Karen Armstrong

Im Kampf für Gott

Fundamentalismus in Christentum, Judentum und Islam
Cover: Im Kampf für Gott
Siedler Verlag, München 2004
ISBN 9783886807697
Gebunden, 624 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Barbara Schaden. Seit dem späten zwanzigsten Jahrhundert sieht sich die Welt mit dem Aufkommen fundamentalistischer Bewegungen konfrontiert, die die Vorherrschaft westlicher, säkularer Werte in Frage stellen und sich aggressiv und gewaltsam Gehör verschaffen - ob in Oklahoma City, Jerusalem, New York, Madrid oder anderswo. Fundamentalismus lässt sich heute in jeder großen Glaubenstradition beobachten. Es ist eine kampfbereite Form der Religiosität, die zu ignorieren wir uns nicht mehr leisten können.
Karen Armstrong untersucht drei Beispiele: protestantischen Fundamentalismus in den Vereinigten Staaten, jüdischen in Israel und islamischen im sunnitischen Ägypten und im schiitischen Iran. Dabei geht sie bis ins Jahr 1492 zurück, um zu zeigen, wie sich in Christentum, Judentum und Islam - parallel und in enger Verbindung miteinander - fundamentalistische Bewegungen als Reaktion auf die gravierenden Umwälzungen der Moderne entwickelten.
Der Fundamentalismus, so ihre zentrale These, ist keineswegs ein Rückfall ins Mittelalter, sondern in jeder Hinsicht ein Produkt der Moderne: in seinen Methoden, seinen Ursprüngen, seinen Zielen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.10.2004

In diesem Buch, so die Rezensentin Hilal Sezgin, befasst sich Karen Armstrong mit den "unschönen, fundamentalistischen Entwicklungen" innerhalb der drei großen monotheistischen Religionen. Gemessen an Armstrongs anderen, herausragenden Büchern halte "Der Kampf für Gott" leider eine "leichte Enttäuschung" parat. Und das in zweierlei Hinsicht: Zum einen liefere das Buch zwar "furchtbar viel Material", überlasse die Schlussfolgerungen aber oft dem Leser, und zum anderen gerate die Darstellung der islamischen Theologie und Philosophie mitunter etwas "verschwommen" - vielleicht, so vermutet die Rezensentin, weil sich Armstrong für eine synchrone Gegenüberstellung der drei Religionen entschieden hat, obwohl es deren Entwicklung an Synchronizität mangelt. Insgesamt hat das Buch jedoch enorm wertvolle Einsichten zu bieten, was das Wesen des Fundamentalismus und seinen "fatalen Irrtum" angeht, Mythos und Logos zu verwechseln oder zum ein und selben zu erklären, meint Sezgin.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2004

Als "überaus nützliches Hilfsmittel" für all jene, die den Fundamentalismus in seinen Ausprägungen genauer verstehen wollen, preist Micha Brumlik das Buch von Karen Armstrong. Armstrong spürt den Ursprüngen im evangelischen Christentum, Islam und Judentum bis in fünfzehnte Jahrhundert zurück und widerspricht damit der These vom Fundamentalismus als einer bloßen Reaktion auf die Moderne, erklärt der Rezensent. "Sehr viel überzeugender" findet er aber den zweiten Teil des Buches, in dem Armstrong in sechs Kapiteln und vergleichend die Entwicklung der jeweiligen fundamentalistischen Anschauungen darstellt. "Gut lesbar und stets nachvollziehbar" gelinge ihr besonders die Darstellung der jüdischen intellektuellen Diskussionen im 19. Jahrhundert. Das war "so bisher nicht zu lesen", lobt Brumlik. Allerdings schleichen sich bei der Menge an Stoff auch "Fehleinschätzungen" ein, bemerkt er und kritisiert außerdem, dass beizeiten "die Voreingenommenheit der Autorin allzu deutlich durchschlägt".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2004

