Wirbelsturm LolitaAuskünfte zu einem epochalen Roman
Rowohlt Verlag, Reinbek
2008
ISBN
9783498076665, Gebunden, 224Seiten, 19,90
EUR
Klappentext
Vladimir Nabokovs "Lolita" hat 1958 nicht nur in Amerika einen Wirbel ausgelöst, der Roman hat seither nichts von seiner Frische verloren und ist längst zu einem modernen Klassiker avanciert. Dieses Buch bietet nicht die tausendste Lolita-Interpretation, wartet nicht mit Phantasien über eine Phantasiegestalt auf. Vielmehr untersucht es den Roman in diversen Beziehungen zur realen Welt. Es schildert den hindernisreichen Weg zu seiner Akzeptanz. Es vollzieht Lolitas Reisen quer durch Amerika nach und identifiziert zum ersten Mal alle ihre Stationen. Es verfolgt den Schimpansen im Pariser Zoo, dessen Käfigzeichnungen Nabokov den schöpferischen Funken lieferten. Es skizziert die Geschichte der deutschen Übersetzung. Es fragt, mit welchem Recht "Lolita" als Liebesroman gilt. Und es drückt sich nicht um eine Diskussion von Humberts Leidenschaft für das zwölfjährige Mädchen, die er, der Wortgewandte, kein einziges Mal beim Namen nennt: Pädophilie.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 18.11.2008
Ulrich M. Schmid schätzt dieses Buch über Vladimir Nabokovs berühmten Roman "Lolita" von 1955, das Dieter E. Zimmer vorgelegt hat. Er bescheinigt dem Nabokov-Experten, eine Fülle von Diskussionspunkten zu diesem skandalumwitterten Werk der Weltliteratur zu präsentieren. Dabei hebt er hervor, dass es Zimmer weniger um eine endgültige Interpretation des Romans als um eine Dokumentation der Suche nach instruktiven Indizien geht. So findet Schmid in dem Buch eine Menge verblüffender Entdeckungen zu "Lolita". Zimmer sei es zum Beispiel gelungen, einzelne Stationen der in "Lolita" beschriebenen Odyssee durch die USA zu identifizieren. Allerdings scheint Schmid der Erkenntniswert solcher Detailinformationen für die Lektüre des Romans begrenzt. Zimmers Buch wird seines Erachtens vor allem Nabokov-Cracks erfreuen.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 07.10.2008
Burkhard Müller sieht in Dieter E. Zimmers Buch über Vladimir Nabokovs Roman "Lolita" einen bezaubernden Liebesdienst, den der Autor diesem großen, oft missverstandenen Werk leistet. Zimmer erzählt die fast dramatisch zu nennende Editionsodyssee des Romans und kann nun mit dem gehörigen historischen Abstand auch die skurrile Übersetzungsgeschichte - an der Übersetzung ins Deutsche war übrigens auch Zimmer beteiligt - ins Deutsche preisgeben, so der Rezensent amüsiert. Daneben tut er einen tiefen Blick in die "Sozial- und Sittengeschichte" der späten 50er Jahre, untersucht literarische Einflüsse und begibt sich auf die Spuren von Humbert Humbert und Lolita auf ihrer Irrfahrt quer durch Amerika, erklärt der Rezensent. In seinen Augen würde man dem großartigen Buch, das sämtliche "literaturwissenschaftliche Kategorien" sprengt, wie er betont, mit der Zuordnung zur "Sekundärliteratur" nicht gerecht werden. Als Zimmers größte Tat preist Müller, dass er mit dem Irrtum aufräumt, Nabokov würde hier einen Fall von "unmöglicher Liebe" a la Romeo und Julia ausloten. Und dass der Autor sich unerschrocken und intensiv der "Moralfrage" des Romans widmet, sichert ihm den ganzen Respekt des Rezensenten. Die Fotos, die dem Band beigegeben sind, machen das Glück Müllers perfekt.