Robert Jütte

Ein Wunder wie der goldene Zahn

Eine unerhörte Begebenheit aus dem Jahre 1593 macht Geschichte(n)
Cover: Ein Wunder wie der goldene Zahn
Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2004
ISBN 9783799501439
Gebunden, 143 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Am 12. Januar 1595 lud der Helmstedter Medizinprofessor Jacob Horst durch einen öffentlichen Anschlag die Universitätsangehörigen ein, mit ihm die Frage zu diskutieren, ob es möglich sein kann, dass einem siebenjährigen Knaben in Schlesien auf natürliche Weise ein goldener Backenzahn gewachsen ist. Was uns heute als skurril anmutet, beschäftigte damals Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung. Die Geschichte vom goldenen Zahn lebt als Alltagsmärchen in der Gegenwart weiter, wie Zeitungsmeldungen aus jüngster Zeit mit vergleichbaren Wundergeschichten aus Nord- und Südamerika verdeutlichen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.03.2005

Hans-Volkmar Findeisens Besprechung dieses Buches, in dem Robert Jütte anhand des Weigelsdorfer Zahnwunders Wissenschaftsgeschichte schreibt. Man kann sich nie ganz erklären, ob seine ausholenden Gedanken nun dem Buch entstammen oder eigenen Linien folgen. Aber zur Sache: Im schlesischen Weigelsdorf war 1593 einem Müllerssohn angeblich auf unerklärliche Weise ein Goldzahn gewachsen. Dies stellte sich zwar bald als falsch heraus, aber hinter dem Schwindel steckte eben auch eine frühe (zahn-) technische Meisterleistung. Als Paradebeispiel für die Entwicklung der Wissenschaft findet Findeisen dies offenbar "bestechend": Der "Siegeszug des Geistes" hat den Umweg über die "Pseudo- oder Protowissenschaft" genommen, die alchimistischen "Hexenküchen und Labore", brachten den "empirisch orientierten Fachgelehrten" hervor. Trotzdem gefällt ihm das Buch dann doch nicht, wie er in einer Schlussvolte kurz einwirft, der "wirkungsgeschichtliche Nachklapp" ist ihm mit der Hälfte des Buches zu lang geraten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.12.2004

Wundergeschichten gab es und gibt es immer wieder, von den blutenden Ikonen in Byzanz bis zu modernen Mythen. Der Medizinhistoriker Robert Jütte hat sich den Wunderbericht eines Goldzahns vorgenommen, der einem schlesischen Jungen Ende des 16. Jahrhunderts gewachsen sein soll, und in einer "lehrreichen" und "unterhaltsamen" Studie dessen Entstehung und Wirkung untersucht, lobt Marion Lühe. Obwohl das "Wunder" nur drei Jahre währte, bevor der Betrug in Form einer goldenen Zahnhülse entlarvt wurde, löste das Zahn-Mirakel eine wahre Deutungs-Flut aus, die sich religiösen und wissenschaftlich-aufklärerischen Diskursen bis ins 18. Jahrhundert fortsetzte. Die frühesten Wunder-Experten sahen im Zahn ein göttliches Orakel, das den Sieg der Europäer im damals schwehlenden Krieg gegen die Türken prophezeit. Besonders beeindruckend fand Lühe, dass trotz der Demystifizierung des Zahn-Wunders durch die rasant einsetzende Aufklärung im 17. Jahrhundert die Berichte von wundertätigen Goldzähnen scheinbar bis in die heutige Zeit überlebt haben, wie diverse vom Autor "genüsslich" zitierte Meldungen beweisen. Ein "höchst vergnügliches Buch"!
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