Jean Genet: Werke in Einzelbänden, Band VIEin verliebter Gefangener
Merlin Verlag, Gifkendorf
2006
ISBN
9783875362534, Gebunden, 670Seiten, 29,90
EUR
Klappentext
Werkausgabe. Neuübersetzung aus dem Französischen von Ulrich Zieger. Mit einem Nachwort von Marcel Marin und einer editorischen Notiz von Friedrich Flemming.
1970, nach dem "Schwarzen September", kam Jean Genet erneut in den Nahen Osten, besuchte die Palästinenserlager in Jordanien und Syrien und hielt sich für längere Zeit bei den Fedajin auf. Während dieser Zeit traf er im Hauptquartier der PLO auf Arafat, der ihm vorschlug, ein Buch über die Palästinenser zu schreiben. Genet antwortete: "Warum nicht ...". Er begann mit der Arbeit an dem Buch, in dem er auch seine Aufenthalte bei den Black Panthers aufarbeitete. Immer wieder unterbrach Genet diese Arbeit - erst fünfzehn Jahre später, im Herbst 1985, fand sie in dem Manuskript "Ein verliebter Gefangener" ihren Abschluß. Das Erscheinen des Werkes hat Genet selbst nicht mehr erlebt. Er starb im April 1986. Die Durchsicht der letzten Korrekturfahnen hatte er erst wenige Tage zuvor beendet.
Rezensionsnotiz zu
Süddeutsche Zeitung, 30.08.2006
Mit Nachdruck empfiehlt Joseph Hanimann dieses Buch, das kurz nach dem Tod Jean Genets 1986 erschien und nun in einer in den Augen des Rezensenten sehr gelungenen Neuübersetzung erschienen ist. Allerdings sollte man das Werk nicht als Reportage lesen, sondern als persönliche und literarische Reaktion auf die Erlebnisse in einem Krisengebiet. Die politische Dimension und die "Rechthaberei" in der Frage um die Sache der Palästienser solle der Leser hinter sich lassen, rät Hanimann, um eine "subtile Realitätsbetrachtung im Zerrspiegel der Subjektivität" zu genießen, die gerade wegen ihrer persönlichen Färbung viele Einsichten bereithalte. Womit Genet in seinen früheren Werken brillierte, finde sich auch hier wieder: das "Gespür" für sinnliche Rituale oder "jene Gedanken- und Bilderbeschleunigung", mit der Genet die persönliche Wahrnehmung und die äußere Welt manchmal virtuos zu verbinden weiß.
Rezensionsnotiz zu
Frankfurter Rundschau, 26.04.2006
Endlich ein neues und dazu umfangreiches Prosawerk von Jean Genet, freut sich Rezensentin Ina Hartwig einerseits, andererseits habe dieser alles schon besser geschrieben. Zudem werde man erneut mit Genets notorischem Antisemitismus konfrontiert. "Ein verliebter Gefangener" habe Genet in seinen letzten Lebensjahren geschrieben, skizziert die Rezensentin sehr knapp das Geschehen, aufgrund einer erneuten Reise nach Palästina und einer Recherche nach einem früheren jugendlichen Liebhaber. So sei das Buch eine doppelte Liebeserklärung an die palästinensische Revolution und den Knaben Hamza. Für die Rezensentin ist das Resultat eine Mischung aus "Politkitsch" und "weltlichem Gebet eines lebensmüden, schwer kranken Homosexuellen". Als Provokateur und selbst ernannter "Verräter", gesteht die Rezensentin, habe Jean Genet ihr doch besser gefallen.