Eva Gesine Baur

Mein Geschöpf musst Du sein

Das Leben der Charlotte Schiller
Cover: Mein Geschöpf musst Du sein
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2004
ISBN 9783455094589
Gebunden, 288 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Wer war Charlotte Schiller? Was machte den Reiz dieser unauffälligen Frau aus? Schillers 200. Todestag gibt Anlass, das Leben einer unbeugsamen Frau und die Geschichte ihrer unkonventionellen Ehe aufzuschreiben. Eine junge Adlige und ein revolutionärer Dichter. Liebe auf den ersten Blick. Und Liebe bis in den Tod. So wird die Beziehung zwischen Friedrich Schiller und Charlotte, geborene Lengefeld, gerne verkitscht. Als perfekte Ehefrau ging Charlotte Schiller in die Geschichte ein - natürlich nur in die ihres Mannes.
Die Ehe wird bis heute als vorbildlich dargestellt und Schiller als der mustergültige Gatte und Vater, so als habe man einen Ausgleich gesucht für Goethes als skandalös angesehene Verbindung mit Christiane Vulpius, ein Jahr älter als Charlotte und ihr völliges Gegenteil.
"Mein Geschöpf musst du sein" ist die Biografie einer selbständigen, hoch gebildeten Frau, deren Liebesfähigkeit und ungeschminktes Auftreten sie als Persönlichkeit erscheinen lassen, die sehr nah, sehr gegenwärtig wirkt. Bei näherer Betrachtung erweist sich die Ehe der Charlotte Schiller als ein verzweifelter Kampf, nach außen das Image von Schiller als dem idealen, souveränen Genie zu verteidigen. Die Wirklichkeit sah oft anders aus, doch Charlotte stand ihrem Mann couragiert bei und war weit mehr als die "Frau an seiner Seite". So steht in dieser Biografie ein ungewohnter Friedrich Schiller vor uns - gesehen aus dem Blickwinkel seiner Frau, beobachtet aus großer Nähe, mit allen seinen Schwächen und Marotten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Rezensent Rolf-Bernhard Essig blickt schon ins Jahr 2005 - zum 200. Todestag von Friedrich Schiller - und berichtet in einer umfassenden Sammelrezension, was es Neues gibt am Horizont der Schiller-Literatur. "Erfrischend" findet Essig das Porträt, das Eva Gesine Baur von Schiller entwirft. In der Tat lasse sich ja so manches, was man über den Dichter wisse, auch anders auslegen: etwa Schillers oft zitierter "Krankheitsheroismus", den man genauso gut als leichtfertigen Umgang mit seiner Gesundheit werten könne. Doch Baur belasse es nicht bei ihrer "mit erstaunlicher Gehässigkeit" verfassten Darstellung des Dichters als "hypochondrische, undankbare, sexgierige, zuwendungsabhängige Drone". Sie falle über Schiller her, "dass einem Hören und Sehen vergeht" - mit offenbarer Lust an "vermuteten oder konstruierten Eskapaden". Dass es sich bei ihrem Buch eigentlich um die Biografie Charlottes, Schillers Frau, handelt, wie der Rezensent erinnert, gerate bei dieser "fröhlichen Metzelei" ein ums andere Mal in Vergessenheit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.09.2004

Rechtzeitig vor Schillers zweihundertstem Geburtstag im Jahr 2005 erscheint ein ganzer Stapel neuer Biografien, die den Dichter würdigen, und im Fahrwasser dieser Flotte macht sich eine schmucke, gut gewappnete Fregatte auf, seine Frau "Charlotte Schiller geborene Lengefeld von dem Schattendasein und dem Geruch einer perfekten Ehefrau zu befreien". Nach Ansicht von Ursula Homann gelingt der Coup, doch er fordert auch Opfer, und zwar hochrangige: Während es Eva Gesine Baur nämlich gelinge, Charlotte, die immer ein wenig als Dummchen abgetan wurde, Komplexität zu verleihen, geraten die beiden anderen Hauptfiguren - ihr Mann und ihre Schwester, in deren Schatten sie stand - zu negativen Karikaturen. Die Lektüre vermittelt den Eindruck, schreibt Homann, "Schiller sei als Ehemann ein wahres Ekelpaket gewesen, rücksichtslos, egoistisch, selbstgerecht, und seine Schwägerin Karoline ein cleveres, intrigantes Flittchen und leichtsinniges Luder". Und Weimar? Ein "Sumpf aus Lügen, Gerüchten, Anfeindungen, und Intrigen", und mittendrin die introvertierte, aber charakterstarke Gattin Schillers. Man könnte also sagen: entschlossen angegriffen, aber ein wenig zu ungenau gezielt - jedenfalls was Schiller und Karoline angeht. Und ob das Buch Charlotte gerecht wird? Die Rezensentin "ist gewillt, die Frage zu bejahen".
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