Francis Fukuyama

Das Ende des Menschen

Cover: Das Ende des Menschen
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München - Stuttgart 2002
ISBN 9783421055170
Gebunden, 352 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Klaus Kochmann. Vielleicht können wir bald alle über 100 Jahre alt werden und unsere Nachkommen genetisch manipuliert werden. Mit welchen Folgen? Fukuyamas These ist, dass sich eine Mehrheit der Menschen mittels Gentechnik perfektionieren möchte. Dies wirft Fragen nach der politischen Ordnung zukünftiger Gesellschaften auf. Fukuyama warnt davor, Menschen bedenkenlos gentechnisch zu designen, und mahnt die politisch Handelnden zur Umkehr.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.06.2002

Rezensent Helmut Mayer zeigt sich wenig beeindruckt von Francis Fukuyamas Essay "Das Ende des Menschen". Wie Mayer darlegt, vermag die Biotechnologie nach Fukuyama, was alle ideologischen Versuche, alle politischen Programme, ja die Geschichte selbst nicht vermochten: die grundlegende Umgestaltung der menschlichen Natur. Damit bricht für Fukuyama die "posthistorische" und "posthumane" Phase der Geschichte an, erklärt Mayer. Und dagegen hat Fukuyama etwas, meint Mayer süffisant, "nur leider kaum gute Gründe." So tadelt er Fukuyamas "unbeholfenes Hantieren" mit dem Begriff der "menschlichen Natur", die für ihn zwar biologisch-naturhaft bestimmt sei, zugleich aber normative Bestimmungen zulassen solle. Diese "argumentative Verlegenheit" findet Mayer im Buch auf eine "quälende Länge" gestreckt. "Der posthistorische Zustand mag durch und durch banal sein", resümiert Mayer, "aber seine finale Diagnose darf es nicht".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.05.2002

Eines wird schnell klar: Auf irgendeine Weise Ernst nehmen will und kann die Rezensentin Hilal Sezgin dieses Buch nicht. Fukuyama, immerhin Berater George W. Bushs in Sachen Bioethik, so der Grundtenor der Rezension, hat nicht nur nicht die mindeste Neuigkeit zur Debatte beizutragen, ist nicht nur ein Verfechter windigster, weil in jede beliebige Richtung zu drehender und zu wendender Soziobiologie, nein, das läuft alles auch noch auf einen "reaktionären Humanismus" hinaus, der mit wissenschaftlich nur dünn bemäntelten Argumenten hinter alles zurückfällt, was die letzten Jahrzehnte an feministischer Grundlagenarbeit gebracht haben. Im flapsigen Ton, in der Sache aber bitter zitiert Sezgin eindrucksvolle Beispiele aus dem schlichten Weltbild Fukuyamas herbei und erinnert an die so ganz anders, weil differenziert und "skrupulös" gearteten Interventionen von Jürgen Habermas zum Thema. Am Ende, meint Sezgin, nachdem er sich seine "Privatschneise" durch den Dschungel der Probleme geschlagen hat, steht Fukuyama mit "stolz erhobener Machete" da. Dass irgendjemand durch dieses Buch klüger wird, steht, wenn wir die Rezensentin recht verstehen, nicht zu vermuten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.05.2002

Zehn Jahre nach seinem Werk "Das Ende der Geschichte" wartet Francis Fukuyama nun mit dem "Ende des Menschen" auf, von dem sich Rezensent Christian Geyer ziemlich genervt zeigt. Das Herzstück des Buchs ist laut Geyer Fukuyamas Definition der Essenz des Menschseins, das er durch die biotechnologische Revolution bedroht sieht. Das Problem für Geyer ist dabei nur, dass Fukuyama mit dieser Definition erst mal nicht herausrückt, sondern den Leser von Kapitel zu Kapitel vertröstet. Stattdessen verliert er sich nach Auskunft des Rezenten quer durch alle Kapitel in dem Versuch, das Naturrecht zu rehabilitieren. Das ist natürlich ein legitimes Anliegen, findet Geyer. Er kritisiert allerdings, dass Fukuyama dabei die hochkomplexe aktuelle Diskussion über diese Thematik weitgehend ignoriert und alles in einer simplen Mixtur vermengt, was die Philosophie hier mühevoll an Differenzierungsarbeit geleistet hat. Dass er dabei zum Beispiel Immanuel Kant "laufend flott und falsch zitiert", ist nur ein Punkt, über den sich Geyer ärgert. Fukuyamas Bestimmung der menschlichen Natur, die er schließlich doch noch gibt, hält Geyer für eine "Nullaussage", aus der sich für das biotechnologische Sollen und Dürfen nichts ableiten lässt. Letztlich soll nach Fukuyama außer Klonen und dem Herstellen von Mischwesen im Grunde alles möglich sein, wenn es nur "kontrolliert" und zu "therapeutischen Zwecken" erfolgt, wozu man "Institutionen mit wirklichen Durchsetzungskompetenzen" benötigt, referiert Geyer das Fazit von Fukuyamas Arbeit und stöhnt am Ende: "Hätte man dieses winzig kleine Ergebnis nicht auch preiswerter haben können? O menschliche Natur, geschundene!"
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.05.2002

Von wegen Ende der Geschichte! Thomas Assheuer folgt in seiner ausführlichen Besprechung dem beunruhigten Blick des Autors in die gentechnisch veränderte Zukunft des Menschen. Mit Respekt konstatiert er die Offenheit, mit der Fukuyama seinen Bedenken Ausdruck verleiht, etwa, wenn er das "Schreckgespenst der Eugenik" an die Wand malt. Fukuyama sei ein "Alarmist aus guten Gründen" und zeige eine für amerikanische Verhältnisse erstaunliche Skepsis gegenüber den Heilversprechen der Biotechnologie. Dem allerdings steht sowohl Fukuyamas Besinnung auf den naturhaften Wesenskern des Menschen entgegen, als auch sein "wetterfester Optimismus", was die Chancen einer rechtlichen Normierung angeht. "Einigermaßen blauäugig", meint Assheuer. Und eine Kampfschrift sei "dieses nüchtern und sehr lesbar geschriebene Buch" auch nicht, spüre man auch das fassungslose Erstaunen des Autors darüber, wie viel menschliche Energie für die Genforschung verausgabt werde.