23.02.2020. Erster Eindruck: Es ist dunkel. Es ist drinnen. In der ersten Einstellung verdeckt die Rückenansicht eines Mannes das Gegenüber und preist Jesu' Verteidigung der Prostituierten im Tempel. Keiner wirft den ersten Stein. Dies ist ein Film über Bianca Dolce Miele, ein Film, der Biancas Wohnung niemals verlässt, meist bleibt es dunkel, von einer Stelle abgesehen ist das Bild eng kadriert, ein Innenraumfilm. Draußen Regen, draußen Blitze. Die Freundin, Natasha, ist für einen längeren Aufenthalt in Brasilien, der Telefonkontakt reißt, wenn er überhaupt zustande kommt, öfter mal ab.

Erster Eindruck: Es ist dunkel. Es ist drinnen. In der ersten Einstellung verdeckt die Rückenansicht eines Mannes das Gegenüber und preist Jesu' Verteidigung der Prostituierten im Tempel. Keiner wirft den ersten Stein. Dies ist ein Film über Bianca Dolce Miele, ein Film, der Biancas Wohnung niemals verlässt, meist bleibt es dunkel, von einer Stelle abgesehen ist das Bild eng kadriert, ein Innenraumfilm. Draußen Regen, draußen Blitze. Die Freundin, Natasha, ist für einen längeren Aufenthalt in Brasilien, der Telefonkontakt reißt, wenn er überhaupt zustande kommt, öfter mal ab.

Bianca ist eine Trans-Frau, die als Prostituierte arbeitet, in ihrer kleinen Wohnung in Mailand. Kundschaft am Handy, gib mir eine halbe Stunde, ich mache mich sexy für dich. Die Kund*innen kommen. Sie bekommen von Bianca, die weiß, was sie will, das, was sie wollen. Streicheleinheiten und Kitzelsex. Die Kamera ist dabei, der Film dokumentiert, aber die einzelnen Szenen sind ganz klar inszeniert. Da ist der Mann, der am Beispiel von Dreyers Jeanne d'Arc über die Lust und den Schmerz philosophiert, während er Biancas Körper für ein frugales Mal eingedeckt hat. No sex, Vorlust ist alles.

Aller Realismus ist in "La Casa dell'amore" von Anfang an stilisiert. Aber so, dass die ganze Wirklichkeit Platz hat, in der Wohnung, in den Innenraumbildern. Weil zur ganzen Wirklichkeit die Wünsche gehören, die Selbstinszenierung, die Lust und die Vorlust, weil die Wirklichkeit die Träume umfasst. So ist das eine Dokumentation, die nichts dekuvriert, die sich als Erfüllungsgehilfin ihrer Heldin versteht, die Sicherheit schafft und die Regeln der Außenwelt souverän suspendiert. Suspendieren heißt nicht: leugnen, verdrängen. Tausendundeine Nacht möchte man mit Bianca verbringen.

La casa dell'amore - The House of Love. Regie: Luca Ferri. Mit Bianca Dolce Miele, Natasha De Casto, Dario Bacis, Domenico Monetti, Walter Zombie u.a., Italien 2020, 77 Minuten. (Alle Vorführtermine)