Vatsyayana

Kamasutra

Cover: Kamasutra
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783803136145
Gebunden, 316 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Robin Cackett. Neu ins Englische übersetzt, kommentiert und mit einem Vorwort von Wendy Doninger und Sudhir Kakar. Mit vielen farbigen Abbildungen. Das "Kamasutra" ist weit mehr als das simple Sexuallehrbuch, als das uns der komplexe Text landläufig bekannt war. Wendy Doniger und Sudhir Kakar präsentieren in ihrer Neuübersetzung das "Kamasutra" als psychologischen Unabhängigkeitskrieg für die Frau, der vor rund zweitausend Jahren in Indien stattfand.
Unser Bild des "Kamasutra" ist geprägt von der Moral des viktorianischen Zeitalters, in dem ein Bruchstück des indischen Werks erstmals ins Englische übersetzt wurde.
In den jetzt erstmals vollständig aus dem Sanskrit übertragenen sieben Bücher des Gelehrten und Reformers Vatsyayana geht es um weibliche Lebenszusammenhänge und die Möglichkeiten der Frau, sich für ihre Unabhängigkeit einzusetzen.
Könnten die idealen Leser des "Kamasutra" nicht Frauen gewesen sein, statt Männer, wie es viele Jahrhunderte lang angenommen wurde? Doniger und Kakar belegen in einer ausführlichen Einleitung und in fundierten Anmerkungen zum Original und zum klassischen Kommentar des Gelehrten Yashodhara aus späterer Zeit die aufgeschlossene Weltsicht des Verfassers Vatsyayana.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.12.2004

Edith Kresta kann jenen Hauch Verruchtheit nicht mehr ausmachen, den das "Kamasutra" über so lange Zeit besessen hat, dass noch im 19. Jahrhundert die anzüglichen Stellen, wie Kresta berichtet, in deutschen Übersetzungen auf Latein standen. Darum ging es den ersten europäischen Übersetzern, hat die Rezensentin in Erfahrung gebracht: um die erotische Emanzipation eines verklemmten europäischen Denkens, das von christlichen Moral drangsaliert wurde. Heute ist solches nicht mehr nötig, weshalb der indische Psychoanalytiker Sudhir Kakar und die Sanskritologin Wendy Doninger das "Kamasutra" neu verorten können, nämlich in der hinduistischen Religion, als Ratgeber nicht für akrobatischen Sex, sondern für das Genussleben des reichen Mannes, das hier idealtypisch in sieben Stationen aufgerollt wird, erläutert Kresta. Es ginge also nicht um Maßlosigkeit, sondern um die Verfeinerung des Genusses. Die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau sei dabei klar, die Frau war dem Mann untertan und diente seiner Lust; dennoch könne Wendy Doninger, staunt Kresta, mit Stellen im "Kamasutra" aufwarten, die der Frau eine aktive Rolle zuwiesen. Die Neuübersetzung sei in jedem Fall lesbarer als die älteren, schließt Kresta, und die Kommentierung höchst aufschlussreich.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.11.2004

Erst einmal betont die Rezensentin Elisabeth von Thadden, dass es bei dieser Neuausgabe des berühmt-berüchtigten Kamasutra in höchstem Maße wissenschaftlich zugeht. Eine Sanskrit-Expertin hat übersetzt, ein Psychoanalytiker gemeinsam mit ihr kommentiert (mit "feinem Humor"), alles sehr seriös, wenn auch "üppig rot und glanzvoll illustriert". Mit dem Vorurteil über das Buch, nämlich so etwas wie ein indischer Sex-Führer aus dem 3. Jahrhundert zu sein, kollidiert die Lektüre darüber hinaus recht schnell, meint Thadden. Selbst im zweiten Kapitel, das "Sex" überschrieben ist, ist eine gewisse "Begrenztheit des Nutzerwerts" festzustellen, so die Rezensentin. An der in unseren Breiten vom Sex erwarteten "Leidenschaft", an "Glut", "Begehren", "Obsessionen", fehlt es durchweg. Kurz gesagt: "Askese und Erotik sind einander verblüffend verwandt". Und das sei allemal lehrreich, wenn auch eher in einem historisch-ethnologischen Sinn. Am spannendsten findet die Rezensentin entsprechend die "Darstellungen altindischer urbaner Lebensformen" - für alle, die in diese Richtung zielende Interessen haben, sei dies schlicht und einfach ein "wunderbares Buch".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.10.2004

Caroline Neubaur fühlt sich bei der Besprechung dieses Buches, das eine Neuübersetzung und Kommentierung des Kamasutra bietet, zu einem Vergleich herausgefordert: Sie meint, dass das Kamasutra genauso wie die Exzesse des Marquis de Sade eine gleichermaßen "langweilige" Lektüre abgeben, wobei aber die Langeweile, die das vorliegende Werk erzeugt, darauf gründet, dass hier ein "Systembau als Ritual" betrieben wird, das alles als "gleichwichtig behandelt". Diese meditative Eigenschaft macht dann auch keineswegs einen Makel, sondern einen der "größten Reize" dieses Werks aus, betont die Rezensentin angetan. Während Neubaur auf die im Kamasutra beschriebenen Stellungen des Geschlechtsverkehrs nicht näher eingehen will - "da braucht man vor allem sportliche Kondition" - hebt sie die Besonderheit des Kamasutra als "Verbindung von Phantasie und Objektivität" hervor. Sie begrüßt diese Neuübersetzung nebst Kommentar durch die amerikanische Religionswissenschaftlerin Wendy Doniger und den indischen Psychoanalytiker Sudhir Kakar und betont, dass die Ausgabe nicht nur das Verständnis der europäischen Leser weckt und "hervorragende" religionswissenschaftliche und philologische Informationen bietet, sondern zudem mitunter auch noch "witzig" sei. Am Schluss weist die begeisterte Rezensentin noch auf die "wunderschönen Bildtafeln" hin, die das Buch illustrieren.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2004

Claudia Wenner freut sich, dass es diese "vorzüglich" kommentierte Neuübersetzung des Kamasutra von Wendy Doniger und Sudhir Kakar ins Deutsche geschafft hat. Durch den "Umweg" über das Englische könnten zwar in philologischer Hinsicht "neue Ungenauigkeiten" entstanden sein, befürchtet die Rezensentin, doch die "glänzend geschriebene" und "höchst interessante" Einleitung des Autorenpaars wiege das wieder auf. Nicht nur erleichtert sie den Zugang zum Text "erheblich" und begründet die Aktualität desselben, sondern erlaubt auch einen "multiperspektivischen Blick" auf das Kamasutra, lobt Wenner. Dass diese Einleitung für die deutsche Ausgabe gekürzt wurde, ist dann auch der einzige Kritikpunkt der Rezensentin. So erfahre der deutsche Leser nichts über die Bedeutung der Zahlen in dem Text, und auch die Notwendigkeit einer Neuübersetzung wird ihr nicht ersichtlich, da die in der englischen Originalausgabe erwähnten Mängel von Richard Burtons Erstübersetzung aus dem 19. Jahrhundert übergangen wurden.