sonderweg. Befremdlich findet der Rezensent das offenkundige Faible des Autors für den Autoritarismus, der in Spaniens Geschichte immer wieder eine große Rolle gespielt hat - am prägnantesten vielleicht in der Gestalt von Francisco Franco, dem Straub, sehr zum Missvergnügen Ingendaays, eine "unfassbare Persönlichkeit" attestiert. Ingendaay vermutet dahinter den Wunsch, sich jedes Gutmenschentums zu enthalten und in keine billige Sentimentalisierung zu verfallen.
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