9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Kulturmarkt

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 12.08.2023 - Kulturmarkt

Randomhouse ist mit seinem Versuch, den amerikanischen Großverlag Simon & Schuster zu kaufen, an amerikanischen Kartellgerichten gescheitert. Nun wird der Verlag vom Investor KKR (der auch Anteile an Springer hält) übernommen. Für Lothar Müller in der SZ eine neue Qualität: "Für einen Finanzinvestor wie KKR gibt es kein branchenbezogenes Kerngeschäft. Hier ist das Kerngeschäft das Investieren selbst, in welche Branche auch immer. Chef der Mediengruppe bei KKR ist Richard Sarnoff, der jahrzehntelang in der Verlagsbranche gearbeitet und 1998 Bertelsmann beim Kauf von Random House beraten hat. Das programmatische Ziel von KKR, das seine Rhetorik prägt, ist das ökonomische Wachstum der Firmen, in die es investiert." Müller erzählt nebenbei, dass der Autor Joshua Cohen mit dem Versuch, das Imprint Schocken von Randomhouse zu kaufen (unsere Resümees), inzwischen gescheitert ist - Randomhouse will es behalten, obwohl es nicht mehr mit Inhalt gefüllt wird.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 09.08.2023 - Kulturmarkt

Plattformen wie Youtube, Tiktok, Instagram, aber auch Amazon, Buecher.de, Lovelybooks oder Goodreads produzieren heute Bestseller, urteilen mitunter aber auch darüber, ob ein Buch überhaupt veröffentlicht werden darf, berichtet Christiane Lutz in der SZ. Denn hier bestimmen die Communities durch (die Anzahl der) Bewertungen, was gelesen werden muss. Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg begrüßt das: "'Grundsätzlich gilt: The more the merrier. Wenn ein Buch häufig vorkommt, auch wenn die Rezensionen gemischt sind, kann das wirkungsvoller sein als ein Buch, das dreimal sehr gut besprochen wird. Quantität spielt eine Rolle.' Das beziehe sich allerdings nur auf bestimmte Titel. Die Relevanz von Bewertungen im Netz sei rund um den Erscheinungstermin eines Buches besonders hoch. Später spiele es dann kaum noch eine Rolle, ob ein Buch 100, 300 oder 3000 gute Bewertungen hat."

Ebenfalls in der SZ berichtet Erika Thomalla von einem Streit zwischen den Influencern und Vloggern von Booktube und Booktok. Die ältere Generation der Booktuber wirft den Influencern von Booktube "Bulimie-Lesen", also das Verschlingen möglichst vieler Bücher, um kurzfristige Trends zu erzeugen, vor. Aber vor allem die Booktoker haben Einfluss, erfahren wir: "Ein Einfluss, den der Buchmarkt deutlich spürt. Unter Menschen zwischen 16 und 29 Jahren geht die Zahl derer, die überhaupt Bücher kaufen, zwar ähnlich stark zurück wie im Rest des Publikums. Das zeigen Daten, die der Börsenverein des deutschen Buchhandels gerade veröffentlicht hat. Die jungen Leute, die lesen, kaufen aber mehr Bücher als noch vor wenigen Jahren und geben mehr Geld dafür aus: 'Die Ausgaben der 16- bis 29-Jährigen stiegen zwischen 2017 und 2022 um rund 8 Prozent', berichtet der Börsenverein, dabei sei 'mehr als jeder vierte für Bücher ausgegebene Euro von Social Media inspiriert'." Auch das Börsenblatt meldet, dass der von Claudia Roth ins Leben gerufene Kulturpass für Achtzehnjährige vor allem für Bücher investiert wird.

Aber wie gesagt: Auch Mangas sind Bücher!

