Per Leo

Flut und Boden

Roman einer Familie
Cover: Flut und Boden
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2014
ISBN 9783608980172
Gebunden, 352 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

In einer persönlichen Krise stürzt sich der angehende Historiker Per in die Erforschung der Vergangenheit seines Großvaters Friedrich. Aber erst als er Friedrich dessen vergeistigten Bruder Martin an die Seite stellt, gewinnt er ein tatsächliches Bild vom Glanz und Niedergang seiner Familie. In dem ihm immer fremd gebliebenen Nazi-Opa entdeckt er einen rebellischen jungen Mann, der uns viel näher ist, als uns lieb sein kann. Seine Liebe jedoch gilt dem Großonkel Martin. "Flut und Boden" ist eine deutsche Familiengeschichte aus dem 20. Jahrhundert, aber vor allem ein herausragendes literarisches Debüt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.03.2014

Der erste Roman des Historikers Per Leo hat Judith Leister beeindruckt. Wie der Autor mit Akribie und Eleganz der eigenen verworrenen Familiengeschichte nachgeht, wie er Abgründe auslotet, die Empfänglichkeit des Großvaters für Nazi-Ideologie untersucht und andere weltanschauliche Abwege, das scheint Leister doch mehr zu sein als ein Bildungs- und Familienroman. Als mentalitätsgeschichtlicher Essay, findet Leister, überrascht das Buch und schafft Klarheit über deutsche Zustände.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2014

Erstaunliches Buch, meint Rezensent Andreas Kilb. Keine kleinen Buddenbrooks, sondern eine nach allen möglichen Seitenwegen haschende Familien- und Geistesgeschichte aus Deutschland hat er gelesen. Und hat das gern getan, weil der Historiker Per Leo hier Weimarer Krise und Gegenwart verbindet, wesentlich durch die Geschichte des Nazi-Großvaters, aber auch durch blitzende Reflexionen und manchmal durch Kitsch, wie Kilb einräumt. Dass der Autor nicht der Versuchung nachgegeben hat, eine Fernsehschmonzetten-Vorlage zu verfassen, scheint dem Rezensenten aller Ehren wert.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.02.2014

Per Leos Roman "Flut und Boden" erinnert Ijoma Mangold daran, dass auch ein abgegrastes Feld wie die Nazi-Opa-Vergangenheitsaufarbeitung noch spannend sein kann, wenn man nur die literarischen Trampelpfade verlässt, zurückschaut, und sie mit in den Blick bekommt. Leo legt in seinem Buch - das eigentlich eher ein langer autobiografischer Essay ist als ein Roman, wie Mangold verrät - die "Welt des kommerzialisierten Sündenstolzes" bloß, in der ein Nazi-Opa eine praktische Sache ist, weil er beim Psychiater und beim Smalltalk gleichermaßen für wohlige Schauer sorgt, und in der der Holocaust meist in fertigen Adjektivpaketen besprochen wird: "systematisch, industriell, staatlich und singulär", zählt Mangold auf. Eingebunden in diese Überlegungen liest der Rezensent Leos eigene Familiengeschichte dann gerne.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.02.2014

Stephan Wackwitz kann einen gewissen Überdruss am deutschen Familienroman mit Nazihintergrund nicht verhehlen. Wenn dann jedoch ein so "glanzvoller Nachzügler" wie Per Leos "Flut und Boden" daherkommt, ist der Rezensent schlagartig mit dem Genre versöhnt. Die Lebensgeschichten seines Großvaters Friedrich und dessen älteren Bruders Martin, ersterer ein glühender Karriere-Nazi, letzterer ein körperlich behinderter Intellektueller und Künstler, hält Leo "wie zwei Hälften eines zerrissenen Bildes" nebeneinander und erzeigt so einen Doppelbiografie, die Wackwitz nachhaltig fasziniert. Besonders beeindruckt zeigt er sich davon, dass der Autor für seinen Großvater, der nach Kriegsende in eine "fast asoziale Obskurität" abstürzt, das Maß an Empathie aufbringt, das ernstzunehmende Literatur auszeichnet.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.02.2014

Rezensent Gustav Seibt findet kaum Worte, um die Bewunderung und Anerkennung auszudrücken, die er nach der Lektüre von Per Leos Roman "Flut und Boden" empfindet. Dem Kritiker erscheint Leos Roman als sensible und eindringliche Abrechnung mit der Täter-Generation des Nationalsozialismus, der auch sein Großvater Friedrich Leo als Abteilungsleiter im Rasse- und Siedlungs-Hauptamt der SS angehörte. In seinem Generationen-Roman, der zugleich zum individuellen Bildungsroman des Historikers Per Leo wird, gehe er etwa der Frage nach, wie das kultivierte deutsche Bildungsbürgertum den Judenhass der Nazis unterstützen konnte: Leo gelinge es eine Verbindung zwischen Goethe und den Grauen des Nationalsozialismus herzustellen, die er nicht nur gelehrt, sondern auch kunstvoll in seinem Roman ausführe. Erstaunt stellt der Rezensent fest, wie der Autor verschiedene Ansätze der Geistesgeschichte in seinen komplexen Figuren darstelle, deren Individualität auf "sanfte" Weise zu Idealtypen umgearbeitet werde. Seibt liest nicht nur einen eindringlichen, scharfsinnigen und pointenreichen Roman, sondern lobt auch Leos Vermögen, Bedingungen aufzuzeigen, unter denen gute Gefühle für Eltern, Herkunft, Heimat oder Nation noch gelingen können.

 

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