Ein neuer Beppe Grillo? John Lichfield
porträtiert für
politico.eu den französischen Komikrer
Jean-Marie Bigard, der sich - falls das kein PR-Gag ist - für die
Gelbwestenbewegung als Präsidentschaftskandidat bewerben will - angeblich hätte er eine Zustimmungsrate von 13 Prozent (Macron hatte in der ersten Runde der letzten Präsidentschaftswahlen 24 Prozent). Bigard ist für seinen zotigen Humor bekannt: "1987 schaffte er den Sprung zum Standup-Comedian - damals eine Seltenheit in Frankreich. 2004 verkaufte er
52.000 Tickets im Stade de France. Ein Großteil seines beträchtlichen Reichtums stammt heute aus Videos und YouTube-Auftritten, die, wie er behauptet, mehr als acht Millionen Zuschauer anziehen. Im Mainstream-Fernsehen ist er nur selten zu sehen. Dafür sind seine Auftritte
viel zu extrem." Ob die gilets jaunes Bigard allerdings wollen, ist überhaupt nicht klar, so Lichfield.
In
Bristol ist ein Denkmal des
Edward Colston ins Wasser gekippt worden. Bevor er sich als Philantrop betätigte, begründete er
als Sklavenhändler den Reichtum der Stadt, erläutert Gina Thomas in der
FAZ: "In dieser Zeit sollen 84.000 mit den Initialen der Gesellschaft
gebrandmarkte Männer, Frauen und Kinder aus Westafrika nach Amerika verschifft worden sein. Rund 20.000 davon kamen nie an. Ihre Leichen wurden
über Bord geworfen. Niemand achtete auf dem Gipfel imperialer britischer Macht Ende des 19. Jahrhunderts groß darauf, dass die vielen Wohltaten, mit denen Colston seine Heimatstadt bedachte, seinem aus dem Sklavenhandel gewonnenen Reichtum zu verdanken war."
Sehr verärgert
kommentiert der ehemalige Grünen-Politiker
Rupert von Plottnitz in der
FR das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts gegen die
EZB und die scharfe Kritik des Gerichts am
EuGH: "Bundestag und Bundesregierung sollen dem Karlsruher Urteil zu Folge jetzt bei der EZB darauf hinwirken, binnen einer Frist von drei Monaten zur Verhältnismäßigkeit von währungspolitischer Zielsetzung und wirtschaftspolitischen Folgen des Anleihekaufprogrammes Stellung zu nehmen. Auch das ist
reichlich skurril. War es doch die Bundesrepublik, die bei der Schaffung der EZB um nichts mehr bemüht war als um die Sicherung der
Unabhängigkeit der EZB nach dem Vorbild der Bundesbank."
Der Wiederaufbau des Turms der
Garnisonkirche in Potsdam ist mittlerweile nicht mehr zu stoppen. Nun wird auch verstärkt der Wiederaufbau des
Kirchenschiffes betrieben,
berichtet Marlene Militz in der
taz. Damit stünde ein Monument des deutschen Militarismus in scheinbar
unversehrter Pracht wieder da. Weichen müsste das
Rechenzentrum, ein Denkmal der DDR-Moderne. Dagegen wenden sich Kritiker wie der Architekturhistoriker
Philipp Oswalt: Auch "die Landessynode der evangelischen Kirche hatte ihre Finanzierung eines 6-Millionen-Euro-Kredits davon abhängig gemacht, dass
keine historische Rekonstruktion des Kirchenschiffs erfolge. Und dies grundbuchrechtlich abgesichert. Die Stiftung will nun
darüber hinweggehen. Dabei sei 'das Nebeneinander von rekonstruiertem Turm und Rechenzentrum - gerade in dieser räumlichen Enge - extrem spannungsvoll', und erzähle viel, so Oswalt. So ähnlich sieht das auch Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Er will das Rechenzentrum vor dem Abriss bewahren und ist gegen die Rekonstruktion des Kirchenschiffes."
Die Grünen-Politikerin
Kirsten Kappert-Gonther betont in der
taz, wie sehr der postkoloniale Kritik den hiesigen Diskus stärken könne: "Demut und die Abgabe von Deutungshoheit der
eurozentristischen Sicht sind dabei elementar." Zugleich findet sie aber klare Worte gegen den Antizionismus bei vielen postkolonialen Protagonisten: "Die Verdienste des postkolonialen Diskurses werden in keiner Weise geschmälert, wenn wir festhalten: Die kritische Aufarbeitung des kolonialen Erbes und die Überwindung von Kolonialitäten brauchen nicht den
Rekurs auf Israel. Die wiederkehrenden polemischen Versuche, Israel als 'Siedlerkolonie' oder 'rassistischen Apartheidstaat' zu delegitimieren und zu dämonisieren, sind
historisch falsch und ihnen muss aufs Schärfste widersprochen werden."
