Die KältezentraleRoman
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main
2011
ISBN
9783895611070, Gebunden, 210Seiten, 19,95
EUR
Klappentext
Berlin im Jahr 2006: Ein Mann hat in den achtziger Jahren im Gebäude des "Neuen Deutschland" als Handwerker gearbeitet und später die DDR verlassen. Eines Tages bekommt er einen Anruf von seiner früheren Frau. Sie wartet in einem Krankenhaus auf die exakte Diagnose ihrer Krebskrankheit. Um ihr zu helfen, reist er zurück in die Stadt und versucht, die Ereignisse einiger Tage Anfang Mai 1986 zu rekonstruieren. War ein aus der Ukraine kommender Lastwagen, mit dem sie in Berührung kam, verstrahlt? Und warum erscheint der Tod eines Kollegen, an dem er sich die Schuld gab, zweifelhafter denn je? Sind die Geschehnisse von damals der Grund dafür, dass er in dem Leben, das er bis vor Kurzem geführt hat, nie wirklich Fuß fassen konnte?
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 01.12.2011
Sehr bemerkenswert erscheint es Christoph Schröder, dass dieser Roman, der einen ehemaligen Kältetechniker im Verlagshaus des "Neuen Deutschland" auf die Suche nach der eigenen Identität in Gegenwart und Vergangenheit schickt, von einer westdeutschen Autorin geschrieben wurde. Dass es sich bei den Schilderungen, die zu einem Teil 2006 spielen, zum anderen im Jahr 1986, um Recherchefrüchte handelt und nicht um eigenes Erleben, merke man dem Roman nämlich in keiner Zeile an, so der Rezensent anerkennend. Die ausgesprochen dichte Atmosphäre des Erzählten, das gleichwohl in kühler, knapper Sprache daherkommt hat ihn nachhaltig beeindruckt und nur manchmal findet er, dass Parei in diesem streng durchkomponierten Buch das Geschehen "strukturell" ein wenig zu sehr verrätselt.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.09.2011
Unter den jüngeren Romanen, die sich mit DDR-Geschichte befassen, nimmt dieser von Inka Parei, so die Rezensentin Sandra Kegel, eine Sonderstellung ein. Anders als Uwe Tellkamp oder in diesem Bücherherbst Angelika Klüssendorf und Eugen Ruge betrachte Parei, die aus Westdeutschland stammt und früh nach West-Berlin zog, das untergegangene Land aus der Außenperspektive. Und zwar mit Gewinn. Im Zentrum des Buches steht, durchaus allegorisch gemeint, die Kältezentrale des Titels, eine riesige Maschinerie zur Kühlung der "Neues Deutschland"-Druckanlagen. Erzählt wird von alten Mobbing- und Selbstmordgeschichten, von einer Krebserkrankung, die womöglich in Zusammenhang mit Tschernobyl steht. Virtuos lasse, so Kegel, Parei Reales und Wahn ineinander fließen, um am Ende dem zuvor als gewiss Angenommenen noch einmal den Boden zu entziehen. Ein faszinierendes Buch, das sich außerdem "spannend wie ein Thriller" lese.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 31.08.2011
Dieser Erzähler, der aus der Kältezentrale kam, hat Judith Sternburg fasziniert. Genau genommen ist es allerdings die Autorin, die Sternburg fasziniert hat. Noch genauer Inka Pareis Konsequenz im Beackern eines Themas (die Unzuverlässigkeit der Erinnerung) und ihre Fähigkeit, das Private im Historischen zu sehen und umgekehrt. So kompliziert sich hier einer erinnert, so gefesselt ist Sternburg bald und folgt dem Kältetechniker des "Neuen Deutschland" in seine Vergangenheit und alle damit aufgerufenen Fragen. "Was war eigentlich los?" ist so eine Frage. "Ist dem Erzähler zu trauen?", eine andere. Meisterhaft in Einfühlung und Komposition findet Sternburg den Roman gebaut.