Michel Baeriswyl

Chillout

Wege in eine neue Zeitkultur
Cover: Chillout
dtv, München 2000
ISBN 9783423242080
Taschenbuch, 260 Seiten, 14,32 EUR

Klappentext

Die Tempoexzesse der Industriegesellschaften führen in eine ökonomische, ökologische, politische, soziale und psychologische Sackgasse. Wir sind zu einer Nonstoppgesellschaft geworden, in der rund um den Globus produziert und kommuniziert wird - je schneller, desto besser. Doch es reicht nicht aus, das "Lob der Langsamkeit" als Gegenmelodie anzustimmen. Verlangsamung ist bloß die leisere Stimme jenes mächtigen Chors, dessen wahre Hymne die Herrschaft über die Zeit ist. Es gilt, den Zeitskalen ökologischer, sozialer und psychischer Systeme nachzuspüren, um eingebettete Zeitmaße für menschliches Handeln zu finden. In dieser Analyse unseres Umgangs mit der Zeit widmet sich Michel Baeriswyl sowohl den naturwissenschaftlichen als auch den kulturellen und psychologischen Konsequenzen dieses Umgangs. Er verbindet aktuelle wissenschaftliche Fakten mit der Kenntnis der jüngsten "Zeittrends" wie beispielsweise den Chillout-Rooms der Techno-Jünger.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.08.2000

Mit etwas Skepsis betrachtet der Rezensent mit dem Kürzel "rox" den Ansatz des Sozialpsychologen Michael Baeriswyl. Der propagiert die aus der Technoszene stammende Kultur des `Chillouts` als erfolgversprechende Alternative zum modernen, gehetzten Umgang mit Zeit und betrachtet die in dieser Subkultur praktizierte Form des Ruhigwerdens (eine Reaktion auf und eine Folge von Exzessen) als "konstituives Ritual einer Generation [?], die genug hat vom Dauerexzess". Dass diese Räume und Rituale tatsächlich Ruhe schaffen, dass sie "Kirchen der Neuzeit" sind, zweifelt der Rezensent an und wendet ein, dass sich wohl eher "der ausgeruhte Körper nach einer kurzen Pause mit neuem Elan wieder in die Exerzitien der Beschleunigung stürzt".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.07.2000

In einer Doppelbesprechung hat sich Manuela Lenzen die folgenden Titel zum Thema einer neuen Zeitkultur vorgenommen:
1) Michel Baeriswyl: "Chillout"
Nicht nur die allseits beklagte Beschleunigung des Alltags ist das Problem, dem sich der Schweizer Sozialpsychologe und Kulturphilosoph zuwendet, schreibt die Rezensentin. Vielmehr geht es ihm um die "Kolonisierung natürlicher Rhythmen", was heißt, dass die "Eigenzeiten" unterschiedlicher Systeme nicht beachtet werden. Ein einfaches Beispiel: Unfälle wie die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl oder die Havarie der Exxon Valdez fanden immer zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden statt, wenn "der Mensch ins Bett gehört" und nicht in Kontrollräume. Komplexere Beispiele sind die Langzeitwirkungen z.B. von Schadstoffen und die eher kurzsichtigen, an der eigenen Lebenszeit gemessenen "Aktivitäten des Homo sapiens". Kurzum, es geht dem Autor um ein Nachdenken über "synchronisierte Schnittstellen von Systemen", um eine "Fehlerfreundlichkeit" neuer Technologien, und um Zeitinseln der Regeneration, dem Chill-Out-Room der Techno-Kids, nach dem das Buch benannt ist. Manuela Lenzen findet dies eine "pointierte Studie", die jedoch an der Menge von "ökologischen Gemeinplätzen" leidet, aus denen man sich das Interessante herauspicken muss.
2) Stewart Brand: "Das Ticken des langen Jetzt"
Der Autor dieses Buches ist Mitbegründer der amerikanischen Long Now Foundation, die sich Gedanken zur Langfristigkeit macht und versucht, konkrete Projekte des Umdenkens zu schaffen. Dazu gehört, so berichtet Lenzen, z.B. eine Uhr, die 20 000 Jahre halten soll und pro Jahr nur einmal tickt. Und vor die Jahreszahl 2000, die man soeben stolz erreicht hat, wird eine 0 gesetzt, - 02000, und damit der simple Hinweis auf eine sehr viel längere Perspektive. Mit solchen "einfachen Tricks" gelingt es dem Autor, so die Rezensentin, den Leser in die "langfristige Perspektive" zu locken. Nebenbei weist die Rezentin auf die Internetadresse der Long Now Foundation hin: www.longnow.org
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