Redaktionsblog - Im Ententeich

Ohne Transparenz keine WM-Gelder

Von Thierry Chervel
28.05.2015. Den ersten Schritt zur Transparenz in der FIFA können ARD und ZDF machen, indem sie die Konditionen veröffentlichen, zu denen sie TV-Rechte kaufen. Sonst machen sie die Gebührenzahler zum Teil eines korrupten Systems.
Angesichts der FIFA-Krise ist es an der Zeit, dass ARD und ZDF die Konditionen öffentlich machen, zu denen sie Rechte für die letzte und für die kommenden Weltmeisterschaften kauften: Das wäre schon mal der erste Schritt zur Transparenz. Und es ließe etwa die ausgezeichnete WDR-Dokumentation über FIFA-Korruption, die gestern Abend nochmal in der ARD lief, ganz anders dastehen. Der Spiegel nennt nur "senderinterne Informationen", wonach ZDF und ARD jeweils um 200 Millionen Euro an Rechten für die letzte und künftige WM zahlen.

So mutig und scharf der WDR gestern informierte: Solche Dokumentationen haben so lange einen blinden Fleck, wie sie das Verhältnis der eigenen Institution - der öffentlich-rechtlichen Sender - zu diesem Sumpf nicht thematisieren können.

Ich bin alles andere als ein Fußballexperte und kenne mich auch in Fußballfinanzdingen nicht aus, aber so viel ist ja klar: dass ein Großteil der Gelder der FIFA aus den großen Fußballländern kommt - und das sind nicht wenige der europäischen Demokratien - und dass der juristische Schlag gegen die FIFA nun gerade nicht von dort kam, sondern aus den USA. Warum eigentlich?

Verstehe ich die Dokumention richtig, so nutzt Sepp Blatter die Einnahmen aus TV-Rechten und Sponsorenverträgen, um sie qua "Entwicklungshilfe" an die Verbände kleiner Fußballnationen in Afrika, Asien, der Karibik und Südamerika weiterzugeben, die dann sämtlich und geschlossen für ihn stimmen. So entstehen Abhängigkeiten, auch jenseits persönlicher Bereicherung. Die FIFA-Statuten geben einer kleinen karibischen Insel in Abstimmungen genauso viel Gewicht wie Deutschland oder Italien.

Wir, die deutschen und europäischen Fernsehzuschauer, sind durch unsere Gebühren Teil dieses Systems, ob wir uns für Fußball interessieren oder nicht. Es ist auch deutsches Fernsehgeld der Gebührenzahler, das am Ende die abstrusen Vergaben der nächsten Weltmeisterschaften an Russland und an Qatar ermöglichte. Und man kann sicher sein, dass aus diesen Ländern weitere Schmiergelder an FIFA-Funktionäre flossen.

All jene öffentlich-rechtlichen Sender demokratischer Fußballänder, die bisher offenbar nicht mal die Beträge veröffentlichen, die sie in diesen Sumpf fließen lassen, sollten sich zusammenschließen und jede weitere Zahlung verweigern, bis die FIFA internationalen und unabhängig überwachten Transparenzregeln folgt. Solange dies nicht geschieht, tragen deutsche Fernsehsender Mitschuld an den Arbeitsbedingungen pakistanischer und indischer Sklaven in Qatar. Ihre Berichterstattung zum Thema kann überdies nicht als unabhängig gelten: So untergräbt der Skandal auch die Transparenz der demokratischen Öffentlichkeiten selbst.

Auch auf die WM-Sponsoren sollte künftig ein starker Druck ausgeübt werden: Ohne Transparenz keine WM-Gelder. Eine Entscheidung wie die für Qatar wäre unter transparenten Bedingungen nicht zustande gekommen. Selbst Fußballfans, denen die Korruption in der FIFA egal ist, müssen doch verstehen, dass eine WM in Qatar auch dem Fußball nicht nützt.

Thierry Chervel

twitter.com/chervel