9punkt - Die Debattenrundschau vom 03.08.2023 - Kulturmarkt

Die Zeit, das deutsche Erfolgsmedium, das die Buchkritik tendenziell abgeschafft hat (heute gibt es immerhin ein paar, in manchen Wochen sind es nur noch ein oder zwei) feiert die Influencerinnen, die auf Tiktok über Bücher sprechen: "Es gibt eine BookTok-Bestsellerliste, herausgegeben von TikTok. Laut dem Marktanalysten NPD BookScan wurden 2021 allein dank dieser Plattform 20 Millionen Bücher in den USA verkauft", freut sich Paulina Unfried auf den Wirtschaftsseiten der Zeit. "In Großbritannien waren 2022 laut dem Analysten Nielsen 53 Millionen Euro Umsatz direkt mit BookTok assoziiert. Aktuelle Zahlen zu TikTok- Umsätzen in Deutschland gibt es nicht. Das neue literarische Gespräch, das auf der Plattform stattfindet, hat Folgen für die Verlage und Buchhandlungen, die plötzlich ein neues Geschäftsfeld haben; und für Autoren, die plötzlich neue Rezensentinnen haben. Studentinnen wie Valentina Vapaux, die in New York an der Columbia University Kreatives Schreiben studiert." Hier ist (so Unfried!) der "Marcel Reich-Ranicki der digitalen Gegenwart":
@valentinavapaux normal people = gen z, bwway = millenial, am I wrong? #booktok#sallyrooneyruinedmylife#overrated#bookslander ♬ original sound - Valentina Vapaux
Stichwörter: Tiktok, Booktok, Millenials

9punkt - Die Debattenrundschau vom 21.07.2023 - Kulturmarkt

Im Irak, aber auch in Afrika oder Lateinamerika werden Museen und Grabungsstätten mit antiker Kunst ausgeraubt. Nicht nur  die organisierte Kriminalität verdient mit den Plünderungen viel Geld, berichtet Birk Grüling in der taz.Die Korruption reicht bis in die berühmtesten Institutionen: "Wie eng die Verstrickung zwischen Halb- und Fachwelt sind, zeigen Fälle aus den letzten Jahren. 2022 wurde Jean-Luc Martinez, der ehemalige Direktor des Pariser Louvre, wegen Geldwäsche und Mittäterschaft im Zusammenhang mit Bandenkriminalität verhaftet. Er soll Objekte aus zweifelhaften Quellen an die Louvre-Zweigstelle in Abu Dhabi vermittelt haben. Und 2019 musste das New Yorker Metropolitan Museum einen vergoldeten Sarkophag aus dem ersten Jahrhundert v. Chr. zurückgeben, der 2017 für 3,5 Millionen US-Dollar gekauft wurde. Angeblich war der Sarg 1971 legal aus Ägypten nach Frankreich gelangt. Die Exportlizenz stellte sich aber als Fälschung heraus. Tatsächlich wurde das Stück im Arabischen Frühling geraubt."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 12.07.2023 - Kulturmarkt

Der Schocken-Verlag, 1931 von dem jüdischen Kaufhausunternehmer Samuel Schocken gegründet und vor allem bekannt geworden für englische Übersetzungen unter anderem von Hannah Arendt, Franz Kafka oder Walter Benjamin, wurde 1987 von Random House gekauft und ging in Folge ausgerechnet an Bertelsmann. Weil er seit mehr als zehn Jahren dort nur noch dahindümpelt, hat Joshua Cohen beschlossen, den Verlag zu kaufen, berichtet Felix Stephan in der SZ. Gibt es vielleicht sogar eine moralische Verpflichtung für den Verkauf, fragt er: "Wenn man es rein geschäftlich betrachtet, ist Schocken für Bertelsmann vor allem ein Asset. Man kann es aber auch ganz anders sehen, Joshua Cohen drückt es so aus: In Polen gebe es zahllose alte Synagogen, die heute als Schweineställe genutzt würden. Er habe nun, um im Bild zu bleiben, für diesen Schweinestall einen marktüblichen Preis geboten, um wieder eine Synagoge draus zu machen. Nur weil etwas dem Einen nichts bedeute, heiße das nicht, dass es nicht für einen Anderen eine immense Bedeutung haben könne. Schocken war nicht nur ein essenzieller Bestandteil der intellektuellen Erziehung Joshua Cohens. Viele New Yorker verdanken dem Verlag und seiner kompromisslosen Arbeit in der Flüchtlingshilfe mitunter ihr nacktes Leben."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.07.2023 - Kulturmarkt

