Yfaat Weiss

Verdrängte Nachbarn

Wadi Salib - Haifas enteignete Erinnerung
Cover: Verdrängte Nachbarn
Hamburger Edition, Hamburg 2012
ISBN 9783868542431
Gebunden, 286 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Mitten in Haifa befindet sich ein Ruinenareal, das bis Ende der 1950er Jahre das Armenviertel Wadi Salib war. In der israelischen Geschichte ist Wadi Salib vor allem durch die Proteste der damals dort wohnhaften marokkanisch-jüdischen Bewohner im Jahr 1959 verankert, die gegen ihre zum Teil erbärmlichen Lebensbedingungen aufbegehrten. Deren Auseinandersetzungen mit der Polizei brachte die Spannungen zwischen Immigranten und Alteingesessenen, zwischen aus arabischen und aus europäischen Ländern stammenden Juden zum Vorschein und erzeugte erstmals ein politisches Bewusstsein für die innerhalb der jüdischen Bevölkerung existierende ethnische Diskriminierung. Doch das ist nur ein Teil der Geschichte: Die Tatsache, dass Wadi Salib nur wenige Jahre zuvor noch ein intaktes arabisches Viertel gewesen war, war 1959 bereits vollkommen aus der Erinnerung gewichen und das ist bis heute so geblieben. Im Zuge der Kämpfe von 1948 mussten die arabischen Bewohner aus ihren Häusern flüchten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.11.2012

Mutig findet Joseph Croitoru dieses Buch der aus Haifa stammenden Historikerin Yfaat Weiss. Israelische Stadtgeschichte scheint dem Rezensenten ein heikles Thema zu sein. Als eine der ersten ihrer Zunft versucht Weiss, und wie der Rezensent findet: auf spannende Weise, die Geschichte des einstigen arabischen Wohnviertels Wadi Salib in Haifa genau zu rekonstruieren. Croitoru liest von sozialer Not und Zwangsumsiedlungen und lernt, dass die Geschichte des Stadtteils weniger mit ethnischen, als mit politischen und sozialen Problemen zu tun hat, und dass diese eine lange Vorgeschichte haben. Auf solche Kontinuitäten in einer an Brüchen reichen Stadtgeschichte hinzuweisen und zugleich die kulturelle Vielschichtigkeit des Viertels deutlich zu machen, scheint ihm kein kleines Verdienst zu sein.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2012

Rezensent und Politikwissenschaftler Claus Leggewie zollt der Fallstudie der israelischen Autorin Yfaat Weiss zu einem Stück "verdrängter Erinnerung" aus der Stadt Haifa höchste Anerkennung. Der Ort, den er 2001 bei einem Vortragsaufenthalt als multikulturelle, tolerante Stadt kennengelernt hatte, erlebte 1959 die gewaltsamen innerjüdischen Auseinandersetzungen zwischen Mizrahim, armen marokkanischen Flüchtlingen und Ashkenasim, was zur Verdrängung der Mizrahim an den Stadtrand führte, informiert der Rezensent. Durch intensives Quellenstudium schriftlicher und mündlicher Quellen und dank ausgezeichneter "Ortskenntnis" ist der Autorin, die das Bucerius Centre der Universität Haifa leitet, eine differenzierte und genaue Darstellung gelungen, lobt Leggewie. Deren "Clou" besteht darin, dass Weiss die Verdrängung von 1959 aus dem Stadtviertel Wadi Salib als Wiederholung beschreibt, waren doch 1948 die arabischen Einwohner durch die jüdischen Einwanderer brutal enteignet und vertrieben worden, so der Rezensent.
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