13.03.2018. Politco.eu legt glasklar dar, warum Italien nun wirklich nicht mehr regierbar ist. Der Guardian klärt über die Aktivitäten der "Cyber Muslim Army" auf, die in Indonesien mit Bots und Hate Speech für den wahren Glauben kämpft. Die NZZ beschreibt die Presse in Osteuropa - wenn sie nicht zur Schweizer Ringier-Gruppe gehört - als abhängig von Staatsaufträgen und Oligarchen. Die Salonkolumnisten wundern sich, wer heute alles "rechts" ist. In der Washington Post kratzt Shashi Tharoor am Winston-Churchill-Kult.
Europa, 13.03.2018
Es ist wahrscheinlich schon häufiger gesagt worden, aber Tito Boeris
Beschreibung der
italienischen Zustände in
politico.eu - der Norden hat rechts-, der Süden linkspopulistisch gewählt - macht noch mal deutlich, warum das Land
unregierbar ist: "Die Fünf Sterne setzten sich für ein 'Grundeinkommen' ein, ein sehr großzügiges System garantierter Mindesteinkommen, dessen geschätzte Kosten bei rund 30 Milliarden Dollar (fast 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) lägen. Das Mitte-rechts-Bündnis der Lega Nord machte derweil Wahlkampf für eine Steuerflatrate, die die Fiskaleinnahmen des Staates um geschätzte 60 Milliarden Euro vermindern würden. Beide Maßnahmen wären mit dem Ziel der Reduktion der Stabilisierung der
öffentlichen Schulden unvereinbar. Sie beide einzuführen, wäre nicht machbar. Diese widersprechenden Visionen werden es beiden Parteien unmöglich machen, mit der je anderen in ein Bündnis zu treten."
Internet, 13.03.2018
Der Islamismus lernt nie aus. Im
Guardian deckt Kate Lamb die Aktivitäten einer "
Cyber Muslim Army" auf, die mit Bots, Fake News und Hate Speech die
indonesische Öffentlichkeit beeinflussen will: "Die Botschaften sind clever darauf angelegt, Sympathie für den Islam zu erzeugen. Posts über die Verfolgung von Muslimen in Myanmar und Palästina wurden mit heimischer Polemik, Hass auf die chinesische Minderheit und Unterstützung für
indonesische Hardliner gemischt... Die Enthüllung zeigt, wie sich bestimmte Interessengruppen innerhalb der CMA für finstere politische Ziele einsetzten, und sie zeigt, wie leicht es ist,
soziale Netzwerke zu überlisten, besonders Twitter."
Medien, 13.03.2018
"Es gibt inzwischen ein so vielfältiges Angebot an
privaten Sendern, dass die öffentlich-rechtliche Konkurrenz vielfach unnötig geworden ist",
schreibt der Jungliberale Phil Hackemann in der
taz-Debatte über die
öffentlich-rechtlichen Sender. "Wir benötigen deshalb keine Dutzenden öffentlich-rechtlichen Sender mehr, die im Grunde dasselbe Angebot bereitstellen wie ihre privaten Pendants. Stattdessen bräuchten wir im Prinzip
nur noch einen werbefreien öffentlichen Sender pro Ausstrahlungsform (also Radio und TV), der uns rund um die Uhr mit hochwertigen Nachrichten, Dokumentationen und Kultur versorgt - und zwar ohne Werbeunterbrechung."
