Außer Atem: Das Berlinale Blog

Wie entsteht die große Kunst, fragt Carters 'Maladies' (Panorama)

Von Thekla Dannenberg
13.02.2013. Manche möchten jemand anderes werden, manche möchten als sie selbst ein anderes Leben führen, manche würden überhaupt erste einmal gern wissen, wer sie sind und warum. James hört auch die Stimmen, die zu ihm sprechen. Natürlich, er ist ja nicht taub! James hat auch viele Persönlichkeiten, deswegen denkt er bei seinen Strandspaziergängen auch oft etwas angestrengt darüber nach, wie man zu dem wird, der man ist: An Punkt A ist man eine Person, an Punkt B eine andere, und an Punkt C verwandelt man sich wieder. Manchmal zerspringt man an einem Punkt auch, dann ist man nur noch Winkel und Fragmente, Zonen und Bereiche.


Manche möchten jemand anderes werden, manche möchten als sie selbst ein anderes Leben führen, manche würden überhaupt erste einmal gern wissen, wer sie sind und warum. James hört auch die Stimmen, die zu ihm sprechen. Natürlich, er ist ja nicht taub! James hat auch viele Persönlichkeiten, deswegen denkt er bei seinen Strandspaziergängen auch oft etwas angestrengt darüber nach, wie man zu dem wird, der man ist: An Punkt A ist man eine Person, an Punkt B eine andere, und an Punkt C verwandelt man sich wieder. Manchmal zerspringt man an einem Punkt auch, dann ist man nur noch Winkel und Fragmente, Zonen und Bereiche.

Zusammen mit Catherine und Patricia lebt James in einem Haus am Ozean, unweit von New York. Bis vor einigen Jahren hat er als Schauspieler in einer Soap mitgespielt, bevor er rausgeworfen wurde, Pardon, bevor er gegangen ist. Jetzt fühlt er sich als Schriftsteller und ihn quälen Fragen der Kreativität: Wie entsteht die große Kunst, wie erschafft man die Dinge? Ist es Magie oder harte Arbeit? Überhaupt ist er voller abstrakter Gedanken, die konkrete Welt ist seine Sache nicht. Dafür hat er Catherine. Sie ist Malerin und zieht sich ab und zu gern Männerkleidung an. Mit James verbindet sie eine liebevolle Freundschaft, mal nimmt sie seine Verrücktheiten ernst, mal spottet sie milde über sie. Patricia ist eine etwas hohle Person und nie ganz richtig da, wird aber wiederum von James brüderlich verteidigt. Zu dritt lebt das schräge Trio in seiner künstlerisch-kreative Welt, auf die der schwule Delmar, der es nicht aus seiner Haut schafft, nur wehmütig-neidvoll blicken kann.

Die Geschichte lässt erst ganz am Schluss erkennen, worauf sie hinaus will mit ihren etwas zu kunstvollen Dialogen. Dass lässt einen mitunter etwas ratlos, worüber die Schar illustrer Schauspieler, die Künstler und Regisseur Carter für seinen Film zusammengetrommelt hat (James Franco, Alan Cumming und Catherine Keener) allerdings erfolgreich hinweghelfen. Aber am Ende setzen sich die Fragmente des Films zu einem sinnvollen Ganzen zusammen, man versteht, was es mit der historisierenden Kulisse auf sich hat. Und dann fügt sich der Film zu einer schönen Geschichte über Toleranz, Sensibilität und Vielheit, die Carter mit Witz und Zärtlichkeit erzählt. Und man begreift: Der Kampf gegen die Schrägheit in einem selbst ist schon verloren, bevor man ihn überhaupt angetreten ist.

Thekla Dannenberg

"Maladies". Regie: Carter. Mit James Franco, Catherine Keener, Fallon Goodson, Alan Cumming u.a., USA 2012, 96 Minuten (alle Vorführtermine)