Jens Gieseke

Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit

Personalstruktur und Lebenswelt 1950-1989/90
Cover: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit
Ch. Links Verlag, Berlin 2000
ISBN 9783861532279
Gebunden, 615 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Die Studie richtet nach Jahren der Beschäftigung mit inoffiziellen Mitarbeitern erstmals den Blick auf jene Personen, die hauptamtlich im größten geheimpolizeilichen Apparat der deutschen Geschichte Verantwortung trugen. Die Untersuchung reicht vom Aufbau der DDR-Staatssicherheit als stalinistische Geheimpolizei, der Entwicklung zur sicherheitspolitischen Universalinstanz bis hin zur schleichenden Legitimationskrise der achtziger Jahre, die schließlich zu Entmachtung und Zusammenbruch führte. In dieser Studie werden zunächst die biogrphischen Prägungen der altkommunistischen Gründerväter und der in den fünfziger Jahren einströmenden jungen Kader betrachtet. Es folgt eine systematische Auswertung der Daten zu Bildung, Geschlechterverhältnissen, Sozialstruktur, politischen und konfessionellen Bindungen, disziplinarischen Verstößen und Personalfluktuation, die in Fallstudien exemplarisch veranschaulicht werden. Im statistischen Anhang wird die Personalentwicklung des MfS detailliert dokumentiert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.09.2001

Erich Mielke als Putschist - undenkbar, meint Peter Jochen Winters nach Lektüre von Giesekes Buch über die Stasi. Die Stasi, erläutert Winters, war kein Staat im Staate, sondern agierte vielmehr als verlängerter Arm der Partei, nicht ohne selbstherrliche Ausnutzung von Spielräumen. Gieseke unterstreiche zwei Faktoren, die die Stasi von allen anderen Einrichtungen der DDR unterschied: es wurde kein Personal von Polizei und Geheimdiensten der Weimarer Republik und des Dritten Reiches übernommen; die Einschwörung als "parteitreue Elitetruppe" und "Wertegemeinschaft" auf die sowjetische Tradition des Tschekismus. Dafür hatte die Stasi - trotz einer Bildungsoffensive Mielkes - Zeit ihrer Existenz mit einem ausgeprägten Antiintellektualismus ihrer Mitarbeiter zu kämpfen. Ausführlich und schlüssig zeichnet Winters Giesekes Gang durch die Geschichte dieser Institution nach, die sich mit ihren 92.015 hauptamtlichen Mitarbeitern im Jahr 1989 tatsächlich zur größten Geheimdienstorganisation der Welt ausgewachsen hatte.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.03.2001

Gerhard Paul erläutert zunächst, dass sich der Autor hier nicht nur mit den verschiedenen Phasen der Stasi und deren "Personalentwicklung, Kaderpolitik und innerer Verfassung" beschäftigt, sondern - im Gegensatz zu vielen anderen Forschern - auch die Widersprüche und "keineswegs geradlinige Praxis der Stasi" ins Visier nimmt. Besonders interessant findet Paul dabei, dass hier Einblicke in die Herkunft und die Lebenswelt der frühen Stasi-Generation möglich gemacht werden und wie Faktoren wie etwa "ideologischer Enthusiasmus, persönliche Identifikation und Elitebewusstsein" im Laufe der Zeit in den Hintergrund traten. Deutlich wird nach Paul in dieser Studie ebenfalls, welche Folgen etwa die Entspannungspolitik für die Stasi hatte und wie sehr sie sich zunehmend von der Bevölkerung abschottete. Einen Vergleich mit der Gestapo ist nach Ansicht des Rezensenten zwar allein schon deshalb nicht ohne weiteres möglich, weil die Tätigkeit der Stasi keinen Genozid zur Folge hatte. Doch der Hinweis auf bestimmte Gemeinsamkeiten wie "rechtliche Entgrenzung und Feindbildinflation" scheint für Paul durchaus nachvollziehbar.

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