Die Aktionskünstler vom
Zentrum für politische Schönheit wollen die exhumierten Leichen ertrunkener Flüchtlinge nach Deutschland bringen, um sie hier "würdig zu begraben",
berichten Ines Kappert und Martin Kaul in der
taz. Devise:
Die Toten kommen: "Am Sonntag soll vor dem Kanzleramt angeblich mit Arbeiten für ein "Ehrenmal für unbekannte Einwanderer" begonnen werden. Bei einer für Dienstag geplanten Beerdigung sollen eine Syrerin bestattet werden, die auf der Flucht nach Europa ums Leben gekommen und zuvor in einem anonymen Grab in Südeuropa vergraben worden sei."
In der
SZ hat Peter Laudenbach
noch nicht ausgemacht, ob es sich bei der drastischen Aktion um
einen Skandal oder
eine Fiktion handelt: "Sie haben, zumindest behaupten sie das, zusammen mit Angehörigen, Imamen und Pfarrern zehn "
menschenunwürdige Grabstätten geöffnet und die Toten exhumiert". Diese Exhumierungen wären, wenn es stimmt, natürlich illegal, eine Missachtung der Totenruhe. Nur kann man genauso umgekehrt fragen: Wie ist es mit der
Würde der Toten vereinbar, dass sie in Müllsäcken gestapelt werden?"
Bei
Vice rückt der Aktivist Justus Lenz nicht so richtig mit den tatsächlichen Abläufen der Aktion heraus, erzählt aber von den Besuchen in den betroffenen Regionen: "Da werden regelmäßig Leichen angefahren, offiziell sind die meisten von denen anonym. Wenn man da hingeht und sagt, wir werden die Menschen würdig begraben, wir machen die sichtbar, dann trifft man dort auf
wahnsinnig kooperative Menschen."
Jörg Häntzschel hat für die
SZ in Hongkong die Protagonisten der
Regenschirm-Bewegung besucht, die vor einem Jahr mehr Demokratie von Peking einforderte. Geblieben sind einige welke Zelte vor dem Legislative Council: "Die melancholische Idylle ist eher Memorial für die Proteste als deren Fortsetzung mit bescheideneren Mitteln. Firenze Lai und Benedict Leung waren lange bei keinem der Strategietreffen mehr. "Die Leute sind müde, alle warten", meint Kacey Wong. Und der Künstler Pak Sheung Chuen zuckt die Schultern: "Die Bewegung ist
in kleine Gruppen zerfallen, die miteinander streiten.""
Im
Guardian beschwört Timothy Garton Ash Europa, Griechenland zu retten, schon im eigenen Interesse: "
China besitzt schon den Container-Hafen von Piräus und sieht in ihm das entscheidende
Tor nach Europa in seiner ehrgeizigen Strategie "Ein Gürtel und eine Straße", manchmal auch "die neue Seidenstraße" genannt. Mit seinen immensen Währungsreserven würde Peking nur zu gern noch mehr solcher Leckerbissen aufpicken - und damit mehr Einfluss innerhalb der EU bekommen. Der Ort war einmal die Wiege Europas und der Demokratie - die griechische Flotte, die in der
Schlacht von Salamis das antike Persien besiegte, segelte von Piräus los - jetzt wird er zur Schwanzspitze des chinesischen Drachens. Früher oder später wird ein Stachel in diesem Schwanz stecken."
David Gakunzi, der in
huffpo.fr bloggt,
sieht in der Person des Präsidenten
Pierre Nkurunziza das "radikale Böse" in
Burundi wiederkommen. Nkurunziza will Präsident bleiben, obwohl sein Mandat abgelaufen ist. Ob das Böse "mit offenem Gesicht oder in neuen Kleidern kommt, den bewaffneten Arm versteckt unter einer Flut von Wörtern, die den Frieden und die Ordnung beschwören, seine Natur ist unveränderlich, sein Programm voraussehbar: die Gesellschaft spalten und ethnisieren, die Grundlagen des Zusammenlebens zerreißen, agitieren und den Hass anheizen, Verwirrung stiften,
Angst und Schrecken verbreiten, die Linie zwischen Tod und Leben verwischen - und eines Tages... wacht man auf, und es ist zu spät. Das radikale Böse ist
banal geworden."
