Paradigma FotografieFotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main
2002
ISBN
9783518291986, Kartoniert, 467Seiten, 15,00
EUR
Klappentext
"Die Fotografie und der Film sind reine Produkte der industriellen Revolution. Sie sind nicht ein einem Erbe, einer Tradition befangen. Deshalb ist die Analyse außerstg schwierig: Man müsste eine neue Ästhetik erfinden, die sich zugleich mit demFilm und der Fotografie befasst und sie voneinander differenziert, während es in Wirklichkeit eine Filmästhetik gibt, die mit stilistischen Werten literarischen Typs arbeitet. Die Fotografie hingegen hat nicht von diesem Transfer profitiert. Sie istgleichsam das Stiefkind der Kultur. Niemand kümmert sich um sie." (Roland Barthes)
Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 19.07.2003
Andrea Gnam hat in diesem Essayband zur Fotografientheorie - ein zweiter soll folgen - offenbar einige anregende Aufsätze gefunden. Lobend nennt sie Jonathan Crays Essay über Descartes und die Camera obscura, Sarah Kofmans Aufsatz über Freud, für den Fotografie vor allem eine Illustration der Arbeit des Unbewussten war, oder Rosalind Krauss' "kritische Würdigung" von Malraux' Überlegungen zum imaginären Museum, das Bilder aus der ganzen Welt als Fotografien versammeln sollte. Mit Missfallen hat die Rezensentin allerdings einen Schwerpunkt über das Museum und die Fotografieabteilung des Museum of Modern Art in New York gelesen. Sie findet es "seltsam", dass Kuratoren Ausstellungen ihrer Kollegen in "Grund und Boden kritisieren". Hier hätte sich Gnam einen Kommentar der Herausgeberin gewünscht.
Rezensionsnotiz zu
Die Tageszeitung, 14.05.2003
Ist die Fotografie intellektuell unterbelichtet? Dieser Meinung, erinnert Brigitte Werneburg, war vor einem Vierteljahrhundert Roland Barthes. Und was die deutschsprachige Literatur über das Genre angeht, so stimmte der Befund wohl noch deutlich länger. Jetzt aber habe Herta Wolf mit ihrem Sammelband Abhilfe geschaffen und nicht nur grundlegende "Leittexte", sondern auch auf sie Bezug nehmende neuere Positionen der Fotokritik kompiliert. Man könnte diese Anthologie also selber als ein Fundament bezeichnen, würde sich dabei allerdings eine schwer wiegende Ironie entgehen lassen: Wie der Buchtitel bereits andeutet, ist nämlich das Ende dessen, was hier theoretisch aufbereitet wird, bereits enthalten. Das Wesen der Fotografie, erklärt Werneburg, besteht ja darin, dass ganz wörtlich etwas festgehalten wird: Aus dem belichteten Film kann nie mehr die unbelichtete Vorstufe entstehen - das Bild wird so zum "Zeichen des Dings". Digitale Fotografie sei dagegen eine unstete "Messung" und fordere "neue Verabredungen über die Zeugenschaft und Beweiskraft relevanter Kommunikation". Auch dafür liefere Wolfs Buch den Anstoß; ein wertvolles Kompendium, Einführung und Abgesang zugleich.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 06.03.2003
In ihrer Sammelbesprechung von Anthologien zur Mediengeschichte bemerkt Rezensentin Julia Encke, dass die inzwischen kanonisierten Texte zur Mediengeschichte -Baudelaire, Benjamin, Barthes - in vielen Aufsätzen zwar als Beleg verwendet, aber selten kritisch gelesen werden. Diese Lücke nun schließe dankenswerterweise Herta Wolf, die in ihrem Band "Paradigma Fotografie" Beiträge versammelt, die die "Leittexte" der Mediengeschichte verhandeln. Dass die Herausgeberin dabei diese Aufsätze selbst in die Höhe von Leittexten erhebe, geht für die Rezensentin durchaus in Ordnung. Besonders positiv hebt sie dabei Sarah Kofmans Aufsatz "Freud - Der Fotoapparat" sowie John Taggs und Allan Sekulas kritische Schriften zur Instrumentalisierung des Bildes hervor. Unverständlich bleibt Encke allein, warum Herausgeberin Wolf bereits das Ende der Fotografie annonciert.