Die niedrigen HimmelRoman
Suhrkamp Verlag, Berlin
2014
ISBN
9783518424278, Gebunden, 489Seiten, 22,95
EUR
Klappentext
Aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach und Stefanie Jacobs. Anthony Marras Debütroman erzählt von menschlicher Grausamkeit und davon, was sie aus uns macht. Und von Liebe und Menschlichkeit, die alles überdauern. Die achtjährige Hawah muss mit ansehen, wie die Föderalen ihren Vater verschleppen und ihr Haus niederbrennen, in einem kleinen Dorf in Tschetschenien, mitten im Krieg. Auch hinter dem Mädchen sind sie her. Ihr Nachbar, Achmed, rettet sie aus ihrem Versteck und bringt sie zum nächsten Krankenhaus. Dort treffen sie auf die Ärztin Sonja, die Hawah widerwillig aufnimmt. Doch schon bald geht es auch für Sonja nur noch darum, das Leben des Mädchens zu retten. Denn in einer Welt, in der alles zerbrochen ist und Freunde zu Wölfen werden, hilft nur das unbedingte Festhalten an dem, was uns zu Menschen macht: Mitgefühl und Liebe.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 23.06.2014
Etwas irritiert ist Hans-Peter Kunisch schon darüber, dass der junge amerikanische Autor Anthony Marra das Land und die Menschen seines Romans gar nicht kennt und die in Tschetschenien spielende Geschichte mit den vielfach gebrochenen Figuren und Schicksalen ganz auf dem Reißbrett entstanden ist. Mutig findet Kunisch das allemal. Und beim Lesen ist er überrascht. Abgesehen von einem etwas angestrengt wirkenden Lokalkolorit, überzeugen ihn die vom Autor gewählten Perspektiven und Gestalten, die Wahrnehmung des Tschetschenien-Konflikts sowie die einfallsreichen Bilder im Text durchaus. Alles in allem ein souverän gezeichnetes Bild zum Thema, meint Kunisch versöhnlich.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.03.2014
Rezensentin Katharina Teutsch nimmt dieses Buch auch als ein indirektes Statement zur deutschen Debatte, ob deutsche Bürgerkinder mangels Erfahrungshintergrund überhaupt einen veritablen Roman hinkriegen könnten. Der Amerikaner Anthony Marra kommt aus einem bürgerlichem Milieu ohne Besonderheiten und schreibt einen Roman über Tschetschenien, der die Rezensentin aufwühlt. Es ist sozusagen ein anti-autobiografischer Roman. Der Familienhintergrund des Autors ist irrelevant. Der Roman, so die Rezensentin, beruht auch nicht auf eigenem Erleben in Tschetschenien (nein, der Autor hat kein Praktikum bei den Ärzten ohne Grenzen gemacht), sondern allein auf akribischer Recherche und raffinierter literarischer Konstruktion. Das bewundert Teutsch gerade so sehr daran: Denn der Roman erzählt ihr dennoch nur in der Literatur mögliche Wahrheiten über den Krieg, über zerfallende Loyalitäten und zarte Bindungen, die sich dann und wann dann doch anknüpfen. Und zugleich nebenbei bietet ihr dieser Roman unaufdringlich die Geschichte dieses Konflikts.