Jochen Hörisch

Der Sinn und die Sinne

Eine Geschichte der Medien
Cover: Der Sinn und die Sinne
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783821841953
Gebunden, 443 Seiten, 29,65 EUR

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.07.2010

Beeindruckt zeigt sich Sibylle Cramer von Brigitte Burmeisters Werkbiografie des französischen Autors Claude Simon. Bereits als Mitarbeiterin der Ost-Berliner Akademie der Wissenschaften habe sich Burmeister, für die Veröffentlichung von Simon in der DDR stark gemacht, berichtet die Rezensentin, die auch darauf hinweist, dass Simon ähnlich wie die dänische Dichterin Inger Christensen sein größtes Publikum in Deutschland hatten. Sehr gründlich und sehr subtil findet sie Simons literarisches Universum analysiert und seinen "inneren Verweisungsreichtum" freigelegt. So liest Cramer sehr erhellend über Simons an Proust geschulter Gedächtniskunst, über die Kriegsbilder in seinen Romanen oder seine Auseinandersetzung mit Sartre und lobt am Ende ihrer recht akademischen Rezension diesen "großen Essay" als eine Simons "detailgenauem" Werk offenbar sehr angemessen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.08.2001

Durch und durch zwiespältig ist das Urteil des Rezensenten Morten Kansteiner zu diesem Buch. Er kann ihm den Respekt angesichts der "Fülle von Informationen" und vieler "überraschender Details" in den verschiedensten Kontexten nicht verweigern. Gegen den Zug ins Universalistische und ganz groß Allgemeine mobilisiert er jedoch eine ganze Reihe von Argumenten. Vor allem stecke Hörischs Geschichte der Medien voller Selbstwidersprüche: wann und wieviele Medienrevolutionen es gegeben hat, dazu wechselt, so der Vorwurf, die Ansicht des Autors innerhalb des Bandes. Schon die Grundthese "von der Sinnlichkeit, die die Bedeutung verdrängt" zweifelt Kansteiner an - und ist erfreut, dass auch Hörisch sie selbst wieder unterminiert. Bedauern äußert er darüber, dass der Autor weitaus McLuhan-gläubiger ist als er selbst behauptet: das Medium ist auch für ihn in aller Regel die Botschaft, an seinem "tatsächlichen Gebrauch" zeigt er, so Kansteiner, recht wenig Interesse.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.06.2001

In einem "alten" Medium, dem Buch, über "neue Medien" zu schreiben, habe etwas Widersinniges, bekennt laut Michael Mayer der Autor, dessen "fröhliche Mediengeschichte" dem Rezensenten deshalb auch gar nicht so fröhlich vorkommt. Hörischs Medientheorie sei dem Hegelschen Leitsatz vom Sinn und den Sinnen verpflichtet, so Mayer. In insgesamt drei Phasen unterteile der Autor die Mediengeschichte, in der sich eine Verlagerung und Fokussierung des Sinns auf die Sinne ergeben habe, von der sinnstiftenden Hochkultur des geschriebenen und gesprochenen Wortes bis hin zur Verschränkung der Sinne ohne eindeutige Hierarchie im Computerzeitalter. Hörischs Medientheorie sei nicht völlig neu, meint Mayer, aber selten sei sie so sachkundig aufbereitet und stilistisch brillant vorgetragen worden. Außerdem scheue der Autor nicht, kühne Verknüpfungen zu wagen, was Mayer einer methodologisch verengenden Studie jederzeit vorzieht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.05.2001

Mit allem, was Jochen Hörisch in seiner Geschichte der Medien darlegt, ist Richard Kämmerlings nicht einverstanden. Und doch hat er das Buch mit großem Gewinn gelesen. Nicht nur, dass er den Anfang der Schrift, den Hörisch bei Moses verortet, die Geschichte der Bibliothek und die inflationäre Medienrevolution von Gutenberg bis Tim Barner-Lee faktenreich und didaktisch vorbildlich aufbereitet hat, gefällt dem Rezensenten. Besonders angetan ist er von der hohen Kunst des Autors, in seiner Analyse Analogien zwischen Theologie, Ökonomie und Massenmedien herzustellen und viele originelle Beobachtungen festzuhalten. Hörisch ist für Kämmerlings ein echter "Assoziationsprofi", versiert im Aufspüren von Ober- und Zwischentönen, versiert auch in der eleganten Verknüpfung von disparatem Material. Nur, schränkt Kämmerlings ein, schlägt gerade die rhetorische Brillanz dem Autor manches Schnippchen. Etwa wenn Hörisch in seinem Ansinnen, so unterschiedliche Sichten wie die von Georg Simmel und McLuhan zusammenzubringen, übersieht, dass gerade die zitierten Aussagen der beiden Denker inhaltlich in einem eklatanten Widerspruch zueinander stehen. Trotzdem, meint Kämmerlings - Jochen Hörisch hat den neuesten Bibelkommentar in Sachen Medienpredigt geschrieben.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2001

Als "Muss für alle Medieninteressierten" lobt Christian Jürgens das Buch des Mannheimer Literaturwissenschaftlers Jochen Hörisch. Der Autor hat in seiner Mediengeschichte viele historische und technische Daten aber auch "schöne Anekdoten" zum Thema Kommunikation zusammengebracht, so Jürgens. Hörischs Grundthese laute, dass die religiöse Währung der Hostie in der Neuzeit von der monetären Währung abgelöst wurde, die nun wiederum von der Informationswährung der CD-Rom ersetzt würde. Der postalische Verkehr sei heute an die Stelle des sexuellen getreten, denn Kommunikation erzeuge lediglich Kommunikation. War die frühe Mediengeschichte auf "Sinn" ausgerichtet, lenke die neuere Mediengeschichte die Aufmerksamkeit mehr auf die "Sinnlichkeit". Literarischen Zuspruch für seine Dichotomie von "Sinn" und "Sinnlichkeit" findet der Autor in Texten von Gottfried Keller und Franz Kafka. Wie Jürgens lobt, ist Hörischs Mediengeschichte also voller Fakten und Überraschungen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de