Richard Sennett

Handwerk

Cover: Handwerk
Berlin Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783827000330
Gebunden, 480 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Michael Bischoff. Wenn Richard Sennett von Handwerk oder handwerklichem Können spricht, so meint er mehr als nur technische Praxis. Er beschreibt damit einen fundamentalen menschlichen Impuls, das Bestreben, eine Tätigkeit um ihrer selbst willen gut zu machen. Auch ein Arzt, Erzieher, Künstler oder Linux-Programmierer kann - und sollte - 'sein Handwerk verstehen'. Indem er aus seinem stupenden interdisziplinären Wissen schöpft, zeigt Sennett auf, dass die Geschichte, insbesondere die Geistesgeschichte, eine markante Trennlinie zwischen Praxis und Theorie, Technik und Ausdruck, Macher und Nutzer gezogen hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.02.2008

Nicht erwärmen kann sich Rezensent Martin Bauer für Richard Sennetts Buch über den Handwerker. Als erster Band einer Trilogie über die Soziologie verschiedener Lebensformen zielt der Autor seines Erachtens darauf ab, "tragende Fundamente" für eine Technik freizulegen, die nicht als geistlos abgewertet werden könne. Bauer fragt sich hier, welche Technik-Kritik Sennett im Sinn hat, er kennt nur Kritik an ihrer Instrumentalität. Demgegenüber hält der dem Autor vor, eine aufs "Erbauliche" setzende Meditation über die Technik im Sinn zu haben, die am Beispiel handwerklicher Fähigkeiten vor Augen führt, wie Menschen sich in einer fremden Welt einrichten. Sennetts Projekt kommt ihm in diesem Zusammenhang vor wie ein "Ikea-Katalog für eine neue Häuslichkeit". Er kritisiert zudem die kulturwissenschaftliche Herangehensweise des Autors, seinen Kulturmaterialismus, den er als modisch abtut. Letztlich geht es Sennett in seinen Augen um das "Ethos der Handwerker", die zu dieser Lebensform gehörige Sozialmoral, die in krisenhaften Zeiten Rettung verspricht, und in der sich für ihn ein "herzerwärmender Wertkonservatismus" ausdrückt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.01.2008

Anregend, materialreich und umfassend, aber in seinen Thesen durchaus anfechtbar findet Rezensent Mathias Greffrath das neue Buch des amerikanischen Soziologen Richard Sennett, das dem Rezensenten zum Teil auch wie eine Materialsammlung zum Thema erschien. Auf den ersten Blick ist es für Greffrath eine Versöhnungsschrift zum seit Marx problematischen Verhältnis zwischen Mensch und Arbeit. Doch wird in dem "windungsreich" argumentierenden Buch die von Sennett in diesem Zusammenhang entwickelte "Apotheose der Werkstatt" als dem unentfremdeten Ort schlechthin, wo die vom Kapitalismus zersprengten Elemente (wie Intelligenz, Wahrnehmungsgefühl, Material und Handfertigkeit) auf ideale Weise wieder zusammenfinden, an für den Geschmack des Rezensenten allzu luxuriösen Beispielen entwickelt. So führt sich Sennetts Argumentation gelegentlich selbst ad absurdum, wenn man Greffrath richtig versteht, der am Ende zum Ergebnis kommt, das wesentliche Fragen ausgeblendet blieben. Außerdem war früher für ihn nicht notwendigerweise alles besser, wie Sennetts Betrachtungen ihm wohl suggerieren. Auch komme Erneuerung selten aus der Beschwörung der "guten Dinge" oder "bedrohter Tugenden", stellt Greffrath abschließend mit gewissem Missmut fest.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.01.2008

Gelungen findet Rezensent Thomas Macho diesen Essay über das Handwerk von Richard Sennett. Auf den ersten Blick scheint er ein wenig überrascht über die Themenwahl, passt der Typus des Handwerkers für ihn doch nicht so recht in die Vorstellungswelt der Moderne. Aber zum einen ist Sennets Begriff des Handwerks seines Erachtens weit gefasst - nicht nur Schreiner, Schlosser oder Schmiede fallen darunter, sondern auch Dirigenten, Programmierer, Philosophen oder Laborantinnen. Zum anderen sieht er die "unzeitgemäße Ausstrahlung", die Sennet dem Handwerk verleihe, in den Kontext eines sehr "zeitgemäßen Vorhabens" eingeordnet, nämlich als Teil einer geplanten Trilogie zur materiellen Kulturgeschichte, die neben dem Handwerker auch den Krieger und Priester und zuletzt den Fremden in den Blick nehmen will. Neben detaillierten Einzelanalysen findet Macho immer wieder auch "große Thesen" - etwa dass Motivation wichtiger sei als Talent, oder dass jedes Ritual als Handwerk charakterisiert werden könne. Er schätzt den in drei Teile gegliederten Essay nicht nur als "gut gemacht", sondern auch als brillant geschrieben, auch wenn in seinen Augen nicht alle Schlussfolgerungen und Beobachtungen "völlig konsistent" sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.01.2008

Respektvoll, aber mit Vorbehalten nähert sich Helmut Mayer dem neuen Buch des Soziologen Richard Sennett. Eine Monografie über das Handwerk beziehunsgweise den "handwerklichen Geist" zu schreiben, erscheint Mayer zunächst mal interessant, liegt für ihn der Gegensatz zu einem ökonomischen Arbeitsbegriff doch auf der Hand. Dass Sennett, anders als Hannah Arendt, die Chance zur Reflexion in der (handwerklichen) Arbeit selbst erkennen möchte, gesteht Mayer dem Autor zu und folgt seinen Beispielen aus der Glasbläserei, der Musik und der Kochkunst. In den entsprechenden Analysen sieht Mayer den überzeugendsten Teil des Buches. Nicht zuletzt, weil für ihn hier explizit der Übergang vom Handwerk zum Kunsthandwerk zur Kunst vollzogen wird. Wie aber verhielte es sich beim Tapezieren oder Klempnern, fragt sich der Rezensent und zweifelt, weil Sennetts Thesen sich nur schwer verallgemeinern lassen und beim hier vollzogenen Schritt hin zu den "abstrakten Tätigkeiten" des heutigen Wirtschaftslebens an Überzeugungskraft einbüßen. Zwar sieht Mayer den kulturkritisch anspruchsvollen Autor nicht als "Stichwortgeber" der Managementliteratur. Dass sich Arbeit in Sennetts Sinne und Politik ergänzen, wie der Band am Ende nahelegt, findet der Rezensent jedoch nicht ausreichend belegt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.01.2008

Der Soziologe Richard Sennett will in diesem Band zeigen, wie sich auch unter den gegenwärtigen ökonomischen Verhältnissen noch ein "handwerkliches" Verhältnis der Arbeitenden zu den Gegenständen ihrer Arbeit denken und umsetzen lässt. Die vom Rezensenten Christian Schlüter zitierten historischen wie aktuellen Beispiele für ein solches Gelingen reichen vom Geigenbauer Antonio Stradivari einst bis zu den Open-Source-Programmierern von Linux jetzt. Worum es dabei geht, ist, so Schlüter, durchaus ein Begriff von "Würde", das Bewahren eines "Eigensinns" im Umgang mit der Materie. Für Stoßrichtung und Programm des Buches zeigt der Rezensent viel Respekt, beklagt aber, dass Sennetts soziologische Tiefenschärfe kaum über das Niveau von "Manager-Ratgebern" hinausreicht.
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