Albanisches Öloder: Mord auf der Straße des Nordens
Transit Buchverlag, Berlin
2012
ISBN
9783887472795, Gebunden, 172Seiten, 18,80
EUR
Klappentext
Zwei junge Amerikaner werden in den frühen zwanziger Jahren auf einer Brücke in den nördlichen, schwer zugänglichen albanischen Bergen ermordet. Drei Hirten beobachten die Tat, ein deutscher Ingenieur transportiert die beiden Toten und ihren schwerverletzten albanischen Fahrer auf seinem Lastwagen nach Tirana. Dort bricht hektische Aktivität aus: In den Cafés diskutieren die Journalisten über das Motiv des Mords, der US-Botschafter vermutet einen Anschlag konkurrierender Geheimdienste aus England oder Italien auf amerikanische Öl-Interessen und lässt ein Kriegsschiff kommen, im albanischen Parlament werden innenpolitische Fehden über die Ursachen und Folgen des Anschlags mit Waffen ausgetragen, der Polizeichef lässt die drei Hirten als angebliche Täter erschießen und ihre Leichen auf dem Markt in Tirana ausstellen, und während des Trauergottesdienstes für die toten Amerikaner kommt es in Tirana zum Showdown zwischen dem albanischen Kriegsminister und dem Bischof.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 17.01.2013
Abgesehen von einigen Längen in den historischen Abschweifungen ist Anila Wilms ein sehr schönes, ironisches Buch gelungen, findet Karl-Markus Gauss. Ihre Kollegin Arapi hatte ihre Dissertation über die "Erfindung Albaniens" geschrieben, wie sie deutschsprachige Autoren in Reiseberichten und ähnlichen Formaten betrieben - Wilms Buch scheint dem Rezensenten beinahe eine "ironische Illustration" der dort vertretenen Thesen zu sein. "Das albanische Öl" spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, nur wenige Jahre nach der Gründung Albaniens, als das Land international plötzlich ins öffentliche Interesse rückte, weil zwei Amerikaner ermordet worden waren, erklärt der Rezensent. Das Ereignis treibt die widerstreitenden Kräfte im Land - besonders den muslimischen Premier und den orthodoxen Oppositionsführer, einen Bischof - zur Höchstform an. Ein paar Hirtenjungen, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren, werden prophylaktisch hingerichtet. Ein amerikanischer Botschafter und ein britischer Konsul klopfen die politische Landschaft nach dem Öl ab, das es angeblich in Albanien geben soll. Als "historischen Kriminalfall" um die zwei ermordeten Amerikaner arbeitet Wilms die Identitätskämpfe und -erfindungen heraus sowie die verschwommenen Grenzen zwischen "vorstaatlichen Traditionen" und Realpolitik.