29.08.2017. In der taz rät Angela Merkel den Grünen jetzt, wo alles zum Besten steht, nach neuen Themen zu suchen. Im Deutschlandfunk erklärt Religionswissenschaftler Michael Blume, warum nicht jeder Muslim ein Muslim ist. Laut Techcrunch schafft China jetzt endgültig die Anonymität im Internet ab. Die Welt erzählt, wie die italienische Regierung gegen den Faschismus kämpft.
Religion, 29.08.2017
Glaubt man dem Religionswissenschaftler
Michael Blume im
Gespräch mit Andreas Main vom
Deutschlandfunk, dann scheint die Zahl
muslimischer Gläubiger von allen möglichen interessierten Kreisen arg übertrieben zu werden: "Wir erfassen als Muslime
alle Menschen, die von muslimischen Eltern abstammen. Während wir bei Christen nur diejenigen als Christen erfassen, die getauft wurden und einer Kirche angehören. Und schaut man sich das dann näher an, dann sehen wir tatsächlich, dass bei den Muslimen ein schnell wachsender Anteil
Glaubenszweifel hat, mit der Religion wenig oder gar nichts mehr zu tun hat, sich von den Moscheeverbänden überhaupt nicht vertreten fühlt. Und man sieht tatsächlich, dass
die Säkularisierung bei Muslimen ebenso oder sogar stärker auftritt als bei Christen."
Susanne Schröter vom Frankfurter
Forschungszentrum Globaler Islam fordert in der
FAZ, dass sich die
muslimischen Verbände stärker vom
Dschihadismus absetzen: "Die Tatsache, dass fast alle Attentäter einen klaren Moscheebezug hatten und ihre Ideologie des Hasses nicht nur heimlich aus dem Internet bezogen, macht diese Forderung umso dringlicher."
Gesellschaft, 29.08.2017
Die
FAZ versucht recht vergeblich dem Rektor der Berliner
Alice-Salomon-Hochschule, Uwe Bettig, eine Stellungnahme abzuringen, der die Fassade der Uni neu gestalten lassen muss: Der Akademische Senat hat sich
vom Asta unter Druck setzen lassen, der sich an dem Gedicht "Avenidas" des schweizerisch-bolivianischen Dichters
Eugen Gomringer stört. Es besingt Alleen voller Blumen und Frauen. Die
FAZ zitiert auch den
offenen Brief des Asta: "Zwar beschreibt Gomringer in seinem Gedicht keineswegs Übergriffe oder sexualisierte Kommentare, und doch erinnert es unangenehm daran, dass wir uns als Frauen* nicht in die Öffentlichkeit begeben können, ohne für unser körperliches 'Frau*-Sein' bewundert zu werden. Eine
Bewunderung,
die häufig unangenehm ist, die zu Angst vor Übergriffen und das konkrete Erleben solcher führt."
Internet, 29.08.2017
(Via
turi2) Manche schlagen so etwas ja auch für Deutschland vor: China schafft die
Anonymität im Netz ab,
berichtet Catherine Shu bei
Techcrunch: "Am letzten Freitag kündigte der oberste Internetzensor in China neue Regelungen an, um anonyme Posts auf Foren und Plattformen zu unterbinden. Die
chinesische Internetbehörde (Cyberspace Administration of China) wird diese Regeln ab
1. Oktober durchsetzen. Künftig sollen Internetfirmen und Service-Provider Verantwortung tragen, dass die Nutzer sich
mit Klarnamen registrieren und dass jeder illegale Inhalt den Behörden sofort mitgeteilt wird."
Europa, 29.08.2017
Die
taz bringt ein
Haupt- und Staatsinterview mit
Angela Merkel. Nicht ohne Witz ist, was sie gegenüber Georg Löwisch und Anja Maier über
die Grünen sagt: "Wichtig scheint mir, dass sie sich immer wieder
neue Themen erarbeiten, weil sich manche Themen, zum Beispiel die Kernenergie, weitgehend erledigt haben." Zu
Deniz Yücel sagt sie: "Wir setzen uns auf allen Kanälen für ihn ein. Das ist leider sehr kompliziert, weil Deniz Yücel
Doppelstaatler ist und wir da konsularisch nicht so viele Rechte haben. Trotzdem tun wir alles in unserer Macht Stehende für ihn, öffentlich, aber vor allem auch in unseren Kontakten mit türkischen Behörden."
