Niall Ferguson

Politik ohne Macht

Das fatale Vertrauen in die Wirtschaft
Cover: Politik ohne Macht
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), Stuttgart - München 2001
ISBN 9783421053404
Gebunden, 464 Seiten, 25,46 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Klaus Kochmann. Niall Ferguson liefert eine historische Gesamtdeutung nach der Epochenzäsur 1989: Der demokratische Wohlfahrtsstaat ist für die eigentlichen Gefahren der Zukunft nicht gewappnet. Der freie Markt gilt vielen als die letzte und einzige Möglichkeit, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Spannungen auszugleichen. Unterdessen ist der Politik die Handlungsmacht abhanden gekommen, das Primat der Wirtschaft diktiert das Geschehen. Ein Buch, das alle Sozialstaats-, Globalisierungs- und Parteiendebatten der letzten Jahre kleinmütig und nebensächlich erscheinen lässt. Ferguson beweist das Gegenteil: Die Politik muss den verlorengegangenen Einfluss zurückerobern, um zukünftige Gefahren für die Demokratie abzuwehren.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.04.2001

Vier Bücher gegen die Globalisierung und den "neuen Turbokapitalismus" stellt Wolfgang Uchatius in seiner Besprechung einander gegenüber: Viviane Forresters "Die Diktatur des Profits" (Hanser Verlag), Maria Mies' "Globalisierung von unten" (Rotbuch Verlag), George Soros' "Die offene Gesellschaft" (Alexander Fest Verlag) und "Politik ohne Macht", von Niall Ferguson.
1) Viviane Forrester: "Die Diktatur des Profits"
Ein lautes, von einem sektiererischen Ton durchdrungenes Pamphlet nennt Wolfgang Uchatius diesen Band, der Forresters Erfolgsbuch ("Terror der Ökonomie"), wie er sagt, dem Muster nach gleiche. Recht verwunderlich findet es der Rezensent, dass die Autorin zum Widerstand gegen die fremden Mächte aufruft und zum Kampf gegen das System des "Ultraliberalismus", ihr Wissen aber allein aus den Medien zu beziehen scheint. Der ihm aus diesen Seiten entgegentretende Traum vom Happy End wird ihm so wohl utopisch erscheinen.
2) Maria Mies : "Globalisierung von unten"
Im Ton Viviane Forresters "Diktatur des Profits" ebenbürtig, wolle die Autorin - Vordenkerin in ihrer Sache in Deutschland - der Verdummung entgegenwirken, schreibt der Rezensent etwas ungläubig, handelt es sich bei dem Buch doch offenbar vor allem um eine Beschreibung der Antiglobalisierungsbewegung und eine Chronik der Proteste vor und nach der Tagung der WHO in Seattle. Im Duktus der Umweltbewegung, so Uchatius, werde hier von sich weltweit solidarisch zusammenschließenden Menschen an der Basis geschwärmt.
3) George Soros: "Die offene Gesellschaft"
Auch mit dem dritten Buch im Bunde ist Wolfgang Uchatius nicht zufrieden. Zwar findet er den Ton des 70-jährigen Soros durchaus sachlicher, unaufgeregter und wissenschaftlicher als denjenigen Forresters und Mies', der Versuch des Autors, der Wirtschaftswissenschaft Unwissenheit vorzuwerfen aber und um den Begriff der Reflexibilität eine Gegentheorie zu konstruieren, erscheint ihm ganz und gar nicht neu. Zumal, wenn dieser Gedanke auf über hundert Seiten "breitgewalzt" wird. "Soros scheitert kolossal", lautet denn auch das vernichtende Urteil.
4) Niall Ferguson: "Politik ohne Macht"
Ein Buch über die Überschätzung des Ökonomischen eher als über die Globalisierung. In einer Zeit, in der viele Globalisierung sagen, wenn sie Vereinfachung meinen, sei es gut, wenn jemand das Gesamtbild wieder ein bisschen komplizierter mache, meint der Rezensent. Dass der Autor sich dabei allerdings immer wieder im Gestrüpp der Fakten verirrt und zum Beispiel über die Entstehung der Finanzmärkte und über die Verschuldung der Weimarer Republik plaudert, wie Uchatius schreibt, wo er verspricht, Fragen zu formulieren und Antworten zu geben, ist dann wohl doch zu viel des Guten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.03.2001

Am größten Problem, das der Rezensent Roderich Reifenrath mit diesem Buch hat, trägt der Autor gar keine Schuld: der deutsche Titel und der Untertitel versprechen anderes, als der Band dann bietet. Wer eine kritische Einschätzung des Verhältnisses von Politik und Ökonomie in der Gegenwart erwartet - wie der Rezensent - wird mit dem faktenreichen Buch schnell ziemlich unglücklich, so Reifenrath, denn es geht Ferguson eher um Vollständigkeit als um Vertiefung, eher um das Heranzitieren von Analysen und Statistiken als um die kritische Einschätzung. "Der Autor hält sich ´raus aus politischem Meinungsstreit", konstatiert der Rezensent und bedauert es. Vor allem aber ist er auch am Ende der Besprechung noch nicht über die Enttäuschung hinweg, für die der irreführende Titel des Buches gesorgt hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2001

Etwas erschöpft bespricht Gerald Sammet das Buch des selbsternannten "Universalgelehrten" Niall Ferguson über die Interaktionen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft, Staat und Politik. Dem Autor gehe es vor allem um die Auswirkungen der Globalisierung, die seiner Meinung nach brüchige Vorherrschaft der Vereinigten Staaten und um die Zukunft staatlicher Institutionen. Fergusons Prognosen zur Globalisierung seien eher pessimistisch, seine Einschätzung der wirtschaftlichen Dynamik von Kriegen wie im Kosovo wiederum hoffnungsvoll, da das Phänomen der öffentlichen Meinung für die demokratischen Institutionen neue Kraft schöpfen könne. Sammet merkt kritisch an, dass Ferguson zwar über ein "immenses Gespür für Kombinatorik verfügt. Weil er sich aber gerne von seinen Assoziationen treiben lasse, hätten sich ein paar ärgerliche sachliche Fehler in das Buch eingeschlichen. Auch verursacht die Fülle der "in epischer Breite" zusammengetragenen Information beim Rezensenten ein Völlegefühl. Wie Sammet findet, verfügt der Autor aber über genügend Autorität und literarische Bildung, um die Stofffülle rechtfertigen zu können.
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