Ruth Klüger

Gemalte Fensterscheiben

Über Lyrik
Cover: Gemalte Fensterscheiben
Wallstein Verlag, Göttingen 2007
ISBN 9783892444909
Gebunden, 252 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Wer über Lyrik reden will, muss auf den Einwand gefasst sein, dass das ganze Reden und Interpretieren den Genuss beeinträchtigt. Das Goethe-Gedicht nach dem dieser Band benannt ist, dient zur Verteidigung: Ruth Klüger führt die Leserinnen und Leser in das Innere des Baus, wo durch den Blick gegen das Sonnenlicht die Kraft der Farben und die Schönheit erst ganz sichtbar werden. Das ist die Absicht dieses Buchs. Es setzt sich mit vielerlei Gedichten auseinander, mit sehr alten und ganz neuen, mit mystischen und politischen, auch mit humoristischen. Und es hat hie und da Allgemeines übers Gedichtelesen zu sagen und über das Vergnügen, das sie bereiten. Das Buch will nicht vorschreiben, wie man zu lesen hat, denn wir alle lesen auf unsere Weise, jede/jeder etwas anders. Die kritischen Versuche sind daher nur ein Hinweisen, ein Fingerzeigen auf "Geschicht' und Zierrat" in dieser "Kapelle" der Literatur, eine Einladung zum Mit- und Weiterlesen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.12.2007

Rezensentin Andrea Hübener hält mit diesem Band eine eher beunruhigende Lyrikanthologie in Händen. Gut so, findet sie und liest die "überzeugende Auswahl" der Gedichte und ihre "kurzen" Interpretationen vor dem Hintergrund von Ruth Klügers Lebensgeschichte, als "Kronzeugentexte" einer Verbindung von Dichtung und Wahrheit. Klügers Neigung zur Aussparung erscheint ihr dabei schwerwiegender als "jedes wortreiche Pathos", die "heilende Macht" der Dichtung scheint der Rezensentin so unmittelbar einzuleuchten. Dass Klüger dennoch unbestechlich bleibt, und es ihr jenseits eines "ästhetischen oder moralischen Reinheitsgebotes" letztlich um die literarische Qualität der Texte geht, rechnet Hübner ihr hoch an.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.11.2007

Lobend äußert sich Rezensent Wulf Segebrecht über die Gedichtinterpretationen, Aufsätze und Reden Ruth Klügers, die er als die "gesammelten Erleuchtungen" der Germanistin würdigt. Da stört es ihn nicht, dass die meisten dieser Texte bereits an anderen Stellen, darunter auch in der FAZ, erschienen sind. Er attestiert der Autorin nicht nur, eine Menge von Lyrik zu verstehen, sondern auch, die ausgewählten Gedichte dem Leser auf eine anregende, begeisternde Art und Weise nahe zu bringen. Besonders gefällt ihm Klügers "unfeierlicher, unprofessoraler und gelegentlich aufregend respektloser Umgang" mit den Gedichten großer Autoren wie Goethe und Schiller oder auch Heine, Rilke und Celan.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.08.2007

Dieser Band versammelt, wie Rezensentin Renate Wiggershaus informiert, 27 Texte von Ruth Klüger, die zum großen Teil schon anderswo publiziert wurden, zwei Aufsätze über verfolgte jüdische Dichterinnen sind Originalbeiträge. Wiggershaus hat diese Texte mit großem Gewinn gelesen, sie schätzt die amerikanische Germanistikprofessorin für ihre "kritische Offenheit", den "kurzweiligen Vortrag" und den "pointierten Witz" und sieht ihre Stärken vor allem in der politisch-historischen Einordnung der jeweiligen Gedichte. Im Gegenzug sieht sie in den Interpretationen von Gedichten Klügers Schwäche, bei denen sich ihr ein entsprechender Hintergrund nicht erschlossen hat, etwa bei Paul Celans "Assis". Sehr berührt hat sie dann wieder, was Klüger über Schillers Balladen schreibt, die sie zwar als Germanistin als "Leierkastenmusik" schmäht, die ihr aber als Überlebende von Auschwitz so bedeutsam wurden, weil sie ihr geholfen haben, die stundenlangen Appelle durchzuhalten: Sie hat sie immer wieder im Stillen sich selbst vorgetragen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.05.2007

Bewegt, beeindruckt und begeistert ist Rezensentin Elisabeth von Thadden von Ruth Klügers Geschichte der deutschsprachigen Lyrik. Denn Klügers Lektüre kennt von Thaddens Eindruck zufolge kein "Pathos der Heiligkeit", keines der "moralischen Sendung", nicht mal eines der Trauer. Stattdessen ermittele sie mit großer Klarheit den Punkt, an dem jedes Gedicht von der Wirklichkeit eingeholt werde und mache so in ihrer Deutung die Leuchtkraft eines jeden Gedichts sichtbar. Und zwar auf so einleuchtende Weise, dass die Rezensentin meint, es könne im Grunde nichts Einfacheres geben, als Gedichte zu lesen und zu verstehen. Dem "deutenden Ich" der Autorin mag und vermag sich Thadden nicht zu entziehen, egal ob sie Celan oder Goethe, von Droste-Hülshoff oder Gertrud Kolmar liest. Es stört sie nicht, dass zugunsten deutsch-jüdischer Lyrikerinnen Geistesgrößen wie Hölderlin oder George herausgefallen sind. Denn es ist ja gerade Klügers in ihrer ganz persönlichen Lyrikerfahrung verwurzelter Blick, der für die Rezensentin eine der herausragenden Qualitäten dieses Buches ist. Und die daran geknüpfte Unbestechlichkeit, die dieses Buch für sie zu einem herausragenden Werk deutscher Lyrikinterpretation macht.