10.06.2014. Google will Seiten, auf denen es Suchergebnisse zensieren musste, kennzeichnen, berichtet der Guardian. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales findet das Urteil des EuGH gegen Google im Interview mit Techcrunch fatal. Jaron Lanier ist kein Internetpionier hält Florian Cramer im Blog des Merkur fest. Im Tagesspiegel freut sich die Autorin Hatice Akyün über Integrationserfolge der deutschen Gesellschaft. In der Berliner Zeitung kritisiert Götz Aly den Euro.
Internet, 10.06.2014
Jaron Lanier war
kein Internetpionier, wie die Medien nach der Friedenspreismeldung fälschlich meldeten, sondern ein Entwickler von Computerspielen und "
Virtual Reality",
schreibt Florian Cramer im Blog des
Merkur - und das hat Laniers Blick aufs Netz nachhaltig geprägt: "Seine Wut auf die Textseiten des World Wide Web und von Wikipedia, gegen die Betriebssysteme Unix und Linux mit ihrer Tastatur-Kommandosteuerung im Buch "Gadget" geht nicht bloß, wie das Feuilleton glaubt, gegen
Internet-Kollektiv- und Gratiskultur, sondern drückt auch die Enttäuschung darüber aus, dass elektronische Netzwerke sich nicht, wie in den frühen neunziger Jahren von vielen erhofft und erwartet, zu
audiovisuellen 3D-Interaktionsräumen entwickelt haben." Nebenbei weist Cramer darauf hin, dass der andere bei der
FAZ beliebte Internetkritiker,
Evgeny Morozov, sehr boshaft über Laniers Theorien
schreibt.
Über
40.000 Löschanträge sind bei
Google gestellt worden, nachdem der Konzern ein Formular ins Netz gestellt und so auf eine Entscheidung des EuGH reagiert hat, der ein "Recht auf Vergessen" festschrieb,
berichtet Josh Halliday im
Guardian: "Google plant auch, Seiten mit zensierten Suchresultaten
zu kennzeichnen... Der Konzern denkt darüber nach, einen Hinweis auf dem Fuß jeder Seite zu präsentieren, auf der er Links... gelöscht hat."

Halliday verweist auch auf ein
Interview mit Wikipedia-Gründer
Jimmy Wales in
Techcrunch, der das Urteil in scharfen Worten kritisiert: "Ich betrachte wahrheitsgemäße Information in Gerichtsakten, die durch Gerichtsentscheid in Zeitungen publiziert werden, nicht als private Information. Diese Entscheidung bringt die interessanten philosophischen Fragen nur durcheinander und macht
reale Fortschritte beim Datenschutz nur schwieriger." Wales ist von Google in ein Komitee berufen worden, dass die Löschvorgänge bei Google begleiten soll. (Foto:
William Brawley unter CC-
Lizenz bei
Flickr.)
Medien, 10.06.2014
Schonungslos klärt der
NDR auch über sich selbst auf und
findet in Stefan Niggemeier einen rückhaltlosen Bewunderer: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sich viele lästige Fragen anhören in diesen Tagen. Fragen wie:
Warum seid ihr so gut? Wie schafft ihr es, so unfassbar gut zu sein? Und: Ist es euch nicht schon peinlich, wie gut ihr seid? Glücklicherweise hat der
Norddeutsche Rundfunk ein Forum, um sich solchen Fragen zu stellen: die Sendung "
Unser NDR - Reden wir drüber.""
Kulturpolitik, 10.06.2014
In der
NZZ erklärt Joachim Güntner, warum er den Begriff "
Kulturelle Bildung" für "breitgetretenen Quark" hält. Und im
Tagesspiegel fordert Anwalt
Peter Raue, dass der Bund seine
Repräsentationspflicht der Hauptstadt gesetzlich regelt.
Gesellschaft, 10.06.2014
Ulf Poschardt
macht sich in der
Welt Gedanken über fünfzig Jahre
Babyboomer und ihre pokulturelle Sozialisation: "Kein Zufall ist es, dass die eigentliche politische und lebensweltliche Zäsur dieser Generation eine "friedliche Revolution" war, die in Kirchengemeinden und mit Kerzenlichtdemos durch eine neue
heiligenscheinliche Subversionskultur vorbereitet wurde. Popkulturell mündete dies sehr indirekt in eine Subkulturerweckung durch Techno und Loveparade..." Na und so weiter, wir waren ja dabei.
Kolumnistin
Hatice Akyün, deren Buch "Einmal Hans mit scharfer Sauce" gerade verfilmt wurde,
erklärt im Interview mit dem
Tagesspiegel, was sich im
deutsch-türkischen Zusammenleben seit Erscheinen des Buchs 2005 verändert hat: "Man muss sich nur einmal erinnern. Vor zehn Jahren hat
Sibel Kekilli in "Gegen die Wand" noch die unterdrückte Türkin gespielt. Heute ist sie eine "Tatort"-Ermittlerin mit deutschem Namen.
Fahri Yardım war in früheren Filmen immer der Kriminelle, heute ermittelt er als Partner von Til Schweiger. Das wäre vor zehn Jahren noch nicht denkbar gewesen."
Weitere Artikel: In der
NZZ verteidigt Samuel Herzog den
schwarzen Kardamon gegen seinen schlechten Ruf. In der
taz berichtet Rudolf Walther über die
Adorno-Vorlesungen in Frankfurt, die in diesem Jahr von der amerikanischen Soziologin
Michèle Lamont gehalten werden. In der
FAZ möchte Christian Geyer die Debatte um
Inklusion von einer "Gesinnungshuberei" befreien, die alle Unterschiede verwische. Hannah Lühmann porträtiert
Bernd Scherer, Intendant des Berliner Haus der Kulturen. In der
SZ will Gerhard Matzig nicht so recht einstimmen in das
Expertenbashing von Architekt
Christoph Mäckler, der in seiner "Kölner Erklärung" heutige
Stadtplaner kritisiert: "Das Volk hat die Experten, die es verdient - und die entsprechenden Stadträume dazu", meint Matzig.
Europa, 10.06.2014
Götz Aly
erinnert in seiner Kolumne für die
Berliner Zeitung an prophetische Worte des Meisterökonomen
Wilhelm Röpke zu wirtschaftlichen Unvereinbarkeiten in Europa und schlägt sich auf die Seite der
Euro-Gegner in der EU: "Der alte Streit zwischen lockerer Freihandelszone und möglichst einheitlicher und verregelter Gemeinschaft lebt heute fort in der Opposition der britischen und skandinavischen Regierungen gegen den
Eurokraten Jean-Claude Juncker. Diese Länder verweigerten sich dem Euro. Sie wissen geschichtlich
nicht widerlegte Argumente auf ihrer Seite, und deshalb sollte ihre Kritik ernsthaft geprüft werden."