Jörn Leonhard

Die Büchse der Pandora

Geschichte des Ersten Weltkriegs
Cover: Die Büchse der Pandora
C.H. Beck Verlag, München 2014
ISBN 9783406661914
Gebunden, 1157 Seiten, 38,00 EUR

Klappentext

Jörn Leonhards Synthese zeigt, wie die Welt in den Krieg hineinging und wie sie aus ihm als eine völlig andere wieder herauskam. Sie nimmt nicht nur die Staaten und Nationen in den Blick, sondern auch die Imperien in Europa und weit darüber hinaus. Sie beschreibt die dynamische Veränderung der Handlungsspielräume, die rasanten militärischen Entwicklungen und die immer rascheren Wandlungen der Kriegsgesellschaften. Und sie lässt die Erfahrungen ganz unterschiedlicher Zeitgenossen wieder lebendig werden: von Militärs, Politikern und Schriftstellern, Männern und Frauen, Soldaten und Arbeitern. Doch die Gewalterfahrungen des Weltkrieges endeten nicht mit den Friedensverträgen nach 1918, sondern setzten sich in Europa und der ganzen Welt im Namen neuer Ordnungsvorstellungen und radikaler Ideologien fort - als wäre damals die Büchse der Pandora geöffnet worden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.06.2014

Urszenen gegenwärtiger Konflikte entdeckt Jens Bisky in Jörn Leonhards monumentaler Geschichte des Ersten Weltkriegs. Den Krieg versteht er auch, wenn ihm der Autor anhand von klug geordneten Details und Anekdoten, Fotos und Briefen Schlaglichter auf das Geschehen bietet, alles in einem plausiblen analytischen Rahmen, wie Bisky versichert, dem die Zusammenfassungen ausgangs jedes Kapitels Orientierung verschafft haben. Ein bisschen Geduld braucht der Rezensent, bis der Autor zum eigentlichen Kriegsausbruch kommt, doch bis dahin hat er schon viel gelernt. Über die einzelnen Elemente der "Urkatastrophe", darüber, wie Loyalität erzeugt wurde, wie Eliten und Massen zusammenspielten und über Erinnerungsformen. Dass vom Autor aufgezeigte Kontinuitäten hier nicht zu Zwangsläufigkeit führen, rechnet Bisky Leonhard hoch an, auch seine historische Distanz und dass er die Frage der Kriegsschuld locker umschifft, um sich Spannenderem zuzuwenden. Ein derartig reflektiertes wie kühnes Nebeneinander von Militär-, Wirtschafts-, Mentalitäts- und Gesellschaftsgeschichte, meint der Rezensent, ist was für den Profi wie auch für den historisch interessierten Leser.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.05.2014

Als Beginn einer neuen Epoche der Weltkriegsgeschichte bezeichnet Hans-Ulrich Wehler das Buch des Neuzeithistorikers Jörn Leonhard. Für Wehler kommt der Autor einer "Totalgeschichte" erstaunlich nahe, indem er Problembewusstsein, analytisches Fragen und "erklärungskräftiges" Antworten mit argumentativ vergleichender Ereignisgeschichte glücklich vereint. Die riesige Fülle an Informationen im Band wird laut Rezensent auf die Art glänzend strukturiert. Am Ende von 1150 Seiten weiß Wehler nicht nur über den Ersten Weltkrieg als globale Konflikthäufung und Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs Bescheid, auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den kriegsbeteiligten Ländern kann ihm der Autor vor Augen führen. Sprachlich elastisch und begriffsscharf, mit überzeugendem Anmerkungsteil, Register und einer Bibliografie, die Wehler meisterhaft nennt, sticht der Band für den Rezensenten aus der Fülle der Erscheinungen im Weltkriegsjahr weit heraus.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.04.2014

Ganz großer Wurf, jubelt Michael Hesse angesichts von Jörn Leonhards Geschichte des Ersten Weltkriegs. Das Buch hält er für exzeptionell nicht nur im Umfang, sondern vor allem seiner analytischen Schärfe und logischen Strenge wegen. Der Freiburger Historiker fächert dem Rezensenten Bedingungen, Handlungen und Folgen des Krieges auf, ohne sklavisch der Chronologie zu folgen. Lieber, so Hesse, geht der Autor umsichtig in begrifflich-kategorialen Schritten vor. Dass der Autor die nationale Perspektive hinter sich lässt und globalen Verflechtungen nachspürt, hält Hesse für ein weiteres Plus der Arbeit. Ebenso gefällt ihm die Sicht auf den Krieg als Zäsur. Eine Perspektive, die der Autor mit einer Absage an die Frage nach der moralischen Schuld verknüpft.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.04.2014

Der Beginn des Ersten Weltkriegs jährt sich im August zum einhundertsten mal, und jede Menge Autoren haben das zum Anlass genommen, die Geschichte noch einmal aufzurollen, weiß Adam Tooze. Jörn Leonhards "Die Büchse der Pandora" dürfte das bedeutendste von ihnen sein, vermutet der Rezensent. Anhand von Reinhart Kosellecks Begriffen des Erfahrungsraums und des Erwartungshorizonts versucht Leonhard zu erklären, was den speziellen Schock ausmachte, der mit dem Krieg einherging, erklärt der Rezensent. Waren zuvor die Erwartungen der Erfahrung vorausgeeilt, stürzte der Krieg dieses Verhältnis auf den Kopf, was zu einer Explosion der Erwartungen führte: plötzlich reizten die Staaten alle ihre Mittel aus, was Leonhard als "Crashtest der europäischen Staatlichkeit" beschreibt, so Tooze. Mit seinem Fokus auf die europäische Dimension des Krieges, insbesondere auf Osteuropa, entfernt sich Leonhard souverän von den aktuellen "Trends der Historikerzunft", lobt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.03.2014

Der Historiker Jörn Leonhard hat sich mit "Die Büchse der Pandora" an einer Universalgeschichte des Ersten Weltkriegs versucht, in der er von der Waffentechnik bis zur Krise der Schlachtenmaler und der Auswirkungen des Krieges auf China so ziemlich alles behandelt, berichtet Stefan Reinecke, den zwar Leonhards Wissen beeindruckt hat, der sich angesichts der vielfach verschachtelten Sätze aber etwas mehr Rücksicht auf das ästhetische Empfinden der Leser gewünscht hätte. Am spannendsten ist Leonhards Buch, wenn er weniger bekannte Themen behandelt, findet der Rezensent. Allerdings scheint der Autor sich davor zu hüten, seine Thesen zuzuspitzen, was dann manchmal dazu führt, dass ein Wust von Informationen ohne ersichtliche Ordnung nebeneinander steht, meint Reinecke.