"Als Händler bin ich der Sklave von Jeff Bezos", sagt der Antiquar Wolfgang Rüger, dessen Wut auf Amazon sich im FR-Gespräch mit Arno Widmann entlädt: "Ihm gehören heute alle Internetplattformen, über die hauptsächlich die Buchgeschäfte laufen: Amazon, abebooks, zvab. Es gibt nichts, was ich mehr hasse als diese Firma. Amazon ist das Nordkorea des Internets. Die perfekte Diktatur. Als Händler haben Sie bei Amazon nur Pflichten und absolut keine Rechte. (…) Alle Pflichten unterliegen bei Amazon einer Statistik. Jeder Händler hat zum Beispiel eine Stornoquote von 2,5 Prozent, die nicht überschritten werden darf. Wenn ich nur eine Bestellung in der Woche stornieren muss, zum Beispiel weil ich das Buch vor einer halben Stunde im Laden verkauft habe, bin ich schon über 2,5 Prozent. Storniere ich zwei Bestellungen erhalte ich eine Abmahnung. (…) Ich habe bei über 9000 Kundenbewertungen ein Ranking von 99 Prozent, erhalte von Amazon in meiner Gesamtperformance aber nur 220 von 1000 möglichen Punkten. Wenn ich unter 200 rutsche, ist mein Konto 'gefährdet' und es 'besteht das Risiko einer Kontodeaktivierung'. Bei Amazon sind Sie vollkommen hilflos Computerprogrammen ausgeliefert."
Stichwörter: Amazon, Buchhandel, Nordkorea

9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.04.2023 - Kulturmarkt

Wohl keine Veranstaltung wurde stärker von der Coronakrise geschädigt als die jetzt endlich mal wieder beginnende Leipziger Buchmesse, die dreimal ausfallen musste. Die Gesellschafter der Messe, das Land Sachsen und die Stadt Leipzig, haben nun alles getan, um den Anschein eines Business as usual wiederherzustellen, schreibt Andreas Platthaus in der FAZ, und auch "der Bund steuerte drei Millionen Euro Unterstützung bei, sodass man für die diesjährigen Aussteller günstige Neustartbedingungen ermöglichen konnte. Trotzdem wird deren Zahl um ein Fünftel auf rund zweitausend zurückgehen. Was in Leipzig befürchtet worden war, ist teilweise eingetreten: dass die mehrjährige Pause ein Nachdenken seitens der Kundschaft über die Entbehrlichkeit der Messe provozieren könnte. Auch die FAZ gehört zu den langjährigen Stammgästen, die nun nicht wieder in Leipzig antreten." Mehr zur Buchmesse in Efeu.

Beim Corona-Hilfspaket "Neustart Kultur" gab es relativ unbürokratisch schnelle Hilfen unter anderem auch für den Literaturbetrieb. Verteilt wurde das zur Verfügung gestellte Geld durch Zwischenstationen, etwa den Börsenverein des Deutschen Buchhandels oder die VG Wort. Ein Rechercheteam von Dlf Kultur hat sich die Förderlisten nun genauer angesehen und dabei entdeckt, dass auch Verlage aus dem völkisch-rechten Rand bei der Staatsknete beherzt zugegriffen haben und sich ihre Projekte fördern ließen, unter anderem für Veröffentlichungen aus dem Kubitschek-Umfeld. "Deutlich problematischer wird es an anderer Stelle. Da ist etwa Martin Wageners Buch 'Kulturkampf um das Volk', gefördert mit 7.500 Euro: Es wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz nach Berichten des rbb-Magazins "Kontraste" in Teilen als extremistisch eingestuft."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.01.2023 - Kulturmarkt

