≡
Außer Atem: Das Berlinale Blog
Stichwort: Wettbewerb 2012, Aktualität: 01.02.2012 bis 02.03.2012 - 8 Artikel
Außer Atem: Das Berlinale Blog 16.02.2012 In gewisser Hinsicht holt Steven Soderbergh mit "Haywire" den Menschen ins zuletzt von bigger-than-life-Computeranimationen und verwackelten, hektisch montierten Handkamerabildern bestimmte Actionkino zurück: Kaum einmal, dass seine Kamera ins Geschehen eindringt, häufiger bleibt sie auf gut ein, zwei Schritte Abstand, filmt in verhältnismäßig langen Einstellungen den Kampf zwischen zwei Körpern in ihrer Gesamtheit, deren Wendigkeit, noch mehr aber deren brutale Wucht zum Spektakel wird: Wenn Gina Carano, hier in der Rolle der Mallory Kane, die im Auftrag einer der Regierung unterstellten Privatfirma weltweit die schmutzigen Jobs übernimmt, zuschlägt, tun die Knochen schon beim Hinsehen weh. Kein Wunder: Carano blickt auf eine erfolgreiche Karriere als Mixed-Martial-Arts-Kämpferin zurück. Für "Haywire", für Soderbergh ist sie ein ungeheurer Gewinn: Kaum eine Viertelstunde vergeht, ohne dass Carano atemberaubend die Fäuste schwingt und noch ganz andere Stunts vollführt, um ihre Häscher zu erlegen. Von
Thomas Groh
Außer Atem: Das Berlinale Blog 12.02.2012
"At last, I am free - I can hardly see in front of me!", singen Chic über die präzise gesetzte Schwarzblende, mit der Christian Petzold seinen neuen Film "Barbara" enden lässt.
Ein Auftakt übertönt das Schwarz, ein Knoten, auf den "Barbara" kontinuierlich hingearbeitet hat, ist mit einem Mal gelöst - der Film, der zwar unweit der Meeresküste spielt, doch eigentlich ein Gefängnis beschreibt, öffnet sich schlagartig zu der weltumarmenden Weite, die nur der Soul der 70er Jahre auf diese Weise in Klang gegossen hat. Von
Thomas Groh
Außer Atem: Das Berlinale Blog 11.02.2012 Manche sagen, die gesamte Geschichte des Films lasse sich aus der Opposition von Louis Lumière und George Méliès, von Realitätsprinzip und Fantasietätigkeit extrapolieren. Übertragen auf das afrikanische, und darin insbesondere das senegalesische Kino, könnte man, ähnlich verkürzend, eine derartige Matrix zwischen dem Gründervater Ousmane Sembène und dem Vatermörder Djibril Diop Mambéty aufspannen, oder, in Erstlingsfilmen gesprochen, zwischen Sembènes "Borom Sarret" und Mambétys "Contra's City". In dieser etwas kruden Analogie wäre "Tey / Aujourd'hui" des franko-senegalesischen Regisseurs Alain Gomis (übrigens der einzige afrikanische Bewerber um den goldenen Bären, sieht man von Kim Nguyens Kindersoldatenfilm "Rebelle" ab) genau zwischen den Stühlen zu verorten. Mit Sembène teilt er die geradlinige, bald didaktische Erzählhaltung und die gelegentliche Zuspitzung ins Satirische, so in einer Szene, in der eine Gruppe heuchlerischer Honoratioren auftritt, die nicht nur sozioökonomisch, sondern auch auf der Ebene der Figurenzeichnung mit der postkolonialen Elite übereinstimmen, wie Sembène sie so unnachgiebig karikiert hat. Von Mambéty überlebt in "Tey" das Bedürfnis, die Flucht zu ergreifen vor der schlechten Wirklichkeit, buchstäblich (weg aus Senegal) wie in der Form bzw. ihrer spielerischen Öffnung (weg vom sozialen Realismus). Mit beiden großen Brüdern verbindet
Von
Nikolaus Perneczky
Außer Atem: Das Berlinale Blog 10.02.2012
So nahe wie die junge Dienerin Sidonie (Léa Seydoux) kommt an Marie Antoinette (Diane Kruger) im Hofstaat von Versailles sonst nur Gabrielle de Polignac (Virginie Ledoyen), die lesbische Maitresse der Königin.
Wohl jeden Morgen, darf man mutmaßen, findet dieses intime, zärtlich alberne Spiel zwischen der Vorleserin Sidonie und der Monarchin statt: Die Dienerin um Form und Haltung bemüht, wie alles steif und zugerichtet ist an diesem Hof, Marie Antoinette, als erste und - beinahe - einzige in diesem Film, körperlich ausgelassen, verspielt, fast kindisch herumtollend, wenn Sidonie ausgesucht Frivoles aus der Königlichen Bibliothek vorliest. Von
Thomas Groh