Uwe Wesel

Der Gang nach Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht in der Geschichte der Bundesrepublik
Cover: Der Gang nach Karlsruhe
Karl Blessing Verlag, München 2004
ISBN 9783896672230
Gebunden, 320 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Uwe Wesel beschreibt und bewertet das bedeutungsvolle Wirken des obersten deutschen Gerichts - vom Verbot der KPD 1956 bis zum Urteil gegen den großen Lauschangriff 2004. 1949 verabschiedete der Parlamentarische Rat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und beschloss die Errichtung eines starken, unangreifbaren Verfassungsgerichts. Zu bedrückend war die Erinnerung an die Weimarer Republik, in der Kommunisten und Nationalsozialisten wesentlich an der Aushöhlung der Verfassung beteiligt waren. In den Jahren nach 1951 hat das Bundesverfassungsgericht seine Position als unparteiische und überparteiliche Instanz in politischen Auseinandersetzungen behauptet. Uwe Wesels Buch ist die erste umfassende Darstellung der Rolle des höchsten deutschen Gerichts.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2004

Das Grundproblem des deutschen Bundesverfassungsgerichts, so der Rezensent Volker Neumann ganz neutral und bündig, ist seine "Nähe zur Politik". Die ist seiner Konstruktion nach nicht vermeidbar. Nur konsequent ist es daher, dass Uwe Wesel in seiner Darstellung des höchsten deutschen Gerichts diesen Aspekt in den Mittelpunkt stellt - und auch die Chronologie seiner Kapitel an den Kanzlerschaften orientiert. Der emeritierte Rechtsprofessor Wesel verzichte in seinem "lockeren, anschaulichen, leicht lesbaren" Buch auf jeden wissenschaftlichen Gestus und richte sich primär an den interessierten Laien. Dass die Lektüre des Buches dem Jura-Studenten gewiss nicht schadet, ist für den Rezensenten ein zusätzliches Verdienst. Einzig einen recht gravierenden Mangel sucht er durch nachholende Darstellung zu beheben: Die für die weitere Rechtsprechung zentrale "Elfes-Entscheidung" von 1956, die die Möglichkeit des Eingriffs in Grundrechte regelt, komme, so Neumann, bei Wesel zu kurz.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2004

1996 hat sich der Autor schon mal mit den "Hütern der Verfassung" beschäftigt, weiß Rolf Lamprecht, ein schmales Bändchen von 65 Seiten, das Uwe Wesel nun in Teilen und von der Dramaturgie her seinem neuen Werk zugrunde gelegt hat. Wesel hat früher Rechtsgeschichte gelehrt, eine gute Kombination, findet Lamprecht, der betont, dass Wesels Bücher vor allem für Laien geschrieben und auch brauchbar sind. Wesel schreibt kein Juristendeutsch, sondern verständlich und klar, er behandelt sein Thema nicht mit zu großer Ehrfurcht, so Lamprecht, neige aber ebenso wenig zu altlinken Verschwörungstheorien, nach denen das Verfassungsgericht nur als Handlanger des kapitalistischen Systems zu betrachten ist. Das Karlsruher Gericht ist Teil der Geschichte der Bundesrepublik, betont Lamprecht, aber ebenso habe es mit seinen Urteilen selbst Geschichte geschrieben - beiden Aspekten könne Wesel mit seinem Wissen als Rechtshistoriker gerecht werden. Dessen moderate Position in Bezug auf Karlsruhe empfindet der Rezensent als angenehm: Positives wie Negatives würden beim Namen genannt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.10.2004

Kaum ein Jurist sei wohl so gut geeignet gewesen, dieses Buch zu schreiben, wie der jetzt emeritierte Rechtsprofessor Uwe Wesel, meint der Rezensent Roderich Reifenrath. Mit der Geschichte des Bundesverfassungsgericht kennen sich viele aus, aber der "linksliberale Staatsbürger" Wesel sei zum einen einer der wenigen Juristen, die in der Lage sind, sich nicht nur verständlich, sondern nachgerade unterhaltsam auszudrücken. Seine Auswahl von entscheidenden Gerichtsurteilen hält der Rezensent darüber hinaus für bestens gelungen. Wesel konzentriert sich auf jene Urteile, die - wie etwa das "Lüth-Urteil" von 1958 in Sachen Meinungsfreiheit - für eine Stärkung der Grundrechte eintreten. Kritische Bemerkungen lässt Reifenrath eher nebenbei fallen, etwa die, dass sich Wesel an Karl-Friedrich Fromme, seinem alten Feind von der FAZ, doch "irgendwie ziellos abarbeitet". Fazit: "Ein Buch zum Lesen. Durchwühlen, durchquälen gar muss sich da niemand."