Olaf Briese

Angst in Zeiten der Cholera

In vier Bänden: Über kulturelle Ursprünge des Bakteriums. Panik-Kurve: Berlins Cholerajahr 1831/32. Auf Leben und Tod: Briefwechsel als Gegenwelt. Das schlechte Gedicht: Strategien literarischer Immunisierung. Habil.
Cover: Angst in Zeiten der Cholera
Akademie Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783050037790
Gebunden, 1351 Seiten, 74,80 EUR

Klappentext

Der erste Band dieser Tetralogie zeigt auf Basis einer medizinhistorischen Verklammerung von Wissens- und Wissenschaftsgeschichte, welche divergierenden kulturellen Prämissen beiden sich allmählich annähernden wissenschaftlichen Paradigmen zugrundelagen. Der zweite Band zeigt am Beispiel des Mikrokosmos der entstehenden Großstadt Berlin solche Impulsfelder und weiterhin, wie ein kultureller Organismus angesichts von Gefahr die in ihm selbst liegenden Abwehrmechanismen aktiviert. Der dritte Band, eine Dokumentation von 750 Cholera-Briefen der Zeit 1830/32, verdeutlicht, welche Rolle brieflicher Kommunikation in dieser Krisenssituation zukam. Der vierte Band, eine Sammlung von einhundert Cholera-Gedichten der Zeit 1831/32, thematisiert, wie sich in dieser ausweglosen Situation eine Art "theoretischen" Handelns bewährte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.06.2003

Regelrecht begeistert ist Hansjörg Küster von diesen vier Bänden, die - sonst nicht unbedingt ein gutes Zeichen - zugleich die Habilitationsschrift des Autors sind. Der Umfang aber verdankt sich zu einem guten Teil - nämlich in drei der vier Bände - den Dokumenten, die Olaf Briese gesammelt hat und in denen der Diskurs, der rund um den letzten Auftritt der Cholera im Europa des 19. Jahrhunderts entstand, nachvollziehbar wird. Es sind dies Artikel und "öffentliche Verlautbarungen", auch "schlechte Gedichte", vor allem aus den Jahren 1831 und 1832, in denen die Cholera in Berlin tobte. Briese interessiert sich für die Reaktionen der Medizin, die zunächst kein Mittel gegen die Cholera-Bakterien fand, ebenso wie für die der Gesellschaft. Im Hintergrund steht ein "starres Bild von Natur und Lebewesen", das erst durch die moderne Wissenschaft, die durch den Kampf gegen die Cholera "wichtige Impulse" erhielt, nach und nach überwunden wurde. In der Verbindung von Analyse gesellschaftlicher Diskurse und Medizingeschichte sieht Küster die herausragende Leistung des Buches, das sich darüber hinaus noch "spannend" liest.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.06.2003

Christoph Albrecht begrüßt das Erscheinen dieser "dicken, aber nicht unamüsanten Habilitationschrift" über die Angst vor der Cholera im 19. Jahrhundert nicht zuletzt, weil sie in der Zeit der Angst vor einer neuen Seuche, vor SARS also, einige nicht unwichtige Einsichten bieten könnte. So verdeutlicht sie etwa, erfahren wir, wie Epidemien zur "Projektionsfläche ideologischer Vorlieben" werden können. Oder dass gerade schlechte Gedichte zum Thema wichtige Entspannung bieten und beschwichtigend wirken können: Im vierten Band der Arbeit Brieses sind, erfährt man von Albrecht, zeitgenössische Cholera-Gedichte gesammelt, "die allesamt zum Erbarmen schlecht sind", aber ihren Zweck erfüllen. Der erste Band, berichtet Albrecht, dokumentiert die Geschichte der Seuchenbekämpfung bis zur Entdeckung des Cholerabakteriums, der zweite Dokumente der öffentlichen Reaktionen auf die Seuche und der dritte schließlich private Reaktionen in Form von Briefwechseln.
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