Jörg Magenau

Martin Walser

Eine Biografie
Cover: Martin Walser
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005
ISBN 9783498044978
Gebunden, 624 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Einst galt er als Kommunist, dann als deutschnationaler Einheitsphantast, zuletzt geriet er gar unter Antisemitismusverdacht. Martin Walser hat Konflikte geradezu magisch angezogen, oft nur deshalb, weil er, ausgestattet mit einem sensiblen Geschichtsgefühl, dem Zeitgeist stets ein paar Jahre voraus gewesen ist. Die erste umfassende Biographie des streitbaren Schriftstellers vom Bodensee untersucht dessen spannungsvolles Verhältnis zur deutschen Geschichte und zur Öffentlichkeit, das stets geprägt war von dem Zwiespalt, sich einmischen und zugleich zurückziehen zu wollen. Sie erzählt von Wandlungen, Werk und Wirken und von wichtigen Freundschaften...

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.04.2005

Schon nach dem ersten Satz hat der Rezensent Heribert Hoven die Hände über den Kopf geschlagen: Jörg Magenau ist befangen! Er ist seinem Gegenstand (sprich: Martin Walser) zu nah! Doch damit nicht genug: Magenau schließt unerschrocken vom Werk zum Leben, liest Walsers Romane als "Chronik seines Empfindens" und somit als "fortgesetzte Autobiografie"! Doch passiert laut Rezensent etwas Erstaunliches: Magenau liefere, vielleicht gerade weil er die Gebote des Biografen bricht, ein "stimmiges Bild" des Menschen und Schriftstellers Martin Walser, in dem sowohl der liebesbedürftige Walser als auch der auffahrende Walser porträtiert werde. Strenge Urteile jedoch über Walsers zeitweise unmögliches Gebaren seien Magenaus Sache nicht. Lieber erläutere er Walsers Credo des "dialektischen Dissenses" und erkläre ihn zum seismografisch sensiblen "Stimmungs-Avantgardisten", der aufgrund seiner Unzeitgemäßheit als Störenfried empfunden werde. Insgesamt, so das wohlwollende Fazit des Rezensenten, liefert Magenau ein "Unschärfebild", das Walser vor vorschneller Etikettierung bewahre, das aber auch zum Widerspruch reize.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.03.2005

Roman Luckscheiter beginnt mit den Verdiensten des Biografen: Er hat sich vom Rechtfertigungszwang - warum ausgerechnet Walser? - nicht beirren lassen, er charakterisiert Walser trefflich als "Stimmungs- Avantgardisten", der als "bekennender Kleinbürger" antrat, "den kulturellen Alleinvertretungsanspruch des von Thomas Mann personifizierten Typus des Großbürgers zu brechen", er rekonstruiert die Beziehung zu Uwe Johnson und ihren Einfluss auf das Schaffen Walsers, und er zeigt, dass das Verhältnis zu Suhrkamp bereits zu Unselds Lebzeiten litt. Doch letztere Erkenntnis Magenaus nimmt Luckscheiter zum Anlass, auf die Schwächen seiner Biografie - die bei Rowohlt, dem neuen Verlag Walsers, erscheint - hinzuweisen: Der Autor ist in einem Maße parteilich, das den Wert seiner Einsichten schmälert. Anstatt beispielsweise einfach die Verwurzeltheit der Paulskirchen-Argumente in Walsers früheren Schriften aufzuzeigen, nimmt Magenau sie zum Anlass, Walsers Kritiker zu schmähen. Anstatt zu sensibilisieren und Argumente wirken zu lassen, will er recht behalten. Fazit: Erkenntnisreich, aber zu einfühlsam, mit zu wenig Überblick verfasst.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.03.2005

Christoph Bartmann fühlt sich zuallererst genötigt, Jörg Magenau zu entschuldigen. Man dürfe nicht erwarten, dass einem hier allzu viel Unbekanntes präsentiert wird. Das liege aber nicht an Magenau, sondern an Walser, der "nun einmal seit fünfzig Jahren kein Unbekannter" ist. Genau so wenig dürfe man hoffen, das einem dieses Neue beim Verstehen von Walser weiterhilft. Und schließlich gesteht der Autor, gar kein Bedürfnis zu haben, mehr von Walsers Leben zu erfahren. Er hat nach eigener Aussage höchstens ein paar Fragen zu Walsers Büchern und anderen Aussagen, "aber keine einzige an sein Leben". Die Biografie ist nicht zuständig für das "Provokante" an Walsers Werk, erklärt der Rezensent. Denn mit Walsers Leben hätten die vieldiskutierten Äußerungen wenig zu tun, vielmehr liege ihnen ein eigenständiger "sprachlicher Überschuss" zugrunde. Dann findet Bartmann aber doch noch Interessantes: Zum einen merkt er, wie stark Walser von seinem Hausverlag Suhrkamp geprägt wurde, weshalb sich Magenaus Buch auch über "lange Strecken" wie eine "Literaturbetriebsbiografie mit ständiger Rücksicht auf die aktuelle Zimmertemperatur im Hause Suhrkamp" lese. Interessanter findet der Rezensent die heutige Zeit. Das "spannendste" Kapitel, das über den Antisemitismusvorwurf des FAZ-Herausgebers Frank Schirrmacher, stellt Magenau "beinahe im Protokollstil" dar, notiert Bartmann, der dieses Vorgehen aufgrund der heiklen Sachlage auch nicht kritisiert. Und die letzte Überraschung für den Rezensenten: "Abseits der betriebsbedingten Haupt- und Staatsaktionen ist es gar nicht so schwer, an Martin Walser Gefallen zu finden."
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de