Johannes R. BecherEine politische Biografie
Böhlau Verlag, Köln
2003
ISBN
9783412032036, Gebunden, 355Seiten, 26,90
EUR
Klappentext
Johannes Robert Becher wurde 1891 in München geboren. Er begann seine literarische Laufbahn vor dem Ersten Weltkrieg mit expressionistischen Gedichten. Drogenexzesse und Selbstmordversuche waren Zeichen seiner Sinnkrisen. Halt fand er in den 1920er Jahren in der Kommunistischen Partei Deutschlands, zu deren ranghöchstem Literaturfunktionär er aufstieg. Er war linker Parteipoet, Nationalist und konservativer Bildungsbürger zugleich. Protestantisches Pflichtgefühl, Glaubensnot und Führersehnsucht ebneten ihm den Weg zu einer beispiellosen Polit-Karriere in dieser stalinistischen Partei. 1945 kehrte Becher aus der sowjetischen Emigration in die Sowjetische Besatzungszone zurück, verfasste 1949 den Text der DDR-Nationalhymne und wurde 1954 erster Kulturminister der DDR. Seine gesamtdeutsche Politik im Kalten Krieg vertiefte die Gräben zwischen Ost und West, anstatt sie zu überwinden. Sein Schicksal war, zu spalten. Er selbst, der im DDR-Sozialismus heimisch wurde, sah sich als eine gelungene Verbindung von Geist und Macht, was seine Kritiker zu beißendem Spott reizte. Er starb am 11. Oktober 1958 in Ostberlin.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 27.02.2004
Vom expressionistischen Dichter zum Kulturminister der DDR: Johannes R. Bechers Lebensweg ist durchaus widersprüchlich und rätselhaft, gesteht Rezensentin Elke Schubert zu. Allerdings gelingt es der Dissertation Alexander Behrens nur sehr bedingt, Licht in dieses Dunkel zu bringen. Schuld daran ist Schuberts Eindruck zufolge die einseitige Konzentration auf Bechers politische Persönlichkeit und die beinahe umfassende Ausblendung seines Werkes, so als sei dieses es "nicht wert, untersucht zu werden". Darüber hinaus werfe Behrens dem Dichter seine politische Haltung vor, moniert Schubert, was einerseits wenig zum Verständnis dieses "schillernden und gebrochenen" Schriftstellers beiträgt und andererseits angesichts der polarisierenden Wirkung des Nationalsozialismus recht fragwürdig scheint - es war, insistiert die Rezensentin, schlichtweg nicht möglich, unpolitisch zu sein.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 01.12.2003
Jens Bisky beklagt, dass Alexander Behrens es sich in dieser Becher-Biografie zu leicht gemacht habe. Weil er sich kaum "um die Sprache der Akteure" sorge, so wenig wie um "ihre Begriffe und ihren Glauben", falle es dem Autor dann zwar leicht, den hier noch einmal aufgenommenen "Prozess" gegen Becher "mit einem Schuldspruch zu beenden". Wäre es aber nicht die Aufgabe eines Biografen, fragt der Rezensent, Verständnis herzustellen - lerne der Leser doch sonst nichts, "als dass wir heute gescheiter scheinen". Außerdem kritisiert Bisky, dass Alexander Behrens hier eine "politische Biografie" Bechers verspreche, dann jedoch weder die Expressionismusdebatte im Moskauer Exil noch die "schändliche Formalismusdiskussion" in der jungen DDR, beziehungsweise Bechers Rolle darin, darstelle - obwohl solche Debatten doch "die eigentliche Form sozialistischer Kulturpolitik" gebildet hätten.