Leichte VerfehlungenRoman
Berlin Verlag, Berlin
2002
ISBN
9783827004550, Gebunden, 310Seiten, 19,90
EUR
Klappentext
Selma Craiss erwacht eines Morgens - und ist verliebt, und zwar nicht in ihren langjährigen Lebensgefährten Wolfgang. Als versierte Theoretikerin macht sie sich gleich daran, den Keimling dieser ungewohnten Empfindung unter einer dicken Deutungsdecke zu ersticken - und doch ergibt sie sich diesem lebendigen Gefühl, das wie ein Realitätsblitz in ihrer, der Vorstellungskraft geschuldeten Welt einschlägt. Und scheitert, natürlich. "Leichte Verfehlungen" erzählt von der freischaffenden Journalistin Selma Craiss, einer gebildeten Frau von über vierzig, mit eleganter, gleichwohl dezenter Garderobe sowie einem ausgeprägten Faible für Rorty und Derrida. Begleitet wird Selma durch diese romantische Eskapade von einer Hand voll Freundinnen, alle auf ihre Weise traumatisierte Lebenskünstlerinnen.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 17.07.2002
Nicht sehr gut kommt Elke Schmitters Roman über die Berliner Kulturelite bei Beatrix Langner weg. Allerdings gesteht die Rezensentin der Autorin erhebliches Talent, zwei vollkommene erste Sätze und eine Sprache zu, die auf der Höhe großer Literatur steht. Das Problem des Romans, glaubt Langner ist sein Gegenstand, die "Botho-Strauß-Gesellschaft", die das Leben nur von seinem farbigen Abglanz in der Kunst kenne und jedes Gefühl schon aus Romanen oder Filmen. Solche Figuren müssen sich zwangsläufig in ihrer moussierenden Sprache auflösen, die "jeden Anflug von Tiefe oder Individualität sogleich intellektuell aufschäumt", meint die Rezensentin. Ihr rüdes Urteil: "Elke Schmitter hat sich am Gesellschaftsroman versucht und ist im Prosecco-Geplapper stecken geblieben."
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 15.07.2002
Mit Spannung hatte Kristina Maidt-Zinke Elke Schmitters neuen Roman erwartet, wie sie schreibt, verbunden mit "großem Vertrauen" in die Kompetenz der Literaturkritikerin Schmitter. Auch wenn ein Gourmet-Kritiker nicht unbedingt gut kochen müsse, so die Überlegung der Rezensentin, setze er seinen Gästen doch nichts vor, was ihm selbst nicht schmeckte. Und schließlich, weiß Maidt-Zinke noch von einer Begegnung mit der Autorin, hatte diese eine Verneigung vor Flaubert, Fontane und Austen ins Auge gefasst. Doch statt kunstvoller Konversationsprosa, stellt die Rezensentin nun enttäuscht, fast schon ein wenig gemein fest, verbinde den Roman mit den großen Vorbildern höchstens der Umstand, dass sich bei den Protagonistinnen alles um Männer drehe. Aber das auf hohem Niveau, selbst masturbiert würde mit einem erheblichen Aufwand an Reflexion. Maidt-Zinkes Resümee fällt daher recht ungnädig aus: "Die Neugeburt des Gesellschaftsromans gilt es nicht anzuzeigen, eher die Mutation des Prosecco-Romänchens zum Campari-Epos."
Rezensionsnotiz zu
Die Zeit, 27.03.2002
Der Rezensent ist genervt. Eigentlich hat man den Eindruck, dass Jochen Jung die Autorin sehr schätzt. Er lobt ihren "scharfen Blick" und die "Kennerschaft", mit der sie Details beschreiben kann. Aber die Frauen, die in diesem Roman ständig miteinander reden, als gelte es, das "Feuilleton mit dem Oberseminar" zu versöhnen, würde Jung wohl am liebsten kräftig schütteln. Ein stetiges Geschwätz sei dass, wie auf einer langweiligen Vernissage, klagt der Rezensent. Schmitter könne sich nicht entscheiden, ob sie das Berliner Intellektuellenmilieu bloßstellen oder ihr Vergnügen daran beschreiben will. Immerhin gibt es in dem Buch ein paar Seiten "grässlicher Schmerzen und elender Einsamkeit von solcher Eindringlichkeit, dass sich dafür fast die Lektüre des ganzen Buches lohnt."
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 20.03.2002
Einen deutlichen Verriss erteilt Andrea Gerk dem neuen Roman von Elke Schmitter. Darin geht es um das Leben einer Frau um die vierzig, Selma Craiss, einer Moderatorin, und ihren "gelehrten Plauderstündchen" mit Freundinnen und Bekannten aus der Kulturbranche. Dass "Bildung dabei nicht allzu viel mit Intelligenz gemeinsam haben muss", werde von Schmitter in "lähmender Ausführlichkeit" festgehalten, urteilt die Rezensentin, der die geistigen Ausflüge erfolgreicher und gelangweilter Damen im mittleren Alter offensichtlich gründlich auf die Nerven gegangen sind. "Lebloses Lamento" dominiere den Roman, schimpft Gerk. Schmitters Stärke liege eigentlich darin, die großen Wünsche der kleinen Menschen zu porträtieren, der Blick auf ihr eigenes Milieu aber sei ihr misslungen. Die beabsichtigte Ironie jedenfalls ist bei Gerk nicht angekommen, denn leider, bedauert die Rezensentin, sei die Erzählstimme genauso "weihevoll-prätentiös" wie die der beschriebenen Damen. Und das kann Gerk dann nur noch als recht unerträglichen "Intellektuellen-Kitsch" verbuchen.