Die Zahl antisemitischer Straftaten ist in Frankreich stark gestiegen. Nicolas Bove
unterhält sich mit
Jean-Yves Camus, vom "Observatoire des radicalités politiques" über die historischen und aktuellen Ursprünge des
Antisemitismus in Frankreich, die in der Tat sehr vielfältig sind: Der Antisemitismus ist noch virulent in
rechtsextremen Kreisen um die Zeitschrift
Rivarol, es gibt ihn in der klassisch
globalisierungskritischen Linken und unter
Muslimen - und Camus bedauert es sehr, dass im laizistischen Frankreich keine Statistiken über den ethnisch-religiösen Hintergrund erlaubt sind. Es gibt außerdem den
besonders trüben Zwischenbereich zwischen rechtsextrem und linksextrem, der von dem Komiker
Dieudonné besetzt wird, dem viele Jugendliche aus der Banlieue folgen. Auch die "Indigènes de la République", die eine Art postkolonialen Extremismus betreiben, haben Dieudonné mit dem Argument verteidigt, dass der Kampf gegen den Antirassimus wesentlicher sei als der Kampf gegen Antisemitismus: "Solche Reden werden von Leuten gehalten, die sich
als Linksradikale sehen, aber eine Idee von der Republik haben, die mir völlig inakzeptabel scheint. Zum einen weil sie nicht auf der Geschichte, sondern auf einer
Ideologie der Schuld beruht: Es ist notwendig, die Geschichte des Algerienkriegs, des Sklavenhandels, der Kolonisierung zu schreiben. Viele seriöse Historiker tun das. Aber es besteht ein entscheidender Unterschied zwischen einer Geschichtsschreibung, die Schattenbereiche ausleuchtet… und einer
Kulpabilisierung eines Teils der Bevölkerung, weil er aufgrund seines Ursprungs für die Verbrechen seiner Vorfahren verantwortlich sei."
Ergänzend sei die Lektüre von
Paul Bermans Artikel über
linken Antisemitismus in Großbritannien, Frankreich und den USA aus
Tablet empfohlen.