Weiteres: In der
Berliner Zeitung attestiert Götz Aly den Griechen ein
gebrochenes Verhältnis zur Realität in finanzpolitischen Dingen, aber auch in historischen. Klaus Hillenbrand
zeigt sich in der
taz ziemlich genervt von der endlosen Wiederholung dramatischer Höhepunkte und vermeintlich letzter Chancen im Streit mit Griechenland. (Der Zeichner
Burkh greift allerdings schon zu den drastischen Mitteln.) In der
FAZ erzählt Joseph Croitoru, wie sich die
irakische Kulturszene und -politik mit dem Islamischen Staat auseinandersetzt.
Bei aller Bewunderung für die amerikanischen Serien. Hanns-Georg Rodek
plädiert in der
Welt dafür, nicht die Schönheiten des
europäischen Rechte-Flickenteppichs leichtferig aufzugeben: "
Netflix ist für den Film das, was Aldi oder Carrefour für Lebensmittel sind: das mächtige Bindeglied zwischen Hersteller und Konsument, das dem einen maximalen Absatz und dem anderen maximale Auswahl verspricht und am Ende beiden die Preise diktiert."
In der
FAZ warnt Uwe Ebbinghaus außerdem vor den Überwachungsmöglichkeiten, die im sogenannten
Smart-TV stecken und ruft nach Regulierung.
Die
Öffentlich-Rechtlichen haben es bisher geschafft, über die
FIFA-Krise zu berichten, als seien sie nicht
Partner der FIFA. Aber gerade die deutschen Sender zahlen Hunderte von Millionen Euro in das Blatter-Korruptions-System ein. Würden sie Transparenz zur Bedingung machen (mehr
hier), könnte Blatter einpacken. In der
Welt zitiert Christian Meier nun eine wunderbar Big-Brother-artige Formel, mit der die
WDR-Rundfunkrätin
Ruth Hieronymi den Rechteerwerb mit den Zwangsgebühren der deutschen Bürger rechtfertigt: "Die
beste Möglichkeit, kritisch und während der WM prominent über die Fifa zu berichten, ist der Rechteerwerb." Meier hat überdies zehn Rundfunkräten einige Fragen zum FIFA-Skandal
vorgelegt, nur vier antworteten.
(Via
Netzpolitik) Es wird langsam mal wieder Zeit, die
Internetutopisten ein bisschen mehr zu würdigen,
meint Cory Doctorow in seiner
Guardian-Kolumne. Diese Utopisten glauben nämlich gar nicht, dass das Internet automatisch den Fortschritt bringt. Deshalb "schaffen sie eine normative Diskussion über die Gefahren eines "
bösen"
Netzes und die Macht eines guten, im Silicon Valley und vielen seiner Ableger. Das ist notwendig, aber nicht ausreichend, um die Übel des Netzes zu bekämpfen. Internetutopisten wissen das. Darum kämpfen sie für Gesetzesreformen. Darum veröffentlichen sie Daten. Darum schaffen sie Massenbewegungen gegen die Abschaffung der Netzneutralität und gegen Massenüberwachung."
Auch in Frankreich rufen Politiker nach Internetregulierung, sobald etwas Schlimmes geschieht,
schreibt Grégor Brandy bei
Slate.fr und zitiert eine Aktivistin: "Das Internet hat den Brüdern Kouachi nicht
auf die Schultern geklopft, damit sie ein Attentat organisieren, sie haben es als Kommunikationsmittel benutzt. Ein Journalist von
Le Monde hat diesen Punkt gemacht: "Die Politiker beschimpfen das Internet, aber niemand hat Gutenberg beschimpft, als "Mein Kampf" erschien."
Außerdem: Evgeny Morozov geißelt in der
FAZ die Perfidien des
Plattformkapitalismus.
Im
Tagesspiegel-Interview mit Gisa Funck
ruft die britische Kolumnistin
Laurie Penny Frauen zu
mehr Faulheit auf, anstatt eine perfekte "Work-Life-Balance" zu leben: "Es gibt eine neue Art von Feminismus, der Leute zu besseren neoliberalen Subjekten machen und sie glauben machen will, Gleichberechtigung hieße,
eine Karriere machen zu können, die Freiraum für Kinder lässt. Das mag wichtig sein. Aber dieser Feminismus geht nicht an die Wurzel der Diskriminierung. Er redet nicht über Verhütung, Abtreibungsrechte oder darüber, wie Arbeit verteilt ist. Er redet nicht über sexuellen Missbrauch, Rassen- und Klassenzugehörigkeit. Wenn wir alle wohlhabende weiße Frauen in Weltstädten sein könnten, wäre das okay. Aber so funktioniert keine echte Befreiung."