Zur Psychotheologie des AlltagslebensBetrachtungen zu Freud und Rosenzweig
Diaphanes Verlag, Zürich
2010
ISBN
9783037341292, Broschiert, 224Seiten, 22,90
EUR
Klappentext
Aus dem Englischen von Luisa Banki. Alltag als permanente Fehlleistung? Eric L. Santner verbindet freudsche Texte mit philosophischen Grundfragen der Moderne, die er am Leitfaden des "Sterns der Erlösung" von Franz Rosenzweig entwickelt. Mit Rosenzweig eröffnet Santner die Frage, ob nicht der Alltag in der Moderne, unter der Herrschaft eines von traditioneller Einbindung und selbstverständlichem Ethos befreiten Über-Ichs, selbst eine permanente Fehlleistung ist beziehungsweise eine fehlgehende Orientierung bietet, die das Subjekt in der zwanghaften Position untoter Erfahrungsarmut gefangen hält. Dagegen setzt Santner eine Subjektposition inmitten des Lebens, eines Lebens, das nicht mehr unbewusst durch das Versprechen einer Ausnahme gestützt wird, sondern sich ausnahmslos auf das Alltagsleben einlässt. In nur scheinbar paradoxaler Umkehrung ist es gerade die Annahme der Unverfügbarkeit des Wollens, Sprechens und Handelns, die Verantwortung ermöglicht. Diese Verantwortung bildet das Alltagsleben. So findet Santner in Freud eine theologische Dimension und in Rosenzweig die Analyse der Psyche, um mit ihnen gemeinsam eine Basis gemeinschaftlichen Lebens zu errichten, die der Totalität moderner Heilsversprechungen entgeht.
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 13.11.2010
Ambivalente Gefühle hat Eric Santners "Psychotheologie des Alltagslebens" bei Rezensentin Andrea Roedig ausgelöst. Das Unterfangen des Autors, Professor für German Studies an der Universität Chicago, die Psychoanalyse Freuds mit der Erlösungsmetaphysik Franz Rosenzweigs zu verbinden, hält sie für überaus ambitioniert. Im Zentrum sieht sie die Frage nach dem Umgang mit dem Anderen, dem Nächsten, der ein Fremder ist, sowie die Frage nach Erlösung. Santners Argumentation scheint Roedig reich an Theorien und Geschichten, weit ausholend und komplex. Eingehend zeichnet sie diese in ihrer Besprechung nach. Besonders die Deutung Rosenzweigs findet sie beeindruckend. Gleichwohl überkommen sie bei der Lektüre gemischte Gefühle. Bisweilen ist sie geradezu geneigt, das Buch für einen "Nebelzauber" zu halten, wenn es nicht diese Passagen gäbe, die "so faszinierend, erhellend und berührend 'richtig'" zu lesen wären.