Eine Brücke aus PapierDie Familienkorrespondenz 1921-1960
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main
2000
ISBN
9783100605160, Gebunden, 512Seiten, 44,99
EUR
Klappentext
Mitgeteilt von Jewgenij und Jelena Pasternak. Aus dem Russischen übersetzt von Gabriele Leupold. Nach der russischen Edition herausgegeben von Johanna Renate Döring-Smirnow. Briefe boten Boris Pasternak nahezu vierzig Jahre lang die einzige Möglichkeit, über geographische Grenzen und politische Systeme hinweg mit seiner Familie in Verbindung zu bleiben. Seine Eltern und die beiden Schwestern verließen Russland 1921, um für einige Zeit den nachrevolutionären Wirren zu entkommen. Boris und sein Bruder Alexander blieben in Moskau. Die Verhältnisse in der Sowjetunion ließen eine Rückkehr der Familie nicht zu; Eltern und Töchter blieben bis 1938 in Berlin und emigrierten dann nach England. 1939 starb die Mutter, 1945 der Vater. Auch seine Schwestern hat Boris Pasternak zeitlebens nicht wieder gesehen. Die Korrespondenz ist geprägt von der schwierigen, gefährlichen politischen Situation in der Sowjetunion. Doch die Atmosphäre der Nähe und Vertrautheit bleibt von der langen Trennung unberührt. Pasternaks literarisches Schaffen, sein Kunstbegriff, seine Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten sind Themen, über die das Gespräch innerhalb der Familie mit immer wachsender Intensität geführt wird.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 05.05.2001
Das Leben hat dem russischen Schriftsteller Boris Pasternak (1890-1960) viel geschenkt, aber auch nur wenig erspart, meint Ulrich M. Schmid. Drei große Lieben, drei Zerstörungen und eine jahrzehntelang währende Trennung von den Eltern und den beiden Schwestern, die Russland 1921 verließen und nie mehr zurückkehrten. Dokumentiert wird dieses Leben wesentlich in Pasternaks Briefen, der Familienkorrespondenz, die nun in einer deutschen Ausgabe vorliegt, berichtet der Rezensent. Sie hat Schmid einen intensiven Einblick in eine intime Gesprächskultur gewährt, die trotz einiger Meinungsverschiedenheiten der Familienmitglieder stets von Respekt und Aufrichtigkeit geprägt gewesen sei. Im Deutschen sei der sehr umfangreiche Briefwechsel gekürzt. Das findet Schmid zwar legitim, doch kann er die Kriterien für die Auswahl nicht immer nachvollziehen. Eines ist für ihn aber unbestritten: "Boris Pasternaks Briefe an seine Familie lesen sich wie ein spannender Roman, in dem die komplexe Seele des Protagonisten nach und nach offen gelegt wird". Und in diesem Sinne hat der Rezensent den Briefwechsel auch als eine psychologische Vorstudie für Pasternaks großen Roman "Doktor Schiwago" gelesen.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 03.03.2001
Schamma Schahadat preist diese Edition der Korrespondenz von Boris Pasternak mit seiner im Berliner Exil lebenden Familie als "faszinierenden Einblick" und lobt die "hervorragend kommentierte" deutsche Publikation. Die Briefe zeigten das höchst ambivalente Verhältnis von Pasternak zu seiner Familie, vor allem zum Vater, das zwischen "extrem enger Bindung" und Abgrenzungsbemühungen hin und her pendelte. Die späteren Briefe an die Schwestern, die nach dem Tod der Eltern geschrieben worden seien, drehten sich dann vor allem um sein Hauptwerk, den Doktor Schiwago.