Matus Kostolny, Chefredakteur der slowakischen Zeitung
Dennik N spricht mit
FAZ-Autor Stephan Löwenstein über die Reaktionen des Publikums auf den Mord an dem Journalisten
Jan Kuciak und seiner Lebensgefährtin
Martina Kusnirova. "Auf Journalisten zu schimpfen liegt im Trend. Für Politiker ist das bequem. Bei uns waren sie recht
erfolgreich damit, die Menschen zu verunsichern. Traditionelle Medien schienen wirklich an Vertrauen verloren zu haben. Aber die letzten Tage haben gezeigt, dass das überhaupt nicht der Fall ist. So eine
starke Welle von Sympathie und Solidarität hätte ich nicht erwartet. Es scheint, als hätten die Leute doch erkannt, wie wichtig es ist, unabhängige Medien zu haben. "
Markiert der Mord an
Jan Kuciak, der Großdemonstrationen in der Slowakei, den Rücktritt des Innenministers und internationale Proteste zur Folge hatte, vielleicht gar eine
Trendwende in Osteuropa? Ivo Mijnssen macht sich in der
NZZ wenig Hoffnungen. Er erinnert daran, dass der Mord ohne Kuciaks Arbeitgeber
Ringier nicht so hohe Wellen geschlagen hätte: "Ohne dessen weltweite Kampagne wäre die ausländische Aufmerksamkeit deutlich kleiner gewesen. Im Mordfall Kuciak wurde damit viel erreicht, doch die Notwendigkeit dieses Drucks verweist gleichzeitig auf die
Schwäche der slowakischen Medienlandschaft. Diese ist, wie in anderen Ländern der Region, in der Mehrheit stark abhängig von Staatsaufträgen oder von der Gunst von Oligarchen."
Außerdem: Nils Jacobsen
meldet in
Meedia, dass
Apple den amerikanischen Digital-Magazin-Dienst
Texture kauft, der gegen ein Monatsabo einen Querschnitt aus Magazinen wie
Vogue oder
Wired bietet und als eine Art "Netflix der Magazine" gelten will.
Gesellschaft, 13.03.2018
Michael Miersch
wundert sich bei den
Salonkolumnisten über die immer inflationärer verwandte Diskreditierungsvokabel "
rechts", die ganz gewaltig zur
Hysterisierung des Debattenklimas beiträgt: "So gilt heute als rechts, wer bestimmte technische Errungenschaften wie
Pflanzengentechnik oder Atomenergie nicht rundheraus ablehnt. Obwohl doch der technische Fortschritt vor nicht allzu langer Zeit noch Sache der Linken war. Seltsam auch, dass Skepsis gegenüber
apokalyptischen Klimaprognosen als rechte Gesinnung angeprangert wird. Ebenso steht eine kritische Haltung
gegenüber dem Islam unter Rechts-Verdacht. Religionskritik rechts? Das hätte noch vor wenigen Jahrzehnten völlig absurd geklungen."
In der
NZZ beschreibt Mona Sarkis die winzigen Pflänzchen Hoffnung in der (noch) von islamischen Milizen besetzten syrischen Zone
Ost-Ghuta. Auch die verarmte Bevölkerung ist religiös-konservativ, doch in den letzten Jahren zeigten Miliz und Patriarchat zunehmend Aufweichungserscheinungen, so Sarkis: In den Schulen lernen die
Kinder jetzt Fächer wie Mathematik, Biologie oder Erdkunde, aber auch Französisch und Englisch. Und zahlreiche
Fraueninitiativen unterstützen Frauen, ihre Rechte wahrzunehmen: "Tatsächlich verlangten die Frauen in Ost-Ghuta jüngst immer lauter nach
Einlass in die zivilen Entscheidungsgremien ihrer patriarchalen Gesellschaft. Für mehr Selbstbewusstsein sorgt in Duma auch das 'Haus des Wissens', eine 2013 von Frauen eröffnete
Bibliothek. ... Seit 2014 wagt sich das 'Haus des Wissens' zudem an ein Thema, über das keine Gesellschaft gerne spricht - und die arabische am liebsten gar nicht:
sexuelle Belästigung von Kindern. Angesichts des psychologischen Drucks unter der Belagerung haben die Fälle innerhalb der Familien offenbar zugenommen."
Geschichte, 13.03.2018
Shashi Tharoor, Autor des Buchs "Inglorious Empire - What the British Did to India", sieht das mit der historischen Größe
Winston Churchills offenbar etwas anders als die Briten aus ihrem Downton Abbey heraus. Der Oscar der letzten Woche für Gary Oldman, so
schreibt Tharoor in der
Washington Post, "ehrt nur eine
weitere Hagiografie dieses üblen Manns. Irakern, die Churchill vergasen wollte, griechischen Demonstranten in den Straßen Athens, die auf Churchills Befehl im Jahr 1944 niedergemäht wurden, all den Paschtunen und Iren und auch Indern wie mir selbst wird es immer ein Geheimnis bleiben, wie einige bombastische Reden ausreichen konnten, das
Blut von Churchills rassistischen Händen zu waschen."