Konrad Adam

Die deutsche Bildungsmisere

PISA und die Folgen
Cover: Die deutsche Bildungsmisere
Propyläen Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783549071663
Gebunden, 192 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Deutschlands Bildungswesen, einst als vorbildlich gerühmt, steckt in einer tiefen Krise. Im internationalen Vergleich liegen wir weit abgeschlagen im Schlussfeld. Dabei ist Bildung unser wichtigstes Zukunftskapital. Der Publizist Konrad Adam analysiert die Ursachen der deutschen Bildungsmisere und plädiert für eine Rückbesinnung auf bewährte Inhalte und Strukturen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.12.2002

Der Autor, bekannt als ehemaliger Bildungsredakteur der FAZ, hat sein übliches Hühnchen zu rupfen mit der Schule, seit "die 68er" sie zerstört haben, meint Christian Füller, aber dennoch findet er ihn "herrlich provokant und konservativ" in seiner Schreibhaltung und hat ihn auch diesmal offenbar wieder mit Lust gelesen. Dennoch findet der Rezensent erstaunlich, dass Adam die Pisa-Studie über so viele Seiten hinweg so lange gegen ihre eigene Aussage kämmt, dass er sie schließlich für seine alte These von der Zerstörung des Leistungsprinzip durch "die 68er" gebrauchen kann. Füller argumentiert dagegen: "Nicht linke Aktivisten" fordern diesmal, "die Gymnasien sofort niederzureißen, sondern alteingesessene Organisationen wie die Handwerkskammer Baden-Württemberg fordern ein schrittweises Umdenken" und eine bessere finanzielle Ausstattung der Grundschulen. Aber Füller stellt auch fest, dass kaum eine Bildungsdiskussion je ganz ideologiefrei abläuft, - und bei Adam wisse man immerhin wo dran man ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.11.2002

Etwas ratlos lässt Konrad Adams Buch über die "deutsche Bildungsmisere" Rezensentin Jeanne Rubner zurück. Denn so richtig kann sich ihrer Meinung nach der Autor nicht entscheiden: soll er Pisa nun gut finden oder nicht? Einerseits nutze er das Pisa-Desaster nicht nur als Aufhänger für sein Buch, sondern auch als Beleg dafür, dass Deutschlands Bildungssystem im Kern verrottet sei. Andererseits sei ihm als Anhänger eines klassischen Bildungsbegriffs die Verwertbarkeit des schulischen Wissens zuwider. "Verdienstvoll, aber nicht relevant, interessant, aber nicht maßgeblich", fasst die Rezensentin Adams Urteil über die Pisastudie zusammen. Unterschwellig bleibt Adam der Idee eines klassischen Bildungskanons verpflichtet, jedoch skeptisch gegenüber Pisa, hält Rubner fest. Trotzdem kommt er nach ihrer Einschätzung nicht umhin, Pisa als Beweismittel zu bemühen, um die Ganztagsbetreuung zu geißeln. Den Zusammenhang, den Adam zwischen den Pisa-Leistungen der Bundesländer und der Zahl ihrer Krippenplätze oder Ganztagsschulen konstruiert, findet Rubner allerdings nur "verquer".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.11.2002

Eine "glanzvolle und notwendige Streitschrift" erblickt Ulrich Greiner in Konrad Adams Buch über die "deutsche Bildungsmisere". Ihr einziger Fehler besteht für Greiner darin, dass sie zu kurz ist und eine wesentliche Ursache des allseits beklagten Zustands nicht benennt - die weitgehend ausgebliebene Auseinandersetzung der Lehrergeneration der fünfziger und sechziger Jahre mit ihrer oft braunen Vergangenheit. So zerfiel das System der deutschen Schul- und Universitätsbildung unter dem Ansturm einer radikalen Minderheit, erklärt Greiner: "Galt vorher Leistung alles, so galt sie jetzt nichts." Wie er fortfährt, vertritt Adam einen dezidiert konservativen Bildungsbegriff, der zu allem quer stehe, was derzeit in Kultusbürokratien und Wirtschaftskreisen gefordert werde. So zeige Adam beispielsweise, wie schön es sei, Griechisch zu lernen. Das sichert ihm Greiners Sympathie. Zustimmung findet Adam bei Greiner auch, wenn er fordert, bei der Bildungsmisere nicht auf eine Lösung von oben zu warten: "Wir müssen anfangen, selber zu denken und zu handeln", schließt der Rezensent, "und dafür ist Adams Buch eine Hilfe, die Kopf und Herz in Bewegung setzt."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Die PISA-Studie hat, beobachtet Katharina Rutschky leicht amüsiert, allerorts "Panik und schlechte Laune verbreitet". Das komme manchem wohl gelegen, mutmaßt die Rezensentin und hat gleich Konrad Adam unter Verdacht. Denn dessen Buch, schimpft Rutschky, sei eine "einzige und darum auch recht monoton zu lesende Philippika", die die Bildungsreform der 68er "ironiefrei" und "ungerecht" anzuprangern trachte. "Historisch zweifelhaft" verkläre der Autor stattdessen das Bildungsideal der Kaiserzeit, ohne ein Wort über den Ausschluss der Mädchen oder über sozial schlechter Gestellte zu verlieren, geschweige denn zu problematisieren, was die "bürgerliche Kultur" der Menschheit so beschert habe. Und, fragt die Rezensentin eher rhetorisch, was spreche dagegen, dass im Zuge der 68er die Prügelstrafe und das Schulgeld für höhere Schulen abgeschafft worden seien. Man könne zwar eine Menge an den Ideen und Programmen kritisieren, aber eine Bilanz der Entwicklung der letzten dreißig Jahre sollte mehr beinhalten als eine "Ausschüttung von Ressentiments", denkt Rutschky.