Gabriele Metzler

Der deutsche Sozialstaat

Vom bismarckschen Erfolgsmodell zum Pflegefall
Cover: Der deutsche Sozialstaat
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2003
ISBN 9783421054890
Gebunden, 268 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Der deutsche Sozialstaat war einst der Inbegriff einer fortschrittlichen Sozialgesetzgebung. Was unter Bismarck mit Kranken-, Unfall- und Altersversicherung begann und in den Jahrzehnten danach ausgebaut wurde, gilt heute als Hauptproblem der Standortdebatte. Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung, die Säulen des Wohlfahrtsstaats, sind nicht mehr zu finanzieren. Um zu erahnen, wohin der Weg führen kann, muß man wissen, woraus sich der Sozialstaat entwickelt hat. Dieser knappe Überblick über die Geschichte des Sozialstaats und seine aktuelle Krise zeigt, weshalb das deutsche Modell an seinen Erfolgen zugrunde zu gehen droht, und gibt Hinweise für eine sinnvolle Umgestaltung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.10.2003

Rezensentin Anna Imfeld zeigt sich sehr zufrieden mit Gabriele Metzlers Arbeit über den deutschen Sozialstaat. Die Historikerin schildere die Entwicklung des deutschen Sozialstaats von seinen Anfängen in der Ära Bismarck über den Ausbau der Sozialleistungen in der Weimarer Republik und die staatlichen Fürsorgeleistungen des Hitlerregimes bis zur Gegenwart. Ihre Darstellung lobt Imfeld als ebenso "sorgfältig" wie "flüssig". Imfeld hebt hervor, dass sich die gegenwärtige Krise des Sozialstaates nach Auffassung der Autorin nicht durch ein Herumdoktern an den Symptomen bewältigen lässt. Metzler halte die Grundlagen des deutschen Sozialstaats für erodiert, ein reines Sparprogramm führe nicht aus der Krise, nur ein Systemwandel garantiere Stabilität, referiert Imfeld. Im weiteren zeige Metzler, dass neben der Wirtschaft auch gesellschaftliche Entwicklungen wie das Problem der sinkenden Geburtenrate und der Überalterung die Krise verantwortlich sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.08.2003

Der deutsche Sozialstaat, das wissen alle, ist in der Krise. Thomas Kreuder weiß, warum: Schuld ist seine "Pfadabhängigkeit", also die Tatsache, dass in Krisenzeiten - und von denen gab es schon einige, schließlich hat Bismarck den Sozialstaat als "Integrationsinstrument des Nationalstaates" erfunden - immer nur daran herumgedoktert wurde, zu alten wie neuen Berliner Zeiten. Was fehlt, meint Kreuder, sind "Systemwechsel oder gar vollständige Neuentwürfe". Um das zu belegen, unternimmt er eine kleine Reise durch die Geschichte der steifen Institution. Wo hat er die nochmal nachgelesen? Ach ja, das Buch: Gabriele Metzler, bemerkt er, sei eine "informative Darstellung zum deutschen Sozialstaat gelungen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.05.2003

Der Sozialstaat ist nicht nur momentan durch die wirtschaftliche Lage bedroht, er ist vielmehr strukturell überlastet. Zu diesem Ergebnis kommt Gabriele Metzler in ihrer Geschichte des Sozialstaats, die Rezensent Armin Adam rundum überzeugt hat. Anschaulich zeichnet die Autorin die historische Entfaltung des deutschen Sozialstaates in ihren einzelnen Stufen nach, lobt Adam. Dabei begegne sie dem latenten utopischen Gehalt des Sozialstaates mit der gebotenen Skepsis. Auch die politische Herausforderung der Globalisierung für den nationalstaatlich geprägten Sozialstaat stellt Metzler nach Ansicht Adams sehr deutlich dar. Ob die Europäische Union "mit ihren Selbststeuerungsfähigkeiten eine Art Rückversicherung für das europäische Modell der Sozialstaatlichkeit im Allgemeinen und für das deutsche im Besonderen" sein kann, wie die Autorin meint, darf nach Adam allerdings bezweifelt werden.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.05.2003

Günther Schulz hebt hervor, dass es nicht der Anspruch der Autorin sei, in diesem Buch Fragen wie diejenige zu beantworten, ob und wie der deutsche Sozialstaat im Zeitalter der Globalisierung bestehen kann. Ihr Anspruch sei bescheidener, sie wolle die "historische Gewachsenheit" der Probleme zeigen. Dazu, erfahren wir, skizziert sie zunächst die Entstehung und den Ausbau des deutschen Modells bis 1930, um dann die Entwicklung unter den Nationalsozialisten, in der DDR und in der Bundesrepublik zu schildern. Außerdem gebe sie drei Erklärungsansätze für die Entstehung des modernen Sozialstaats wieder. Metzler werde, urteilt der Rezensent, mit all dem ihrem Anspruch gerecht, "der gegenwärtigen Diskussion historische Tiefenschärfe zu geben". Metzler spreche "vieles unbefangen und differenziert" an, lobt Schulz noch, und das Buch sei "gut lesbar, dicht, gedankenreich und anregend", verzichte allerdings, wie der Rezensent bedauert, fast gänzlich auf Literaturbelege.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.03.2003

Gabriele Metzlers Auseinandersetzung mit dem deutschen Sozialstaat hat Ulrike Herrmann nicht überzeugt. Während die Rezensentin in der historischen Analyse der Wohlfahrtspolitik, die von der Bismarckzeit bis in die Nachkriegsjahre reicht, noch einige interessante Einblicke und Parallelen zur heuten Diskussion um die Sozialversicherungen entdeckt, findet sie Metzlers Betrachtung der aktuellen Situation oberflächlich und eindimensional. Die Autorin untermauert ihre Behauptungen selten mit Fakten, kritisiert Hermann, und nach der Lektüre blieben viele Fragen offen. Auch Metzlers Ergebnis, dass der Sozialstaat selbst zum "Pflegefall" geworden ist, kann der Rezensentin nur ein müdes Lächeln abringen. Zu guter letzt hat Hermann auch Metzlers Schreibstil überhaupt nicht gefallen: ihre ungelenke "Wissenschaftsprosa" mache das Werk noch weniger anschaulich.