Der namenlose TagRoman
Suhrkamp Verlag, Berlin
2015
ISBN
9783518424872, Gebunden, 301Seiten, 19,95
EUR
Klappentext
Kriminalhauptkommissar Jakob Franck ist seit zwei Monaten im Ruhestand und glaubt nun, ein Leben jenseits der Toten beginnen zu können. Vor zwanzig Jahren hatte er sieben Stunden, ohne ein Wort zu sagen, der Mutter einer toten Siebzehnjährigen beigestanden. Jetzt wird der Kommissar von dieser Konstellation eingeholt: Ludwig Winther tritt mit ihm in Kontakt; er ist der Vater des jungen Mädchens und Ehemann jener Frau, der Franck so viel Aufmerksamkeit widmete. Zwanzig Jahre sind vergangen, und der Vater glaubt noch immer nicht an den - laut polizeilichem Untersuchungsergebnis eindeutig feststehenden - Selbstmord der Tochter durch Erhängen: Seiner Meinung nach kann es sich nur um Mord handeln. Ex-Kommissar Jakob Franck macht sich also daran, die näheren Umstände ihres Todes aufzuklären, "einen toten Fall zum Leben zu erwecken". Jakob Franck folgt dabei seiner ureigenen Methode, der "Gedankenfühligkeit". Diese ist unnachahmlich und unübertroffen bei der Lösung der kompliziertesten und überraschendsten Fälle.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.08.2015
Peter Körte ist froh, dass die Sonne scheint, während er den neuen Krimi von Friedrich Ani liest. Düster geht es zu, meint Körte, wenn Ani seinen neuen Helden, den ehemaligen Kommissar Jakob Franck, auf die Spur eines lange zurückliegenden Todesfalles ansetzt. Aber auch virtuos, denn der Autor zieht laut Körte einen mäandernden Stil einem auf Spannungsbögen fixiertem vor und schreibt keine "Gebrauchsanweisungsprosa". An gesprochene Sprache erinnern Körte die Sätze im Text, und der Plot öffnet ihm Erkenntnisse über die Gegenwart, anstatt auf eine eindeutige Lösung hinzusteuern. Auch wenn Ani für Körte mitunter mit zu viel Symbolik arbeitet, die Geschichte von Schuld und Schweigen und Aufbegehren, die er erzählt, hat ihn beeindruckt.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 22.08.2015
Friedrich Ani schreibt jenseits von Auflagenzahlen und Publikumsgeschmack, glaubt Rezensentin Sylvia Staude und sieht gerade darin die Qualität seiner Kriminalromane. Und so liest sie auch sein neues Buch um den pensionierten Kommissar Jakob Franck mit Begeisterung und Spannung - auch wenn hier vielmehr das Sprechen und Zuhören als das Ermitteln im Vordergrund steht. Bewegt folgt sie Kommissar Franck, der als Beschäftigungstherapie und zum Trost eines Vaters den einundzwanzig Jahre zurückliegenden Selbstmord einer Teenagerin neu untersucht - und erlebt dabei eine beinahe alltägliche Familientragödie, von Ani großartig erzählt.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 08.08.2015
Nicht einfach nur ein Krimi, sondern ein Meisterwerk, jubelt Rezensent Gerhard Matzig, der sich nach der Lektüre von Friedrich Anis neuem Buch "Der namenlose Tag" am liebsten verneigen möchte. Schon Anis Mut, sich nach erfolgreichen Kriminalromanen und "Tatort"-Drehbüchern mit einer neuen Figur noch einmal neu zu erfinden, ringt dem Kritiker Anerkennung ab, aber das, was der Autor mit der Geschichte um den pensionierten Kriminalkommissar Jakob Franck leistet, raubt dem Kritiker schier den Atem: Ani gelinge es, in dieser Erzählung über den Freitod der siebzehnjährigen Esther, deren inzwischen verwahrloster Vater nach zwanzig Jahren auf neue Ermittlungen drängt, nicht nur eine tiefgreifende Traurigkeit heraufzubeschwören, sondern dem Leser zugleich mit einem Funken Glück auch immer wieder sein stilles Einverständnis zu entlocken, schwärmt der Kritiker. Wie ein Pygmalion, der einem alten Fall wieder neues Leben einhaucht, erscheint Matzig dieser Kommissar und so möchte er dieses poetische, bildgewaltige und dennoch "ökonomische" Buch über die Einsamkeit und das Schweigen am liebsten gar nicht mehr aus den Händen legen.
Rezensionsnotiz zu
Die Tageszeitung, 08.08.2015
Sehr glücklich ist Katharina Granzin mit dem neuen Roman von Friedrich Ani, dessen Bücher sie für das schnell verteilte Label "Krimi" eigentlich viel zu schade findet, geht es bei Ani doch eigentlich immer mehr um die Geheimnisse, die Menschen mit sich herumschleppen, und nicht um deren Gewalttaten. Vor allem Anis neue Ermittlerfigur bietet sich für solche Geheimnis-Erkundungen gut an, so die Kritikerin: Der frisch pensionierte Kriminalbeamte Jakob Franck ist nicht nur mit beeindruckendem Einfühlungsvermögen gesegnet, sondern erhält nachts auch regelmäßig Besuch von den Toten, deren Todesumstände er nicht aufklären konnte, erfahren wir. Im vorliegenden, ersten Fall der Reihe widmet sich Franck dem vermeintlichen, bereits zwanzig Jahre zurückliegenden Selbstmord eines jungen Mädchens: "gleichsam tastend entsteht ein skizzenhaftes Psychogramm", erklärt die Rezensentin, die sich überdies über den lebensweisen Schluss dieser Geschichte freut.
Rezensionsnotiz zu
Die Welt, 01.08.2015
Spitzentitel, meint Elmar Krekeler über Friedrich Anis neuen Krimi, der eigentlich gar kein Krimi ist, wie der Rezensent findet. Genreliteratur sieht ja für gewöhnlich anders aus. Nicht so schweigsam, um leere Mitten kreisend, finster, aber zugleich so klug, so literarisch ausgefeilt und sprachlich überzeugend, findet Krekeler. Dass der Autor es mit diesem Buch wieder nicht unter die Buchpreiskandidaten schaffen wird, steht für Krekeler fest. Aber auch, dass dem Leser dieses Buches vor lauter menschlicher Schicksalsverhedderung ganz weh zumute wird, dass er zum Sinnenmensch wird, wie Krekeler erklärt.