Julia Amalia Heyer porträtiert (nicht online) im
Spiegel den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung
Felix Klein, der durch manche Äußerungen und besonders durch seine Kritik an
Achille Mbembe inzwischen als umstritten gelten darf. Er sagt: "Antisemitismus entsteht unabhängig vom Verhalten von Juden. Dies gilt auch, wenn die Projektionsfläche hierfür Israel ist. Die Annexionspläne geben Anlass für Kritik, aber selbst wenn sich Israel
absolut völkerrechtskonform verhielte, gäbe es trotzdem israelbezogenen Judenhass in Deutschland und Europa."
"Die Behauptung einer
Holocaustfixierung und ihrer angeblichen erinnerungspolitischen Verdrängung des Leids der Kolonisierten ist bei postkolonialen Theoretikern weltweit ein beliebter Schachzug, um einen
Schlussstrich von links zu fordern", meint in der
Welt Ingo Elbe und bezieht sich dabei auf einen
Artikel von
Felix Axster, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin, im
Freitag. "Im nächsten Schritt wird dann, wie im Fall von Mbembes Anwendung der postkolonialen Schablone, die Verteidigung Israels gegen antisemitischen Terror zur
rassistischen Apartheidspolitik umgebogen. Man gefällt sich in der Forderung, die Juden sollten als Lehre aus Auschwitz auf 'Grenzen und Trennungen' zu 'den Anderen' verzichten. Um sich dabei ein gutes Gewissen zu bereiten, reicht es aber nicht, mit frommem Gestus die 'Versöhnung' oder 'Reparatur' der Welt zu fordern, man muss auch mit allen Mitteln leugnen, dass 'die Anderen'
wirklich ein Feind der Juden sein könnten."
Amerikanische Polizisten töten nicht nur
überproportional schwarze Menschen, sie töten überhaupt viele Menschen,
erzählt der amerikanische Soziologe
Alex S.
Vitale im Interview mit
Zeit online. Das habe auch damit zu tun, dass Kriminalität immer nur als
Polizeiproblem gesehen wird, nie als soziales: "Unsere
Schulen funktionieren nicht richtig, wir haben eine hohe
Obdachlosigkeit, wir haben ein riesiges
Drogenproblem und jede Menge Menschen mit schweren
psychischen Problemen, die keine medizinische Hilfe finden. Viele unserer Jugendlichen schlagen sich damit durch, dass sie sich irgendwie auf dem Schwarzmarkt verdingen. Aber anstatt die ökonomischen Ursachen anzugehen, haben wir die Symptome kriminalisiert und der Polizei aufgetragen, sie irgendwie zu managen. Also haben wir jetzt Polizisten in Schulen, Obdachlose in Gefängnissen und die Polizei kommt, wenn jemand in einer psychischen Notfallsituation steckt. Das trifft alles doppelt und dreifach auf arme und nichtweiße Gegenden zu."
In der
SZ schildert die südafrikanische Schriftstellerin und Kuratorin
Zukiswa Wanner ihre Erfahrungen mit
Rassismus in Simbabwe, den USA und auf europäischen Flughäfen: "Im nächsten Monat werde ich 44. Wenn ich
jede Demütigung aufschreiben müsste, der ich seitdem auf den verschiedenen Kontinenten wegen der Farbe meiner Haut ausgesetzt war … Wenn ich eine willkürliche Auswahl jener Flughäfen im Schengen-Raum treffen müsste, obwohl ich längst ein strenges Visumverfahren durchlaufen habe … Wenn. Ich müsste viele Bücher darüber schreiben."
Erst haben sich in den USA
Polizisten hingekniet, um ihre
Solidarität mit den Demonstranten auszudrücken, die die Polizeigewalt gegen Schwarze anprangern. Jetzt
knien auch die Demokraten im Gedenken an George Floyd,
meldet Zeit online: "Mit einem Kniefall und minutenlangem Schweigen haben Parlamentarier der oppositionellen US-Demokraten an den bei einem brutalen Polizeieinsatz getöteten Schwarzen George Floyd erinnert. Führende Oppositionsvertreter wie
Nancy Pelosi und Chuck Schumer gingen im Kongress in Washington auf die Knie und hielten 8:46 Minuten lang schweigend inne. So lange hatte ein weißer Polizist sein Knie auf Floyds Nacken gedrückt, obwohl dieser wiederholt klagte, er bekomme keine Luft mehr. Die demokratischen Vertreter von Repräsentantenhaus und Senat trugen
Schals mit afrikanischen Mustern, als sie in der sogenannten Emancipation Hall des US-Kongresses zusammenkamen." Weiter gingen
Polizeibeamte in North Carolina, die
laut Daily Mail schwarzen Priestern
die Füße wuschen, um "Demut und Liebe auszudrücken".