Julius Posener

In Deutschland 1945 bis 1946

Cover: In Deutschland 1945 bis 1946
Siedler Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783886807550
Gebunden, 208 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Nachwort von Alan Posener. Der Architekt Julius Posener, aus jüdischer Familie stammend und in Berlin-Lichterfelde aufgewachsen, hatte Deutschland 1935 verlassen müssen und war nach Palästina ausgewandert, wo er sich im Mai 1941 als Freiwilliger zur britischen Armee meldete, um am Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland teilzunehmen. Am 6. April 1945 überquert er bei Xanten den Rhein, das Kriegsende erlebt er im zerbombten Bocholt. Am 31. Dezember 1946 verlässt er Deutschland und kehrt nach Palästina zurück. Dazwischen liegt eine Erkundungstour durch die britische Besatzungszone, die Posener unter anderem nach Köln, Düsseldorf, Lennep, Mülheim, Herford und Münster führt...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.07.2002

Peter Neitzke kommt nicht umhin, dieses Buch, dass die Beobachtungen des Architekten Posener im ersten Nachkriegsjahr in Deutschland gewonnen hat, mit den Eindrücken von Hannah Arendts "Besuch in Deutschland" zu vergleichen. Er stellt fest, dass Poseners Urteile erheblich zurückhaltender ausfallen und seine Beobachtungen insgesamt von großer Behutsamkeit geprägt sind. In dem Bericht, der 1947 in Israel und erst jetzt in Deutschland erschienen ist, werden durchaus auch "schonungslose Tatsachen" beim Namen genannt, so der Rezensent. Doch überwiegt ein "milder" Ton, der sicher auch der Überlegung des Autors geschuldet ist, eines Tages vielleicht doch wieder nach Deutschland zurückzukehren. Am meisten überrascht es Neitzke, dass Posener ein durchaus positives Bild der Deutschen zeichnet und ihre Gastfreundschaft lobt, auch wenn der Autor erkennt, dass es unmöglich ist, mit den Deutschen über ihre Schuld zu sprechen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.03.2002

Die Aufzeichnungen von Julius Posener - der vor den Nazis nach Paris floh, von dort 1935 weiter nach Palästina, sich 1941 zur britischen Armee meldete, im Krieg gegen Deutschland kämpfte, später das Nachkriegsdeutschland erlebte und schließlich 1961 als Professor für Geschichte der Architektur an der TU Berlin nach Deutschland zurückkehrte -, sind, meint Klaus Harpprecht, "eine beklemmende Dokumentation" über das große Thema Nationalsozialismus und die Schuld der Deutschen. Sehr "fair" ginge der Ingenieur dabei mit den Deutschen ins Gericht, so der Rezensent. Posener thematisiere natürlich die Mitwisserschaft und die Stützung der Nazis, klage aber auch die repressiven Maßnahmen der Sieger gegenüber dem deutschen Volk an. Sein "kritischer Essay" aus den Jahren 1945 bis 1947, der in wenigen hektografierten Exemplaren 1947 in Jerusalem erstmals veröffentlicht wurde und nun von seinem Sohn Alan, Feuilleton-Redakteur bei der "Welt", wiederaufgelegt und mit einem "gescheit-bewegenden" Nachwort versehen wurde, kann der Rezensent nur jedem empfehlen, der sich ein dichteres Bild über die Lebensverhältnisse der NS- und der Nachkriegszeit verschaffen möchte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.02.2002

Als "eindrucksvolles Dokument" jener Zeit bezeichnet Christoph Jahr in seiner Rezension den Bericht Poseners, "der die selbstsüchtige Natur des Menschen ohne Larmoyanz oder moralische Überheblichkeit hinnimmt". Jahr skizziert den Lebensweg des Autors, der nach dem Architekturstudium in Berlin 1935 nach Palästina emigrierte und 1945 als Soldat der britischen Armee nach Deutschland zurückkehrte. 1947 veröffentlichte Posener bereits seine "Beobachtungen im besiegten Deutschland" in wenigen Exemplaren in Israel. Das eigentliche Interesse des Autors galt den besiegten Deutschen, deren "muntere und gepflegte Erscheinung der Zerstörung nicht entspricht", erklärt Jahr. Einen "ehrlichen Selbstbetrug" nannte Posener die Haltung der Deutschen, die Lasten des Potsdamer Abkommens und die Ungerechtigkeiten des Entnazifizierungverfahrens gegen die eigene Schuld aufzurechnen. Die Kraft zum moralischen Neuanfang erblicke der Autor nur in wenigen Personen, die er aber mit großer Sympathie porträtiert, lobt der Rezensent. "Bestechend" findet er auch Poseners Analyse der geschickten Politik Adenauers, die "den Deutschen einen festen Anker in diesen unsicheren Zeiten zu geben vermochte".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.02.2002

Alexander Menden ist von den Aufzeichnungen, die der Architekturhistoriker als britischer Besatzungssoldat in Deutschland 1945/46 niederschrieb und die erstmals vor 55 Jahren in einer kleinen Auflage in Jerusalem erschienen, begeistert und er preist den Autor sowohl für seine genauen Beobachtungen wie für seine "luziden" und dabei "erstaunlich akkuraten" Analysen der entstehenden politischen Landschaft. Für Menden pendeln die Erinnerungen des Autors zwischen dem Versuch, Verständnis für die Deutschen zu entwickeln und der Fassungslosigkeit angesichts der Judenvernichtung, doch seien sie nicht als "Apologie" zu verstehen, betont der Rezensent. Dennoch ist es insbesondere die "emphatische Sicht" des Autors, die Menden anspricht.
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