Ramón Emilio Perez-Maura, Redakteur der spanischen Zeitung
ABC,
beschreibt bei
politico.eu die vergifteten Beziehungen zwischen
katalanischen Separatisen und der Nationalregierung. Wie souverän die Katalanen bei den
jüngsten Terrorattacken agierten, lässt er dabei genüsslich einfließen: Das
explodierte Terrorhaus mit zwanzig Gasflaschen wurde zunächst mal als Drogenlager abgetan: "Als die Untersuchungsrichterin die katalanische Polizei Mossos de Esquadra warnte, dass der Zwischenfall wesentlich ernstere Hintergründe haben könnte, sagte der katalanische Polizeichef 'Euer Ehren, bitte übertreiben Sie nicht'. Fünf Stunden später attackierten die Terroristen die Ramblas in Barcelona, brachten 16 Menschen um und verletzten mehr als hundert. Die katalanische Regierung veröffentlichte ihr erstes Statement nur drei Stunden später. Die Welt schaute auf Barcelona, und die Regionalregierung entschied, ihr Statement
auf Katalanisch zu veröffentlichen."
In der
taz berichtet Rainer Wandler, dass die katalanische Regionalregierung jetzt ein "
Übergangsgesetz" zur Vorbereitung der Abspaltung vorlegt. Das Referendum ist für den 1. Oktober angesetzt.
In der
NZZ warnt die Grünen-Politikerin
Marieluise Beck Europa vor verschwiemelten Kompromissen mit
Russland, das an der Zersetzung des Westens arbeitet und in der Ukraine eindeutig Aggressor ist. Aber sie fordert auch
Visafreiheit: "Reisen bildet. Der
Propagandamaschine des Kreml, die die Köpfe ihrer Bürger vergiftet, sollten wir die Freiheit entgegenstellen. Kein Visa-Regime mehr, das ein Gefühl der Demütigung hervorruft. Je mehr russische Bürger den Westen mit seiner Meinungs- und Pressefreiheit, einem
Leben ohne korrupte Abzocke und selbstbewussten Bürgern erleben, desto schneller wird das autoritäre Regime im Kreml bröckeln."
Italiens Regierung will die
Verherrlichung des Faschismus schärfer ahnden, in der
Welt beschreibt Lene Faust, wie das Vorhaben Neofaschisten und die 5-Sterne-Bewegung zusammenschweißt: Zum Beispiel in
Chioggia, wo es einen
faschistischen Strand gibt, mit Postern vom Duce und vielen antidemokratischen Gehässigkeiten: "Gianni Scarpas faschistischer Strandabschnitt an der gegenüberliegenden Adriaküste war seit Jahren etabliert. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Venedig gegen ihn, und er musste diesen auf Anordnung der örtlichen Polizei von allen faschistischen Attributen säubern, ihn sozusagen entnazifizieren. Es handle sich in diesem Fall
nur um Folklore, soll der Vizebürgermeister von Chioggia die Angelegenheit kommentiert haben, und: die Polizei solle sich doch lieber um tatsächlich gefährliche Straftäter kümmern." Der Mann gehört zu Beppe Grillos
Fünf-Sterne-Bewegung.
Politik, 29.08.2017
Der Westen hat im
Syrienkrieg völlig falsch gelegen,
dekretiert Götz Aly in der
Berliner Zeitung, mit großer Entschiedenheit, aber ohne Baschar al Assad und seine Kriegsverbrechen auch nur zu erwähnen: "Fest steht: Das iranische und russische Eingreifen in Syrien vereitelte den Sieg
sunnitischer Islamisten. Hingegen hatte Saudi-Arabien im Verein mit den Nato-Mitgliedern Türkei, Großbritannien und USA den fundamentalistischen Feinden der syrischen Regierung riesige Mengen an militärischem Material geliefert oder in deren Hände fallen lassen. Sie taten das unter dem Vorwand oder in der
naiven Einbildung, sie würden demokratische Kräfte unterstützen. Diese '
demokratischen Kräfte' blieben jedoch fiktiv. Sie konnten während des sechsjährigen Bürgerkriegs kein glaubwürdiges Gesicht präsentieren, keine konsistente Struktur, geschweige denn eine Basis in der syrischen Bevölkerung."