Volkmar Sigusch

Sexualitäten

Eine kritische Theorie in 99 Fragmenten
Cover: Sexualitäten
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2013
ISBN 9783593399751
Gebunden, 628 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Was Sie alles über Sexualität wissen könnten Sigmund Freuds Sexualtheorie ist inzwischen mehr als 100 Jahre alt. Seitdem hat sich viel verändert. Wir denken und arbeiten heute nicht nur anders, wir begehren und lieben auch anders. Die Sexualität ist nicht mehr die große Metapher des Rausches und der Revolution. Sie wird heute durch Medien und Kommerz weitgehend banalisiert. Vor diesem Hintergrund legt der große Sexualforscher Volkmar Sigusch mit diesem Buch eine eigene Sexualtheorie vor, die erstmals auch die Neosexualitäten unserer Zeit wie Internet-, Portal- und Asexualität umfasst, Neogeschlechter wie Trans-, Inter- und Agender sowie Neoallianzen wie Polyamorie und Objektophilie. Selbstverständlich werden auch die alten Formen wie Hetero-, Homo- und Bisexualität, Sadomasochismus und Pädophilie erörtert. Der Kern der Sigusch-Theorie lautet: Keine Sexualität eines Menschen ist mit der eines anderen identisch. Weil das Sexuelle sich der Systematisierung entzieht, kann darüber theoretisch nur in Fragmenten gesprochen werden. Und weil sich eine Sexualtheorie nur durch Praxis erhellt, geht Sigusch auf die gelebte Sexualität der Kinder, der Jugendlichen, der Paare, der Alten und vieler anderer ein.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.01.2014

Es lebe die individuelle Sexualität! Mit dem Autor, dem umtriebigen Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch, freut sich Volker Breidecker nach fordernder Lektüre über dieses Fazit. Zuvor hat ihm der Autor markig und wissend die "Sache mit dem Sex", die Vielfalt der Sexualpraktiken im Neoliberalismus auseinandergesetzt, ihm von Fakesexerinnen, Objektsexuellen und Neozoophilen berichtet und auch von gewöhnlichen Normopathen. Das Wagnis, nach Freud noch einmal eine Sexualtheorie in Angriff zu nehmen, findet Breidecker mutig, zumal der Autor auch das Fantastische, Widerständige und Faule des Sexuellen inkludiert. Dass es dem Autor Ernst ist, erkennt der Rezensent spätestens bei dessen Verhandlung der Missbrauchsdiskurses.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.11.2013

Eigentlich kennt Hans-Martin Lohmann diesen Autor als kenntnisreichen, mit seinem Händchen für historische und gesellschaftstheoretische Problemstellungen auch Laien interessierenden Sexualwissenschaftler von Rang. Umso mehr enttäuscht ihn der vorliegende Band. Der krankt laut Lohmann am offensichtlichen und von keinem Lektor gebremsten Wunsch des Autors, sein gesamtes Wissen preiszugeben. Doch das ist nicht alles. Volkmar Sigusch nervt seine Leser laut Lohmann auch noch mit langatmigen erkenntnistheoretischen Erwägungen, Binsenweisheiten über die Warenform des Sex und einer schier endlosen Aufzählung von Sexualpraktiken, die dem Rezensenten regelrecht Angst macht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.10.2013

War da was? Magnus Klaue erlauscht das Schweigen über den Sexus hinter der spezialisierenden Rede von "Sexualitäten", von Shopsex, E-Sex usw., wie sie der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch in seiner die eigene Forschung bilanzierenden Studie pflegt. Für Klaue jedenfalls sind die vom Autor aufgelisteten "Neigungen" weniger Persönlichkeitsfacetten als Teil sozialer Identität und Gegenstand öffentlicher Debatten. Die im Buch dargelegte Abkehr von Freud, laut Klaue recht unsystematisch strukturiert, spiegelt für den Rezensenten also nicht unbedingt die Realität wider, gewiss aber die "totale Vergesellschaftung des Sexuellen".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2013

Mit Faszination hat Oliver Pfohlmann das neue Buch des inzwischen über 70-jährigen Sexualforschers Volkmar Sigusch gelesen. Nach dessen Darstellung des mannigfaltigen Sexualverhaltens macht sich der Kritiker keine Sorgen mehr um die angeblich immer prüder werdende Gesellschaft. Er stellt Sigusch in eine Reihe mit Freud, beide seien nämlich "Poetosexologen", also Wissenschaftler mit literarischen Ambitionen. Schmunzelnd registriert Pfohlmann die gelegentlich auftretende unfreiwillige Komik. Er hebt Siguschs umfassendes Interesse auch an Formen der eher außergewöhnlichen Sexualität und seinen beachtlichen Beitrag an der Erforschung dieser dritten neo-sexuellen Revolution (nach der um 1900 und der von 1968) hervor und ist lediglich etwas verwundert, dass der Autor gerade mit der Asexualität besonders zu sympathisieren scheint.