Nicht so ganz überzeugt zeigt sich Rezensent Hans G. Kippenberg von Karen Armstrongs Versuch einer Religionsgeschichte der drei monotheistischen Religionen in der Moderne. Zwar geling es der Autorin seiner Ansicht nach, aus der Geschichte der Moderne ein "religionsgeschichtliches Drama" herauszupräparieren: Laut Armstrong haben sich unter der Oberfläche der Theologien Erdrutsche ereignet, die Umwälzungen der Moderne haben die Religionen im Kern verändert. Kippenberg hebt aber hervor, dass eine Religionsgeschichte der Moderne auch nach diesem Wurf ein Desiderat bleibt. Zu breit erscheinen ihm die Pinselstriche, mit denen die Autorin ihr Bild aufträgt. Dass sie Ereignisse wie die iranische Revolution, die Ermordung von Präsident Sadat oder Ministerpräsident Rabin mit vielen weiteren Vorgängen zu einer "Schlacht um Gott" zusammenfassen möchte, behagt dem Rezensenten nicht. Nichtsdestoweniger wertet er ihr Buch ganz konziliant als einen richtigen Schritt. Jedes zukünftige Vorhaben dieser Art, prophezeit der Rezensent, wird von Armstrongs Arbeit profitieren.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2004

Karen Armstrong hat es sich für den Geschmack von Rezensent Friedrich Niewöhner in diesem Buch zu leicht gemacht mit dem Fundamentalismus. Wer "als Jude (oder Christ oder Muslim) glaubt, seine Religion ('Mythos') zu säkularen Zwecken ('Logos') einsetzen zu können, der ist ein Fundamentalist", fasst er die These des Buches zusammen - und in der "Trennung" jedes mystischen Mythos vom strengen wissenschaftlichen Denken läge demnach also das Heil "unserer manichäistischen Welt". Außerdem bescheinigt der Rezensent dem Buch zwar ein "gewaltiges Programm" - im ersten Teil geht es um alle geistesgeschichtlichen Strömungen von Judentum, Christentum und Islam von 1492 bis 1870, und im zweiten dann um die modernen fundamentalistischen Bewegungen der drei Weltreligionen - und der Autorin sogar, dazu ein "großes Wissen" darzulegen. Aufgefallen sind Niewöhner aber auch "erstaunliche Fehlurteile" - die er sich daraus erklärt, dass die Autorin offenbar ausschließlich mit Sekundärliteratur gearbeitet habe.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.09.2004

Trotz einiger kritischer Anmerkungen zeigt sich Richard Herzinger beeindruckt von dieser "großen Studie" über Ursprünge und Geschichte des religiösen Fundamentalismus der britischen Religionswissenschaftlerin Karen Armstrong. Hinter ihrer zentralen These, der Fundamentalismus sei eine Angstreaktion gegen die moderne säkulare Welt, erblickt Herzinger auch einen Appell an das säkulare Bewusstsein, das rationale Denken nicht länger zu verabsolutieren, sondern die Mythen und Rituale des Glaubens wieder in seinen Horizont aufzunehmen. Der Forderung der Autorin, sich den im Fundamentalismus zum Ausdruck kommenden Ängsten mit mehr Empathie zuzuwenden, begegnet Herzinger mit Skepsis. Sie erscheint ihm vor dem Hintergrund ihrer eigenen Analyse des unversöhnlichen Gegensatzes zwischen rationalistischen und dem ihm fremd und unverständlich bleibenden fundamentalistischen Bewusstsein als "nahezu naiv". Allerdings fragt er sich auch, ob sich die Grenze zwischen säkularer Moderne und religiösem Antisäkularismus so linear und strikt ziehen lässt, wie es Armstrong tut. Fraglich erscheint ihm ferner, ob man den jüdischen, christlichen und islamischen Extremismus tatsächlich auf einer Ebene abhandeln kann - schließlich gebe es weder einen christlich noch einen jüdisch legitimierten globalen Terrorismus. Den "bleibenden Wert" von Armstrongs Studie sieht Herzinger in der "Gelehrsamkeit, mit der sie uns durch die Verästelungen jener weithin unbekannten Gegenwelt religiöser Aufbruchsbewegungen führt, deren Geschichte die Entwicklung der Neuzeit begleitet wie ein ungeliebter Zwilling".