Der C.H. Beck Verlag hat sich nach Kritik von Hans-Georg Maaßen getrennt, der an einem Grundgesetzkommentar des Hauses mitgearbeitet hat. Für Benedict Neff "ein Lehrbeispiel, wie Menschen mit unangepassten Meinungen aus dem Verkehr gezogen werden. Die medialen Mechanismen sind perfid", schrieb er gestern in der NZZ. In der Welt sieht das Mladen Gladic anders: Das Fass zum Überlaufen brachte ein Tweet vom 13. Januar, in dem Maaßen schrieb: "Die treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum" hätten einen "eliminatorischen Rassismus gegen Weiße" im Sinne. Gladic hätte sich vom Verlag allerdings ein deutlicheres Statement gewünscht: "Gerade in einem Fall wie dem Maaßens wären klarere Gründe und Belege zu nennen, warum er untragbar ist. Dass es sie gibt, steht außer Frage, genauso wie es außer Frage steht, dass sich ein Verlag nicht in der Position sehen will, mit seinem guten Namen politisch fragwürdige Positionen, werden sie auch außerhalb des Verlagsprogramms getätigt, zu adeln. Schon stehen nämlich diejenigen in den sozialen Medien Schlange, die insinuieren, C.H. Beck sei eingeknickt, hätte sich von politisch interessierten Kampagnen abhängig gemacht. Die Rede von 'Druck' auf den Verlag aber verkennt, dass eine demokratische Öffentlichkeit davon lebt, mit Argumenten für die eigenen Überzeugungen einzustehen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 19.01.2023 - Kulturmarkt

Hans-Georg Maaßen hat seine Mitarbeit beim Verlag C. H.Beck gekündigt und kam somit einer Kündigung durch den Verlag zuvor (Unsere Resümees), meldet die NZZ mit ela. "In der Mitteilung des Verlags heißt es, man habe den Verlagsvertrag mit Maaßen beenden wollen. Daraufhin habe Maaßen am Dienstag diesen selbst gekündigt. Weiter schreibt der Verlag, er wolle sich nicht in die Auseinandersetzungen der Tagespolitik verstricken lassen, dies gebiete die Neutralität. Zwar sei die Kommentierung von Maaßen zum Grundgesetz fachlich nicht zu beanstanden. Doch habe Maaßen durch seine öffentlichen Äußerungen zu einer fortschreitenden Polarisierung beigetragen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 10.01.2023 - Kulturmarkt

Hans-Georg Maaßens Corona-Äußerungen sind bedenklich, gewiss, aber sein Grundgesetzkommentar stammt aus dem Jahr 2009 und ist politisch unbedenklich, antwortet Andreas Rosenfelder heute in der Welt auf die Forderung des SZ-Kollegen Ronen Steinke, Maaßen die Plattform eines Grundgesetzkommentars im Verlag C.H. Beck zu entziehen (unser Resümee). Steinke beziehe sich auf den Maaßen-Kollegen Stefan Huster, der ein "Störgefühl" bekannte, neben Maaßen in dem Kommentar zu stehen. Aber Huster ist nicht irgendwer, so Rosenfelder: "Nicht nur, weil der Professor aus Bochum selbst dafür berüchtigt ist, Kritik auf Twitter mit Pöbeleien zu kontern - und etwa Journalisten, die über seine umstrittene Rolle als Vorsitzen der des Corona-Sachverständigenrats berichteten, als 'Heckenschützen' und 'die wahren Totengräber einer freiheitlichen Demokratie' zu beschimpfen, zu schweigen vom Fake-NewsVorwurf, den Huster inflationär gegen für ihn unvorteilhafte Medienberichte erhebt."

In der FAZ ist Patrick Bahners mit der Argumentation des Beck Verlags, der an seinem Autor Maaßen festhalten will, ganz und gar nicht einverstanden: "Sie sehen ihn als einen durch Doktorarbeit und Beamtentätigkeit ausgewiesenen Fachmann, dessen Kommentierung kunstgerecht gearbeitet sei und nichts Verfassungswidriges enthalte. Maaßens politische Kommentatorentätigkeit in Medien des rechten Randes bewerten sie als Privatsache. Es entfällt jede Erwägung darüber, wie sich der Stil von Maaßens öffentlichen Interventionen mit der Sachlichkeit verträgt, die man vom Juristen, vom Beamten und ganz besonders vom Verfasser juristischer Kommentarliteratur verlangt." Für Bahners ist Maaßen "der Advokat des teuflischen Zweifels an der Verfassungsmäßigkeit der deutschen Staatsgewalt".